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Agrarpolitik bei der Landtagswahl Maisernte Baywa in Insolvenzgefahr

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Getreide und Raps: 2012 weltweit wirklich knapp?

Lesezeit: 9 Minuten

Auswinterungen und Trockenheit in Europa, enttäuschende Ernten in Südamerika, aber mehr Mais in den USA. Steigen die Preise weiter? Ludwig Striewe, A.C. Toepfer International, nimmt Sie mit auf eine Reise um die Welt.


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Die Getreide- und Rapspreise haben seit Ende November 2011 eine beeindruckende Entwicklung hinter sich. So notierte der vordere Weizenkontrakt an der Matif Anfang April bei deutlich über 210 €/t und damit 40 €/t über den Tiefstständen Ende November 2011. Der Rapskontrakt für den Liefermonat Mai an der Matif hat seit Ende November sogar um fast 100 €/t zugelegt auf zuletzt 497 €/t.


Geht das so weiter? Wohin werden die Preise tendieren angesichts der Auswinterung in Deutschland und anderen EU-Ländern, Problemen bei den Wintersaaten in der Ukraine, niedrigen Sojaernten in Südamerika, aber einer Rekordanbaufläche für Mais in den USA?


Immer dann, wenn die Lagermengen am Ende eines Wirtschaftsjahres nicht ausreichend erscheinen, die Versorgung bis zum Anschluss an die neue Ernte sicherzustellen, können schon Nachrichten über global eigentlich unbedeutend erscheinende Produktionsausfälle die Preise nach oben treiben oder umgekehrt. Wenn bei Getreide am Ende des Wirtschaftsjahres noch 20 % des Verbrauchs als Bestand da sind, gilt das gerade noch als ausreichend. Eine solche Reserve deckt die weltweite Versorgung für 70 Tage.


Genau da stehen wir momentan. Vom Landwirtschaftsministerium der USA (USDA) werden genau 20,4 % zum Ende des laufenden Wirtschaftsjahres prognostiziert. Und bei den Ölsaaten haben die doch massiven Produktionsausfälle bei den Sojabohnen in Südamerika ebenfalls zu einer engen Versorgungssituation geführt.


1. Südamerika


Derzeit werden in Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay Sojabohnen, Mais und Sonnenblumen geerntet. Die Erträge enttäuschen und bestätigen frühere Befürchtungen: Der heiße und trockene Sommer im Dezember und Januar in Argentinien, Paraguay und dem Süden Brasiliens hat zu deutlichen Ernteeinbußen geführt. Bei den Sojabohnen ist das gravierend. Frühere Ernteschätzungen von 74 Mio. t in Brasilien mussten auf 66 bis 68 Mio. t reduziert werden, für Argentinien von 53 Mio. t auf nur noch 45 bis 46 Mio. t und in Paraguay von 8 auf unter 4 Mio. t.


Weltweit, so schätzt Oil World, geht die Sojaproduktion von 266 Mio. t im Vorjahr auf 243 Mio. t in diesem Wirtschaftsjahr zurück. Dieser Rückgang ist beispiellos und neben der wieder steigenden Nachfrage nach Sojabohnen aus China wichtigster Grund für die festen Märkte für Sojaschrot.


Aber auch auf die Maisernte hatte die Trockenheit in Südamerika ihren Einfluss. So musste die Einschätzung der Maisproduktion von 28 Mio. t im November 2011 auf ca. 20 Mio. t herabgestuft werden. Mais ist weltweit damit weiterhin knapp. Nach Angaben des USDA sollen zum Ende des Wirtschaftsjahres für Mais, d. h. Ende August 2012 nur knapp 125 Mio. t weltweit lagern, das entspricht nur 14,3 % des Verbrauchs bzw. einer Reserve für 52 Tage. Diese weltweit enge Bilanz beim Futtergetreide und damit beim Getreide insgesamt ist es, die das Getreidepreisniveau weltweit und auch in der EU stützt.


2. Europa


Die extremen Fröste Anfang Februar haben zu deutlichen Auswinterungsschäden geführt. Doch auch Anfang April ist das Ausmaß zumindest statistisch immer noch nicht eindeutig erfasst. Aber klar ist: Der Weizen in Regionen ohne ausreichende Schneedecke hat am stärksten gelitten. Die Einschätzungen über den Umbruch variieren und liegen zwischen 5 und 8 %, wobei ein Teil davon mit Sommerweizen bestellt wurde. Coceral, der Verband des europäischen Getreidehandels, geht deshalb insgesamt von einer Weizenfläche in Deutschland von 3,15 Mio. ha aus. Natürlich gibt es auch Frostschäden in Beständen, die nicht umgebrochen wurden, aber eine niedrigere Ertragserwartung aufweisen. Deshalb geht Coceral von 7,1 t/ha aus. In normalen Jahren sind es 7,4 Mio. t. Daraus ergibt sich eine Produktionsschätzung von nur 22,3 Mio. t, die unter der ohnehin schon sehr niedrigen Zahl des Vorjahres liegen würde.


Ob es tatsächlich so kommt, ist offen. An vielen Standorten fehlte Anfang April Regen, der eigentlich dringend notwendig wäre, um das Kompensationspotential der geschädigten Wintergetreide- und Rapsbestände auszuschöpfen.


Auch die Gerste ist regional ausgewintert. Dennoch dürfte die Gesamtfläche insgesamt steigen, weil mehr Sommergerste gesät wurde. Coceral geht von gut 1,7 (Vorjahr: 1,6) Mio. ha und einer Produktion von 10,3 (8,7) Mio. t aus.


Neben der Gerste gilt Mais als die Kultur, die am meisten gewinnen wird. Insgesamt schätzt Coceral die deutsche Getreideproduktion derzeit auf 43,5 Mio. t, das sind 1,6 Mio. t mehr als die 41,9 Mio. t im Vorjahr. Allerdings bleibt die Ernte damit um ca. 3 Mio. t unter den Erwartungen vor dem Frosteinbruch Anfang Februar.


Insgesamt sind 3 Mio. t weniger Getreide in Deutschland, bezogen auf die weltweite Ernte, nur ein verschwindend geringer Anteil. Aber: Angesichts der engen Versorgungssituation in der Welt insgesamt und auch in der EU konnten die jüngsten deutschen Berichte allerdings durchaus die Preise befeuern.


Hinzu kommt die Entwicklung in anderen EU-Ländern: Frankreich, Polen und in geringerem Umfang auch die Tschechische Republik berichten von Auswinterungsschäden beim Weizen und bei der Gerste. Insbesondere aber die spanischen Landwirte leiden unter einer ausgeprägten Trockenheit. In weiten Teilen der Getreideanbauregion sind seit Dezember deutlich weniger als die Hälfte der normalen Niederschläge gefallen, so dass Coceral von einer spanischen Getreideernte von nur knapp 17 Mio. t ausgeht nach noch 21 Mio. t im letzten Jahr.


Eine große Unbekannte ist allerdings noch der EU-weite Maisanbau. Insbesondere auf dem Balkan dürften im trockenen Herbst 2011 nicht ausgesäte Felder mit Mais bestellt werden, so dass die Anbaufläche insgesamt um 3 % auf über 9,1 Mio. ha steigen dürfte.


Insgesamt schätzt Coceral die EU-Getreideernte auf knapp 281 (283) Mio. t und die Weizenproduktion auf knapp 127 (129,5) Mio. t. Das dürfte auch im nächsten Wirtschaftsjahr eine enge EU-Bilanz zur Folge haben. Bei einem sehr stabilen Verbrauch von 270 bis 271 Mio. t EU-weit und bei einer Steigerung der Importe auf 12,5 Mio. t – insbesondere Mais aus der Ukraine dürfte für die südlichen EU-Länder zur Verfügung stehen – können maximal gut 22 Mio. t exportiert werden. Die Endbestände sinken dann auf unter 35 Mio. t und damit unter 13 % des Verbrauchs.


Ein ähnliches Bild gilt für die europäischen Ölsaaten: Aufgrund des kalten Winters zeichnet sich keine gute Rapsernte ab. Zwar scheint der Raps in Deutschland, Frankreich und Polen von einer massiven Auswinterung verschont geblieben zu sein. Vereinzelt wird aber von trockenheits- und krankheitsbedingtem Umbruch berichtet. Und auch das Ertragspotential dürfte durch den harten Winter beschränkt sein.


Auf dem Balkan, insbesondere in Ungarn und Rumänien, litt der Raps schon unter einer sehr schlechten Herbstentwicklung. In diesen Ländern muss von einer deutlichen Reduzierung der Flächen ausgegangen werden. Für die EU geht Coceral deshalb von einer Ernte von nur gut 19 Mio. t aus. Das entspricht dem schlechten Niveau des Vorjahres.


3. Russland und Ukraine


Entscheidend für die Marktentwicklung bleiben die Ernten in der Ukraine, Russland und Kasachstan. Nach einem sehr trockenen Herbst sind die Weizen-, Gersten- und Rapsbestände in der Ukraine unter sehr schlechten Bedingungen in den Winter gegangen. Der harte Winter mit Temperaturen unter minus 25 Grad ohne Schneedecke hat insbesondere im Süden der Ukraine vielen Beständen den Garaus gemacht. Von den ca. 900 000 ha Winterraps dürften weniger als 600 000 ha den Winter überstanden haben. Allerdings sind es die Bestände auf den guten Standorten und hier in den guten Betrieben, die überlebt haben. Zusammen mit dem Sommerraps kann damit von einer Ernte von 1,1 bis 1,2 Mio. t ausgegangen werden. Einen weiteren wichtigen Faktor werden die Sonnenblumen darstellen. In Russland und speziell der Ukraine ist erneut von einer sehr großen Anbaufläche auszugehen. Diese dürften die Lücke am Rapsmarkt ausgleichen können.


Von den 6,7 Mio. ha Winterweizen, die in der Ukraine ausgesät wurden, gilt ein großer Teil als verloren. Ob aber 2 oder 2,5 Mio. ha oder sogar mehr erfroren sind, ist bis heute nicht klar. Der Winterweizen ist allerdings in den ertragsschwachen Regionen des Südens ausgewintert. Selbst wenn nur 4 Mio. ha überlebt haben sollten, erscheint ein Durchschnittsertrag von mindestens 3 t/ha noch möglich. Und eine Produktion von 12 Mio. t würde die inländische Versorgung decken.


Entscheidend aber ist, dass durch die Auswinterung eine Ausdehnung des Mais­anbaus auf über 4 (Vorjahr 3,2) Mio. ha sehr wahrscheinlich wird und damit eine Maisernte von 20 Mio. t möglich ist. Ertragsschwacher Winterweizen wird somit durch ertragsstarken Mais ersetzt, so dass das Exportpotenzial der Ukraine wie in diesem Jahr relativ groß werden könnte.


In Russland gab es bei geschlossener Schneedecke keine größeren Auswinterungen. Gleichzeitig sichert der Schnee eine sehr gute Wasserversorgung. Derzeit spricht deshalb nichts gegen ein erneut großes Weizenexportpotential Russlands.


4. Nordamerika


Überlagert werden diese Entwicklungen allerdings vom Ausblick auf die Mais­ernte in den USA. Selbst die sehr schlechte Ernte des Jahres 2011 war mit knapp 314 Mio. t schon mehr als dreimal so groß wie die gesamte Getreideernte Russlands.


Die derzeit sehr hohen Preise in den USA veranlassen die Landwirte die Anbaufläche deutlich auszudehnen. In der am 30. März vom US-Landwirtschaftsministerium veröffentlichen Befragung geht man von einem Plus auf 95,86 Mio. acre aus, das sind 38,8 Mio. ha. Als Körnermais werden davon voraussichtlich 35,6 Mio. ha geerntet. Bei einem geschätzten Durchschnittsertrag von 10,2 t/ha, ergibt sich eine Maisernte in den USA von 366 Mio. t, das wären 52 Mio. t mehr als im Vorjahr!


Die Ertragsprognose basiert Anfang April auf Trends und ist natürlich sehr witterungsabhängig. Für die Weltgetreidebilanz ist der Maisertrag in den USA extrem wichtig. Ein bushel/acre mehr oder weniger bedeutet ca. 2,2 Mio. t Mais mehr oder weniger. Zum Vergleich: Das wäre ungefähr soviel wie die gesamte Auswinterung des Weizens in Deutschland.


Besonders aufmerksam wird denn auch derzeit die tatsächliche US-Anbaufläche verfolgt. Nachdem die erwarteten Anbauflächen für Soja mit 29,9 Mio. ha deutlich unter früheren Schätzungen lagen, erreichten die Kurse für Sojabohnen an den internationalen Märkten neue Höchststände. Denn die Weltbilanz für Sojabohnen und Ölsaaten ist bereits sehr angespannt. Auch eine gute Bohnenernte in den USA dürfte daran zunächst nichts ändern. Erst eine dann zu erwartende Erweiterung der Anbaufläche in Südamerika im Herbst 2012 und die Aussicht auf eine mindestens durchschnittliche Ernte im Frühjahr 2013 kann zu einer grundlegenden Trendwende führen. Letztlich hängt es vom Wetter ab, wie sich die Märkte weiter entwickeln, insbesondere aber auch von der Nachfrage in der EU, die zuletzt zurückging, und der Chinas, die jüngst deutlicher stieg als erwartet.

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