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Agrarpolitik bei der Landtagswahl Maisernte Baywa in Insolvenzgefahr

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Getreideerzeuger brauchen jetzt gute Nerven

Lesezeit: 8 Minuten

Die Kurse für Getreide und Raps sind massiv eingebrochen. Das liegt nicht nur an der erntebedingten Angebotswelle. Berufspessimisten lassen derzeit nichts unversucht, um die Erzeugerpreise nach unten zu reden.


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Viele Anbauer sehen den bisherigen Verlauf der Getreideernte 2009 mit einem lachenden und einem weinenden Auge: Lachend, weil trotz häufiger witterungsbedingter Unterbrechungen die hochgesteckten Erwartungen in puncto Erträge und Qualitäten in den meisten Regionen Deutschlands erfüllt und oft sogar übertroffen wurden. Das gilt übrigens auch für etliche andere Länder. Und weinend, weil die Erzeugerpreise für Brot- und Futtergetreide abgestürzt sind. Etliche Partien mussten überdies getrocknet werden, was die Erlöse unterm Strich zusätzlich schmälert.


Harte Fakten und simple Stimmungsmache


Zugegeben: Selbst wenn man die relativ hohen Erntemengen außer Acht lässt, es mangelt nicht an plausiblen Erklärungen dafür, dass die Erzeugerpreise derzeit schwächeln:


Der Verkauf aus der Ernte heraus ist für viele Erzeuger nach wie vor eher die Regel als die Ausnahme. Deshalb rollte jetzt eine saisonale Angebotswelle. Auch Vorkontrakte auf Basis „ex Ernte“ werden derzeit beliefert.


In etlichen Regionen gab es in den letzten Wochen regelrechte Anlieferungsspitzen, und zwar dann, wenn endlich mal gedroschen werden konnte. Die Annahme- und Trocknungskapazitäten einiger Erfasser sollen damit fast überfordert gewesen sein. Das habe man über den Preis zu regeln versucht, heißt es.


Der Weiterverkauf an Mühlen, Futtermittelfirmen und andere Getreideverarbeiter scheint zudem etwas ins Stocken geraten zu sein. „Zumindest werden heftige Zugeständnisse gefordert“, bestätigt ein Getreidemakler. „Auch deshalb stehen private und genossenschaftliche Landhändler ihrerseits bei den Erzeugerpreisen auf der Bremse.“


Vielleicht sind auch unsere kurz vor Redaktionsschluss aktualisierten Erzeugerpreise schon wieder Geschichte, bis Sie dieses Heft in Händen halten. Denn die Notierungen standen bis zuletzt unter Druck, und zwar nicht nur vor dem Hintergrund so genannter harter Faktoren, also Angebot und Nachfrage.


Viele Händler agieren im Einkauf auch deshalb sehr zurückhaltend, um 2009/10 wenigstens einen Teil ihrer finanziellen Verluste aus der Saison 2008/09 wieder hereinzuholen. Fehlspekulationen bei Getreide, Dünger und Heizöl – hohe Einstandspreise konnten später oft nicht realisiert werden – haben in der Tat etlichen Unternehmen die Bilanzen verhagelt. Doch bei allem Verständnis für deren Versuch, ihre Marge aufzubessern: Wer sich in einseitiger und vor allem in übertrieben negativer Stimmungsmache übt, muss das eventuell später teuer bezahlen. Nämlich dann, wenn das Preispendel genauso stark wieder in die andere Richtung ausschlagen sollte.


Ob es so kommt, muss sich zwar erst noch zeigen. Aber ganz so schlecht, wie es von Berufspessimisten dargestellt wird, sind die Vorzeichen für die Vermarktungssaison 2009/10 wirklich nicht. Zu Panikverkäufen sollten sich Landwirte ohnehin nicht verleiten lassen.


Guten Brotweizen nicht verschleudern!


Je nach Getreideart und Qualität lassen sich eventuell auch in diesem Wirtschaftsjahr Lagerrenditen erzielen, auch wenn man es momentan fast nicht glauben mag. Die meiste Hoffnung setzen Analysten in diesem Zusammenhang auf hochwertigen Brotweizen, also auf Ware mit mindestens 12 % Protein und Fallzahlen ab 210 sec. aufwärts.


Im Norden und Westen wurden dafür zuletzt Erzeugerpreise zwischen 100 und 125 €/t genannt (frei Handelslager, ohne MwSt.). Mehr war selbst an sehr frachtgünstigen sowie an absatzstarken Standorten kaum noch zu erzielen. Im Süden und Osten wurden frei Gosse stellenweise nur 95 bis 110 €/t geboten und ab Station kaum noch über 110 bis 125 €/t.


Dass solche Offerten die Verkaufsbereitschaft der Erzeuger nicht gerade ankurbeln, ist verständlich. „Wer über eigene Lagerkapazitäten verfügt oder bei seinem Händler dafür günstige Konditionen aushandeln konnte, hat seinen Weizen vorerst weggepackt“, bestätigt denn auch ein norddeutscher Marktkenner. Aus vielen anderen Regionen Deutschlands heißt es ebenfalls, die Einlagerung habe zugenommen.


Damit sich das rechnet, müssten die Weizennotierungen zwar in den kommenden Monaten deutlich steigen. Und wenn bei Fremdlagergebühren von 1,50 bis 2 € pro Tonne und Monat auch noch Kosten für das Ein- und Auslagern zu berappen sind, könnte es für den einen oder anderen Betrieb eventuell sogar eng werden. Grundsätzlich, so heißt es selbst in Handelskreisen, dürfte es aber wirklich besser sein, die nächsten Teilmengen der Weizenernte 2009 erst im Oktober/November am Markt zu platzieren.


Dann dürfte auch endlich Gewissheit über die Angebotsmengen herrschen. Die aktuellen Prognosen sind nämlich widersprüchlich. Der Dachverband des europäischen Getreide- und Ölsaatenhandels (Coceral) bezifferte die Weichweizenernte der EU zuletzt auf 128,6 Mio. t (- 9 % gegenüber 2008) davon z. B. rund …


37 Mio. t in Frankreich (- 1 %),


14,9 Mio. t in Großbritannien (- 14 %),


8,8 Mio. t in Polen (- 1 %).


Die Ende Juli veröffentlichten Prognose des Internationalen Getreiderates (IGC) liegt leicht darunter. Gleiches gilt für die Schätzung von Strategie Grains, Frankreich. Danach sinkt die EU-Erzeugung auf 126,5 Mio. t Weichweizen. Es gibt jedoch auch Analysten, die mit höheren Mengen rechnen als Coceral und Co. Dazu zählt der Deutsche Raiffeisenverband (DRV). Dieser beziffert die deutsche Weizenernte jetzt auf fast 26 Mio. t (vgl. Übers. auf Seite 122). Das läge sogar 2 % über Vorjahresniveau – Coceral hatte ein Minus von 4 % vorhergesagt.


Export verspricht Entlastung


Vieles hängt hinsichtlich der weiteren Preisentwicklung beim Weizen, so die Ansicht vieler Beobachter, aber auch davon ab, welche Qualitäten man geerntet hat. Von Fusarienproblemen war bisher zwar zum Glück nichts zu hören, und auch die Hektolitergewichte sollen bislang keinen Anlass zur Sorge gegeben haben. Aus etlichen Regionen heißt es aber, vereinzelt gebe es Schwierigkeiten mit den Fallzahlen und relativ oft mit unterdurchschnittlichen Proteinwerten. Letzteres wird mit hohen Erträgen (Ausdünnungseffekt) und einer „etwas zurückhaltenden N-Düngung“ erklärt.


Noch ist das Spekulation, denn wenn es eng wird, kommen unsere Mühlen oft auch mit schwächerem Brotweizen klar. Aber je besser der Weizen ist, den Sie in diesem Jahr geerntet haben, desto härter sollten Sie über den Preis verhandeln. „Abgeleitet vom Novemberkurs der Matif sollte man jetzt bei uns Erzeugerpreise um 115 €/t für B-Weizen anpeilen“, sagt ein Experte. Je nach Standort könne die „Hausnummer“ zwar auch etwas höher bzw. niedriger sein. Weniger als 100 bis 105 €/t sollten Landwirte aber auch in sehr frachtfernen Überschussregionen nicht akzeptieren, so seine Überzeugung.


Bei einwandfreiem A- und vor allem bei E-Weizen sollte man die Saison ebenfalls nicht abschreiben. Im Gegenteil, diese Qualitäten könnten für positive Überraschungen gut sein:


Hochwertiger EU-Weizen hat 2008/09 Marktanteile in Drittländern erobert, da Lieferanten aus dem Schwarzmeerraum oft nur mit Futterweizen dienen konnten. Das gleiche Szenario, also schwache Qualitäten aus Russland und der Ukraine, ist auch 2009/10 denkbar. Die derzeitigen Exportprognosen von 18 Mio. t EU-Weizen könnten also zu pessimistisch sein. In der letzten Saison waren es 24,5 Mio. t.


Deutscher Qualitätsweizen wird überdies seinen Weg in andere EU-Staaten finden. Neben den Briten decken oft auch österreichische und südeuropäische Verarbeiter bei uns ihren Bedarf. Italienische Käufer sollen schon vor einiger Zeit den bayerischen Markt sondiert haben.


Eventuell sind also im Herbst/Winter – dann beginnt das eigentliche Geschäft mit A- und E-Weizen normalerweise erst – mehr als die jetzt besprochenen Qualitätsprämien von 5 bis 7,50 €/t bzw. 10 bis 20 €/t zu erzielen. Das gilt besonders, falls die Weltwirtschaft bis dahin anspringt. Denn das könnte allen Rohstoffnotierungen Auftrieb geben, auch denen für landwirtschaftliche Produkte.


Düstere Stimmung bei Roggen und Futtergetreide


Genau das, also die Hoffnung auf Impulse von außen, ist auch der Strohhalm, an den sich Marktbeteiligte klammern, die bei Futtergetreide und Roggen nach „Licht am Horizont“ suchen. Derzeit sieht es nämlich nicht danach aus, als könnte sich der Wind schon bald wieder zum Besseren drehen.


Die Roggenernte soll nach der letzten DRV-Schätzung mit mehr als 3,9 Mio. t sogar 6 % über dem Vorjahrsniveau liegen. Zudem ist der Brotroggenanteil relativ hoch, so dass unsere Mühlen, die jährlich ca. 900 000 t brauchen, aus dem Vollen schöpfen können. Der Großteil der Ernte muss über andere Kanäle abgesetzt werden, vor allem an die Mischfutterindustrie. Das spricht derzeit gegen Preisspielraum nach oben.


Auch bei Futterweizen und Triticale (Details zum Mais lesen Sie ab Seite 126) hängt der Vermarktungshimmel vorerst nicht gerade voller Geigen. Denn die Erzeugung scheint ebenfalls höher auszufallen als erwartet. Die Mischer mauern deshalb auf ganzer Linie. Das gilt auch für Termingeschäfte, schließlich wähnt sich die Branche weiterhin reichlich versorgt.


Bei Futtergerste scheint die Marktsituation zwar auf den ersten Blick ähnlich zu sein. Deshalb sind die Notierungen eingebrochen. Aber Landwirte sollten nicht jeden Preis akzeptieren – in einigen Regionen wurden zuletzt sogar nur 80 bis 85 €/t notiert. Das liegt unter dem Niveau, das sich bei der Ableitung vom Interventionspreis ergibt. Und: Gerste kann noch ohne Mengengrenze interveniert werden. Der Start der Ankäufe im November könnte interventionsfähiger Futtergerste durchaus etwas Preisauftrieb verleihen.


Jörg Mennerich

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