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Getreidemarkt 2011/12: Geht der Höhenflug weiter?

Lesezeit: 8 Minuten

Jetzt schon Getreide der Ernte 2011 verkaufen, fragen sich viele Erzeuger? Ja, zumindest einen Teil, meint AMI-Marktexperte Martin Schraa.


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Die stark gestiegenen Getreidepreise machen offenbar vielen Erzeugern Lust auf mehr. Zuletzt bot der Erfassungshandel z. B. für B-Weizen der Ernte 2011 je nach Region 195 bis 210 €/t (netto, frei Landlager), und für A-Weizen waren Ende Januar bis zu 220 €/t drin. Trotzdem gab es keine nennenswerten Umsätze. Viele Anbauer spielen nämlich „auf Zeit“, weil sie hoffen, dass die Preise noch weiter anziehen.


In der Tat sind die Aussichten für ein hohes Niveau bis hin zur neuen Ernte gar nicht schlecht. Es besteht deshalb auch kein Anlass, Vorkontrakte zu überstürzen. Aber gehen Sie wenigstens mit Teilmengen auf Nummer sicher. Stetig steigende Notierungen an den internationalen Terminmärkten und bei uns sind schließlich keineswegs sicher. Außerdem müssen Sie die weitere Entwicklung genau im Auge behalten, um zu erkennen, falls sich der Wind dreht.


Spätestens ab dem Frühjahr werden z. B. die Ernteaussichten für 2011/12 ihre Schatten vorauswerfen und die Entwicklung der globalen Märkte beeinflussen.


Mehr Weizen, aber Gerste und Roggen rückläufig


Einen ersten Fingerzeig liefern normalerweise die Anbauflächen-Schätzungen (s. o.). Danach wurde in Deutschland – vor allem wegen der ungünstigen Witterungsbedingungen – gut 2 % weniger Wintergetreide angebaut als im Jahr zuvor. Die Weizenfläche blieb mit 3,3 Mio. ha nahezu stabil. Tiefe Einschnitte gab es dagegen bei Wintergerste und Roggen.


Das heißt: Futtergetreide bleibt vermutlich auch nach der Ernte 2011 eher knapp. Um wenigstens das Vorjahresergebnis zu erreichen, müssten die Erträge bei Roggen, Gerste und Triticale gegenüber dem Vorjahr schon deutlich steigen.


Die kleinere Wintergetreidefläche lässt indes Raum für mehr Sommergetreide. Hiervon könnte neben Mais, der wegen des Biogas-Booms weiter zulegen dürfte, nach langer Zeit auch wieder einmal die Sommergerste profitieren.


Auch in Frankreich, dem größten Getreideproduzenten der EU, ist der Anbau von Wintergerste und Roggen zurückgegangen. Die Weichweizenfläche wurde dort hingegen um ca. 74 000 ha ausgedehnt, so dass bei normalem Verlauf eine hohe Erntemenge zu erwarten ist.


Insgesamt zeichnet sich in der EU-27 ersten Prognosen zufolge eine Ausdehnung der Getreidefläche auf 57 Mio. ha ab. Das wären zwar etwa 1 Mio. ha mehr als im Vorjahr, jedoch etwa 2,6 Mio. ha weniger als im Jahr 2008. Knapp die Hälfte des Zuwachses soll auf Weizen entfallen. Auch weltweit deutet sich eine Ausdehnung des Weizenanbaus ab. Nach Schätzungen des Internationalen Getreiderates (IGC) wird die globale Fläche um 3 % auf 224 Mio. ha ausgedehnt. Der Großteil des Zuwachses entfällt dabei auf Russland und Kanada.


Brüssel wagt früheErnteprognose


Die EU-Kommission hat auf Basis der Anbauflächen eine erste Prognose für die Getreideernte 2011 in der Gemeinschaft abgegeben:


Sie rechnet mit 131,9 Mio. t Weichweizen (4 % mehr als im Jahr 2010).


Bei Gerste wird ein Anstieg um 3 % auf 54,4 Mio. t vorhergesagt.


Bei Mais ist mit einem Zuwachs um ebenfalls 3 % auf ca. 58,8 Mio. t zu rechnen.


Wenn das Wetter mitspielt und die Annahmen der Kommission in etwa zutreffen, könnte das Angebot am europäischen Getreidemarkt in der Saison 2011/12 größer ausfallen. Und dies dürfte sich leicht preisdämpfend auswirken – falls neben den Mengen auch die Qualitäten stimmen.


Vieles hängt allerdings davon ab, welche Richtung die Notierungen am Weltmarkt einschlagen. Der IGC prognostiziert für 2011/12 zwar bereits einen Anstieg der globalen Weizenernte um knapp 4 % auf 670 Mio. t – passendes Wetter vorausgesetzt. Aber eine Flächenausdehnung bei Weizen bedeutet nicht zwangsläufig, dass mehr Brotweizen an den Markt kommen wird.


In Russland geht die Steigerung nämlich z. B. auf das Konto von Sommerweizen, der den Winterungen ertragsmäßig unterlegen ist. Zudem hängen die russischen Ertragsaussichten neben dem Wetter auch von der Qualität des Saatgutes und der Verfügbarkeit von Pflanzenschutz- und Düngemitteln ab – alles Faktoren, die in dieser Saison problematisch sind.


Positivere Signale kommen hingegen aus der Ukraine. Dort fand die Aussaat des Wintergetreides unter recht günstigen Bedingungen statt, entsprechend nahm der Anbau gegenüber dem Vorjahr zu. Marktanalysten halten deshalb eine Steigerung der Erzeugung um 7 Mio. t auf rund 46 Mio. t für möglich. Eventuell drängt also wieder mehr ukrainischer Weizen auf den Markt, der Preisfantasien nach oben beschneiden könnte.


Bioenergie treibt die Nachfrage


Vieles ist zwar noch unklar, aber auch der Bedarf an Getreide wird 2011/12 weiter steigen. Davon sind Analysten überzeugt. Schon in den letzten zehn Jahren hat der weltweite Getreideverbrauch um rund 22 % zugelegt. Beim Mais waren es sogar plus 37 %. Dies liegt vor allem an der stetig zunehmenden Nachfrage für den Bioenergie-Bereich (vgl. Übers. 2, Seite 151).


Insbesondere die US-Bioethanol-Industrie benötigt aufgrund ihres anhaltenden Wachstums immer mehr Rohstoff. Nach Angaben des Branchenverbandes RFA produzieren die Unternehmen in den Vereinigten Staaten aktuell rund 114 000 t Ethanol pro Tag. Das sind fast 10 % mehr als vor einem Jahr. Der Getreidebedarf für die Biosprit-Erzeugung steigt dort in der laufenden Saison vermutlich um 4 Mio. t auf 121 Mio. t, davon entfallen 99 % auf Mais. Allmählich verlangsamt sich das Wachstum zwar. Trotzdem erwarten Experten, dass im Wirtschaftsjahr 2011/12 in den USA wiederum mehr Mais versprittet wird.


Unsere Ethanolbranche startet auch durch


Im Vergleich dazu ist die EU ein Waisenknabe. Der Getreideeinsatz der Ethanolerzeuger in der EU wird auf 10 Mio. t geschätzt, das sind nur ca. 4 % unseres jährlichen Getreideverbrauchs.


Doch auch in Europa wächst der Bedarf, da die Ethanolbranche ihre Produktionskapazitäten ausbaut. In Großbritannien befindet sich z. B. ein Werk mit einer Kapazität von 330 000 t im Bau, das noch Mitte dieses Jahres seinen Betrieb aufnehmen soll. Bei voller Auslastung würde allein diese Anlage rund 1 Mio. t Weizen zusätzlich binden. Weitere große Produktionsstätten entstehen in Bulgarien, Ungarn, Slowenien und in Spanien.


Viele Analysten sehen den wachsenden Rohstoffbedarf des Bioenergie-Sektors inzwischen mit sehr gemischten Gefühlen. Das gilt besonders bei längerfristiger Betrachtung. Schließlich sorgen auch die steigende Weltbevölkerung, der wachsende Wohlstand und die veränderten Ernährungsgewohnheiten in den Entwicklungs- bzw. Schwellenländern mittel- bis langfristig für einen zunehmenden globalen Getreidebedarf. Ohne kräftige Steigerungen der Erzeugungsmengen drohen zumindest zeitweilig Versorgungslücken. Das wird sich in den Preisen niederschlagen, und zwar aus Erzeugersicht tendenziell positiv.


Weiterhin kräftige Getreideexporte?


Je aufnahmefähiger der Weltmarkt wird, desto besser für die Exporteure, zu denen bekanntlich auch die EU zählt. Und was ein guter Außenhandel für die Notierungen bedeutet, das sehen wir an dem rasanten Preisanstieg der letzten Monate. Vor allem der Weizenexport hatte in den vergangenen Monaten maßgeblich zu einem raschen Bestandsabbau beigetragen und somit den Preisauftrieb zusätzlich unterstützt.


Deutscher Weizen hat sich in den vergangenen Jahren vor allem bei den Kunden in Afrika und dem Nahen Osten einen guten Namen gemacht. Auch wenn aufgrund der Qualitätsproblematik in diesem Wirtschaftsjahr Abstriche gemacht werden mussten. Vor allem Südafrika, Saudi-Arabien, Libyen und der Sudan entwickelten sich zu wichtigen Kunden für EU-Weizen.


Aber auch der Gerstenexport hat in den vergangenen Monaten nach längerer Pause wieder kräftig Fahrt aufgenommen. Dabei profitierten die deutschen Anbieter vor allem vom Einbruch der Exporte Russlands und der Ukraine. Der Getreide-Ausfuhrstopp Russlands gilt allerdings nur noch bis zum Sommer, anschließend wird die Exportpolitik wohl wieder neu ausgerichtet.


Ob unsere Exporteure 2011/12 an die guten Vorjahre anknüpfen können, wird nicht zuletzt von den Ernten in Europa, den USA und den Schwarzmeerländern abhängen. Wichtig ist aber auch die Währungsrelation zwischen dem US-Dollar und dem Euro. Und ein weiterer Faktor ist die künftige Importnachfrage unserer traditionellen Empfängerländer.


Einen Vorteil beim Wettbewerb um Käufer hat der europäische Exporthandel in den so genannten Drittländern immer dann, wenn der US-Dollar gegenüber dem Euro an Wert gewinnt. Getreide wird am Weltmarkt nämlich nach wie vor in Dollar gehandelt, und wenn dessen Kaufkraft zunimmt, wird z. B. EU-Getreide umgerechnet billiger. Es wird sich in den kommenden Monaten zeigen, ob die expansive Geldpolitik der USA oder aber die Schuldenkrise in der Euro-Zone den größeren Einfluss auf die jeweilige Währung ausübt.


Fazit: Trotz Optimismus das Verkaufen nicht vergessen!


Keine Frage: Ackerbauern können zumindest vorerst dem Marktverlauf bei Getreide mit Gelassenheit entgegensehen. Wer noch Restmengen der Ernte 2010 im Lager hat, muss sich mit der Vermarktung wohl nicht beeilen.


Vor allem bei Brotgetreide stehen die Chancen für stabile oder sogar weiter steigende Erlöse nicht schlecht. Das gilt besonders für gute Qualitäten. Denn das Angebot ist ausgesprochen klein. Bei Futtergetreide ist die Situation ähnlich. Etlichen Verarbeitern werden überdies Versorgungslücken unterstellt.


Nehmen Sie aber die Vermarktung der kommenden Ernte auch schon mal in den Fokus! Die Vorkontraktpreise für Weizen, Gerste und Roggen haben inzwischen ein durchaus attraktives Niveau erreicht. Sie sollten deshalb Teilmengen verkaufen. Schließlich ist auch keineswegs garantiert, dass die Getreidepreise ihren Anstieg in der kommenden Saison fortsetzen.

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