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Getreidepreise: So finden Sie die richtige Basis

Lesezeit: 8 Minuten

Die Kurse von Terminbörsen werden für die Erzeugerpreise immer wichtiger. Worauf es dabei ankommt, erklärt Bernd Irps, Marktexperte der LK Schleswig-Holstein.


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Die politische Diskussion um die Begrenzung des Börsenhandels mit agrarischen Rohstoffen ist die eine Seite der Medaille. Die andere ist die Realität, dass die Börsenkurse längst den Takt für den realen Getreide- und Ölsaatenmarkt vorgeben:


  • Etliche Händler orientieren sich inzwischen an den vorderen Notierungen (Börsianer sprechen vom Frontmonat) der Pariser Matif bzw. Euronext, um täglich neu ihre aktuellen Einkaufspreise für Weizen, Mais und Raps festzulegen.
  • Die Börsennotierungen dienen zudem vielen Erfassern als Orientierung bei der Festlegung der Preise in ihren Ex-Ernte- oder späteren Lieferkontrakten.
  • Stellenweise werden Landwirten auch Vorkontrakte mit flexibler Preisfixierung angeboten. Diese fußen ebenfalls auf den Kursen von Matif und Co.
  • Und auch einige der Zertifikate, mit denen man sich z. B. als Erzeuger heute frühzeitig einen Preis sichern kann, stehen und fallen mit den Matif-Kursen.


Dabei ist der Börsenkurs aber nur die halbe Wahrheit. Meistens werden die Kurse „korrigiert“ , um örtlichen Marktgegebenheiten, spezifischen Qualitäten oder anderen Faktoren, die zu abweichenden Kassapreisen führen, Rechnung zu tragen (vgl. Kasten auf Seite 154 unten). Um diese Differenz, die so genannte Basis, wird teils erbittert gefeilscht.


Preisabstand ist nicht fix.

Leider ist diese Basis nicht fix. Meistens gibt es Abschläge, manchmal aber auch Aufschläge. Das hat zuletzt das Jahr 2011 eindrucksvoll bewiesen. Phasenweise lagen die Erzeugerpreise bei uns sogar oberhalb der Matif-Notierung – wer sich früh auf die übliche Minus-Korrektur eingelassen hat, hatte später das Nachsehen.


Wenn man von der Situation des letzten Sommers ausgeht, müssten die Vorkontraktpreise für Brotweizen ex Ernte 2012 rund 10 €/t über der Matif-Notierung liegen. Ausgehend von der Notierung vom 4.1.2012 für November 2012 von 191 €/t an der Matif ergäbe sich also ein Ex-Ernte-Erzeugerpreis von 201 €/t frei Ersterfasser. Bei einem solchen Niveau würden viele Landwirte schon heute zumindest einen Teil ihrer nächsten Weizenernte verkaufen.


Daraus wird aber wohl nichts. Der Handel will leider auch in den norddeutschen Zuschussregionen keine positive Basis beim Weizen bewilligen. Wenn man Glück hat, wird nahezu der Börsenkurs in Aussicht gestellt. Meistens heißt es aber wie in alten Zeiten „Matif minus 15 €/t“, was 176 €/t ergibt. Das regt die Verkaufsbereitschaft nicht gerade an.


In Süddeutschland peilen die Abnehmer verbreitet sogar noch größere Abzüge an. Einige Beobachter begründen das mit der größeren Transportentfernung zu den Export-Seehäfen oder sonstigen normalerweise absatzstarken Standorten. Andere Experten sehen darin schlicht und einfach die Folge eines fast übermächtigen Erfassungshandels. Da dürfe man sich nicht wundern, wenn die Basis bei minus 20 bis minus 30 € pro t liege, heißt es.


Stellenweise wird in der Tat sogar noch mehr abgezogen. Kein Wunder, dass Vorkontrakte derzeit bei Anbauern im Süden kaum Gegenliebe finden. Viele Landwirte setzen darauf, dass sich die Basis wie Mitte 2011 wieder zu ihren Gunsten verschiebt. Doch ist das überhaupt realistisch?


Auch 2012 positive Basis?

Wahrscheinlich nicht. Denn für die über den Matif-Kursen liegenden Kassapreise waren weniger die Spekulationen der Hedgefonds verantwortlich, sondern schlicht und einfach das Wetter. Das zeigt der Vergleich der Börsen und der Kassapreise des letzten Jahres (vgl. Übersicht 1). Die Preiskurven für die Matif (jeweils vorderer Termin) und franko Großhandel Hamburg bzw. auf der Erzeugerebene beim Streckengeschäft in Schleswig-Holstein verlaufen zwar tendenziell gleich, aber nicht vollkommen parallel. Abweichungen gab es vor allem im Frühjahr und ab der Ernte:


  • Schon im April/Mai 2011 waren die Notierungen am Hamburger Großmarkt höher als die der Matif. Und die Erzeugerpreise erreichten Börsenniveau. Diese Phase endete etwa Mitte Mai 2011.
  • Mit Beginn der Ernte drifteten die Preiskurven dann erneut auseinander. Lässt man kurzfristige Ausschläge außer Acht, dann wurden bis zuletzt franko Hamburg höhere Kurse notiert als an der Pariser Terminbörse. Und die Erzeugerpeise brauchen den Vergleich mit der Matif ebenfalls nicht zu scheuen.


Das ist völlig untypisch. Normalerweise spekulierte die „aufnehmende Hand“ im Frühjahr eher auf eine reichliche Getreideversorgung aus der neuen Ernte. Und die Kassapreise tendieren deshalb in dieser Phase des Jahres oft eher nachgiebig, was auch bei Vorverträgen negativ zum Tragen kommt. Gleiches gilt für die Erzeugerpreise, wenn der Drusch wirklich begonnen hat, also vermehrt „neues“ Getreide auf den Markt drängt.


Nicht so im Jahr 2011. Angesichts der stellenweise verheerenden Frühjahrstrockenheit ging nämlich die Angst vor drastischen Ertragseinbußen um. Letzteres galt vor allem für den Raps, aber auch etliche Getreidefelder zeigten Trockenschäden. Gleichzeitig versuchte z. B. der Exporthandel, sich bereits Ware für die Saison 2011/12 zu sichern. Die Nachfrage war also durchaus stetig.


Nicht genug Exportweizen.

Als dann später endlich der ersehnte Regen fiel, beruhigte sich der Markt, und die Großhandelskurse sackten wieder auf Matif-Niveau. Doch als es dann auch noch in der Ernte im Norden regnete, zogen die Kassapreise wieder an der Matif vorbei. Es war einfach nicht genug passender Weizen zu bekommen:


  • Im norddeutschen Raum mit den Exporthäfen Hamburg und Rostock war nur wenig Weizen exportfähig. Zwar stimmten die Proteinwerte, und auch an den Naturalgewichten gab es wenig auszusetzen. Die Fallzahlen enttäuschten hingegen auf ganzer Linie. Nur die sehr früh gedroschenen Partien konnten die geforderten 230 sek. der Exporteure halten. Selbst bei den 200 bis 220 sek., die die heimischen Mühlen überwiegend fordern, gab es stellenweise Probleme.
  • Zudem mussten etliche Partien getrocknet werden, und zwar teils drastisch. Dabei gab es im Norden Engpässe in den Trocknungsanlagen. Aus den südlicheren Bundesländern hätte zwar ausreichend Weizen zur Verfügung gestanden. Dieser wäre wegen der anfallenden Transportkosten aber zu teuer gewesen.


Unterm Strich dürfte somit klar sein: Eigentlich führte etwas vollkommen Normales, nämlich das unberechenbare Wetter, zu den untypischen Preiskurven bei Brot- bzw. Exportweizen im Jahr 2011. Und das heißt: Bei normalem Witterungsverlauf könnten sich die Notierungen im Jahr 2012 durchaus wieder auf einem eher üblichen Abstand zueinander einpendeln Die Basis dürfte dann leider eher negativ ausfallen.j


Aufgepasst: Dass sich die Basis ändert bzw. ändern kann, sollten Sie auch dann im Hinterkopf haben, wenn Sie Ihre „persönliche Basis“ ausrechnen (siehe Kasten und Übersicht unten). Weil sich die Gegebenheiten permanent ändern, müssen Sie regelmäßig „nachjustieren“.


Raps: Prämie statt Abschlag.

Das gilt auch beim Raps. Hier ist die Basis zurzeit deutlich kleiner als beim Weizen. Die Erzeugerpreise für Raps haben sich nämlich in Schleswig-Holstein und in den benachbarten nördlichen Bundesländern mittlerweile auf dem Niveau der Matif-Notierungen eingependelt. Dies hängt mit dem relativ kleinen Angebot zusammen. 2011 war Raps Mangelware. Handel und Ölmühlen waren und sind bereit, attraktive Preise zu zahlen, um an Inlandsware zu kommen. Importraps ist vielen Verarbeitern wegen hoher Transportkosten nach wie vor zu teuer.


Entsprechend gering ist derzeit die Differenz zwischen Börsen- und Kassakurs. Das spiegelt sich in Vorkontrakten ex Ernte 2012 wider. Teils werden Prämien statt Abschläge besprochen. So wurden Ende Dezember bei einem Terminmarkt-Kurs von 396 €/t für den Liefermonat August 2012 Vorkontrakte mit Liefertermin ex Ernte für 400 €/t angeboten. Anfang Janur 2012 stieg der Matif-Kurs sogar auf über 415 €/t, und vereinzelt wurden bei Vorkontrakten bis 425 €/t besprochen.


Wer solche Offerten bekommt, sollte nicht lange zögern. Es gibt keine Garantie dafür, dass die Basis durchgehend so erzeugerfreundlich bleibt wie zuletzt. Zumindest sollten Sie sich auf Ausschläge nach oben und unten einstellen, auch bei der Basis. Direkt nach dem Jahreswechsel 2011/12 zogen die Matif-Kurse z. B. an, was am realen Kassamarkt kaum wiederzufinden war – und plötzlich hieß es stellenweise sogar „Matif minus 5 €/t ist der Erzeugerpreis“. Auf „gleich Matif“ oder gar „Matif plus x“ ließ sich der Handel erst wieder einige Zeit später ein.


Lehren daraus ziehen.

Fakt ist: Die Basis bzw. der Preisabstand zwischen Börse und Kassamarkt ist nicht starr. Sie passt sich den jeweiligen, saisonalen Markt­gegebenheiten an. Weit vor der Ernte, wenn noch nicht klar ist, wie groß sie ausfällt und welche Qualitäten geerntet werden, gilt z. B. meistens eine andere Basis als in der Ernte. Darüber, ob die Differenz dann eher handels- oder eher erzeugerfreundlich ausfällt, kann man jedoch bestenfalls spekulieren.


Bei der Basis gilt also im Prinzip das Gleiche wie für den Preis:


  • Niemand kann mit Gewissheit voraussagen, wohin die Reise geht.
  • Wetterextreme, wie Trockenheit oder ergiebige Regenfälle zum falschen Zeitpunkt, können die Verhältnisse schnell umkehren.
  • Und wer den Markt nicht regelmäßig beobachtet, gerät bei Verkaufsverhandlungen ohnehin ins Hintertreffen.

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