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Große Ernte – kleine Preise

Lesezeit: 6 Minuten

Nach zwei guten Jahren ziehen nun am Kartoffelmarkt dunkle Wolken auf. Das Angebot wächst, und zusätzliche Absatzventile sind rar. Christoph Hambloch, Marktexperte der AMI, befürchtet deshalb Preisdruck.


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Nachdem die Frühkartoffelsaison den Anbauern gegen Ende auskömmliche Preise beschert hatte, dachten Kartoffelerzeuger, es würde in der Haupternte so weitergehen. Und zuerst sah es bei uns auch danach aus. Für Speiseware wurden 16 bis knapp über 20 €/dt gezahlt. Bei Verarbeitungsknollen kam hingegen gleich Druck auf. Die Preise für freie Pommes frites-Ware sind z.B. bis auf 5 €/dt gefallen. Zuletzt schwächelten dann auch die Notierungen für normale Speisekartoffeln.


Anbau ausgeweitet:

Viele Erzeuger haben den Vertragsanbau ausgedehnt. Auch die Speisekartoffelfläche wurde größer. Teils hat nur knappes Pflanzgut dem Wachstum Grenzen gesetzt.


In Deutschland stieg der Kartoffelanbau gegenüber dem Vorjahr um 3% auf 248500 ha. Diese (vorläufige) Zahl gab das Statistische Bundesamt im Juli bekannt. Möglicherweise ist das Plus auch noch größer. Denn die Anbaudaten aus den Beihilfeanträgen (Invekos) liegen in einigen Bundesländern, z.B. Niedersachsen, über denen der amtlichen Statistik. Das gilt auch für Nordrhein-Westfalen: Hier rechnet das Bundesamt mit einem Minus von 3%, die Invekos-Daten sprechen hingegen für ein Plus von fast 6%.


In anderen EU-Ländern haben die Landwirte ähnlich reagiert. Die Franzosen, Belgier und Niederländer dehnten den Anbau von Konsumkartoffeln (vor allem Speise-, Chips- und Frittenware) jeweils um rund 4% aus. Der Zuwachs in Großbritannien dürfte auf vergleichbarem Niveau liegen.


Fakt ist: Der Kartoffelanbau ist in den für die EU wichtigsten Produktionsländern in diesem Jahr so umfangreich wie letztmalig 2004. Entsprechend hoch dürfte die Gesamternte ausfallen – selbst dann, wenn die Erträge enttäuschen sollten. Danach sieht es aber derzeit nicht aus


Erheblich mehr EU-Kartoffeln:

Wie in den letzten Jahren sind bei uns, in den Niederlanden, Belgien und Frankreich witterungsbedingt keine Spitzenerträge zu erwarten. Der Frost von Ende April und später die lange Dürre in Westeuropa sowie die Nässe im Mitteleuropa haben den Stauden zugesetzt. Aber danach hat sich regenreiches und mäßig warmes Wetter positiv auf das Dickenwachstum der Knollen ausgewirkt. Der Fünfjahresschnitt dürfte jetzt anders als in den Vorjahren erreicht werden.


Was heißt das für die Ernten in den fünf wichtigsten europäischen Kartoffelländern Deutschland, Holland, Belgien, Frankreich und Großbritannien?


  • Selbst wenn die Erträge wider Erwarten ähnlich schlecht wären wie im Vorjahr, würde die Anbauausdehnung zu einem Angebotsplus gegenüber dem Vorjahr von mehr als 1 Mio. t auf rund 35 Mio. t Kartoffeln führen.
  • Wenn wir ein fünfjähriges Mittel beim Ertrag unterstellen, wären wir bei einer 2 Mio. t größeren Ernte als 2016, also bei etwa 36 Mio. t.
  • Und bei Spitzenerträgen würde die Ernte in den fünf wichtigsten EU-Kartoffelländern sogar um 5 Mio. t zulegen.


Nach aktuellen Schätzungen ist die mittlere Variante am wahrscheinlichsten. Das heißt, die „Großen Fünf“ dürften 2 bis 3 Mio. t mehr ernten als 2016.


Regionale Unterschiede:

Bei uns sind die Ertragserwartungen nicht einheitlich. Eher mäßig sind sie z.B. in Ost-Niedersachsen. Denn hier hat nässebedingt starker Krautfäuledruck die Pflanzen geschwächt. Weiter westlich melden Landwirte hingegen sogar Spitzenerträge. Das gilt auch für Gebiete Sachsen-Anhalts und Sachsens, in denen es nicht dauernd zu nass war. Und das Rheinland ist zweigeteilt: Am Niederrhein stehen Verarbeitungsknollen gut, während Speisekartoffeln im südlichen Rheinland wohl durchschnittliche Erträge bringen werden. Im mittleren Bereich werden sie auch in Bayern liegen.


Tatsache ist: Selbst vorsichtige Ernteschätzungen für Deutschland liegen schon bei 11 Mio. t (200000 t mehr als im Vorjahr). Da der hiesige Anbau aber eventuell doch größer ist als es die amtliche Statistik wiedergibt und die Erträge näher an gute Jahre heranreichen könnten, sind auch ca. 11,3 Mio. t drin (siehe Übersicht). Das läge nur knapp unter dem Überschussjahr 2014. Damals kam Deutschland auf 11,6 Mio. t.


Steigt die Nachfrage auch?

Wenn es zusätzliche Absatzkanäle gäbe, wäre die größere Ernte kein Problem. Aber selbst Optimisten bezweifeln, dass die vielen Knollen ganz ohne negative Folgen für die Preise am Markt platziert werden können. In Deutschland sind etliche Marktsegmente fast an der Sättigungsgrenze bzw. nur begrenzt ausbaubar.


Es gibt z.B. keine Anzeichen dafür, dass der Verbrauch frischer Speisekartoffeln bei uns zunimmt. Im Gegenteil, laut der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) schrumpften die Einkäufe der privaten Haushalte in den letzten fünf Wirtschaftsjahren sogar um ca. 200000 t auf unter 1,4 Mio. t.


Auch beim Export von Konsumkartoffeln könnten wir die Vorjahresmengen verfehlen. Die Ausfuhren sind mittlerweile größer als der Inlandsabsatz frischer Speiseware. Sie summierten sich 2016/17 auf knapp unter 1,6 Mio. t. Der Löwenanteil davon ging mit zuletzt fast 1 Mio. t (rund 200000 t mehr als 2015/16) in den Beneluxraum. Der Bedarf wächst dort weiter. Jetzt verfügen die Belgier und Holländer allerdings auch über deutlich mehr eigene Kartoffeln. In anderen Zuschussgebieten der EU müssen wir zudem wieder stärker mit Konkurrenten aus Frankreich um Marktanteile kämpfen als in der letzten Saison.


Die Verarbeitung wächst:

Steigerungen zeichnen sich allenfalls bei der Rohstoffnachfrage hiesiger Nahrungsmittelproduzenten ab. Diese haben im letzten Jahr fast 3,6 Mio. t Kartoffeln verarbeitet, 1,8% mehr als 2015 und fast 20% mehr als vor 10 Jahren. Besonders die Frittenhersteller brauchen immer mehr Knollen. Sie weiteten ihre Erzeugung um rund 8% auf fast 465000 t aus – ein neuer Rekord.


Auch in diesem Jahr stehen die Zeichen auf Wachstum. In Bayern und Niedersachsen haben Firmen in zusätzliche Verarbeitungskapazitäten investiert. Diese sollen bald ihre Arbeit aufnehmen, denn es gibt gute Exportmöglichkeiten. Deutschland, Belgien und Holland haben 2016/17 rund 1,2 Mio. t Pommes frites in Drittländer exportiert. Das waren rund 10% mehr als im vorherigen Wirtschaftsjahr.


EU-Anbieter sind durchaus wettbewerbsfähig gegenüber Mitbewerbern aus anderen Teilen der Welt. Politische Entscheidungen bringen zusätzlichen Schub. Anfang Juli haben sich die EU und Japan über das Freihandelsabkommen JEFTA verständigt. Schrittweise sollen alle Zölle zwischen beiden Seiten abgeschafft werden. Damit stößt die EU in eine Lücke, die die aktuelle Politik von US-Präsident Trump öffnet. Dieser hat den Rückzug aus dem transpazifischen Freihandelsabkommen (TTP) angeordnet. Das ist schlecht für die US-Farmer, denen wichtige Exportmärkte wegbrechen, aber gut für die internationalen Absatzchancen der EU. Angesichts unserer großen Ernte sollte die Branche sich diese nicht entgehen lassen. -me-

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