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Große Knollen, kleine Preise

Lesezeit: 6 Minuten

Der Markt für Speisekartoffeln steht massiv unter Druck. Zum Teil wird weniger als 10 €/dt bezahlt. Immerhin wächst der Frittenmarkt noch, meint AMI-Kartoffel­experte Christoph Hambloch.


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Die Lage am Kartoffelmarkt ist mies. Eine voraussichtlich große Ernte in Europa trifft auf schleppenden Absatz und schickt die Preise für Speisekartoffeln auf Talfahrt. Nachdem sich die Kurse von Anfang Juli bis Mitte August fast schon gefangen hatten, dreht sich die Preisspirale nun sogar noch weiter nach unten. Aktuell ist zum Teil von 8 €/dt die Rede. Damit schreiben selbst die besten Erzeuger Verluste.


Anbau ausgedehnt:

Dass die Preise überhaupt soweit abrutschen konnten, hat mehrere Gründe. Zum einen wurden einfach mehr Kartoffeln angebaut. Nach vorläufigen Daten bauten Landwirte deutschlandweit auf 245 100 ha Kartoffeln an (Übersicht 1). Das entspricht zwar nur einer moderaten Ausdehnung von 1 % im Vergleich zum Vorjahr. Doch entscheidend ist, für welchen Verwertungszweck ausgedehnt wurde:


  • Den größten Zuwachs gab es bei der Fläche der Veredelungskartoffeln mit plus 4 % auf rund 71 000 ha. Damit ist der Anbau so umfangreich wie noch nie.
  • Auf 102 500 ha (plus 4,4 %) wurden Speisekartoffeln angebaut.
  • Der Stärkekartoffelanbau ist hingegen um ca. 5 000 ha auf 55 000 ha eingeschränkt worden.
  • Pflanzgutvermehrung kommt auf gut 16 000 ha – etwas mehr als 2013.


Anbauer in westeuropäischen Nachbarländern dehnten das Kartoffelareal ebenfalls aus. In Frankreich stieg der Anbau von Konsumkartoffeln (Speise- plus Veredelungskartoffeln) gegenüber dem Vorjahr um 8 000 ha auf einen neuen Höchststand von 121 000 ha. In Belgien sollen es 5 000 ha und in den Niederlanden 2 500 ha mehr Konsumkartoffeln sein als 2013. Und auch in Großbritannien und Südeuropa stehen dieses Jahr wohl mehr Erdäpfel als im Vorjahr.


Die Anbauzahlen aus Osteuropa sind zwar noch recht unsicher. Der langjährige Anbaurückgang bei Speisekartoffeln scheint hier jedoch gestoppt zu sein.


Die EU-weit große Anbaufläche trifft in diesem Jahr zudem auf gute Erträge. Diese stehen zwar noch gar nicht fest, die Ergebnisse der Proberodungen in Belgien, den Niederlanden, Frankreich und in Deutschland waren aber bei frühen Sorten meist vielversprechend. Da selbst in Gebieten mit üblicherweise frühsommerlicher Trockenheit reichlich Regen gefallen ist, rechnen die Experten im EU-Schnitt mit Erträgen um 32,6 t/ha. Das wäre ein neuer Rekord.


Die hohen Niederschläge haben aber auch eine Kehrseite. Krankheiten bedrohen die Bestände auf den letzten Metern bis zur Ernte und könnten die Erträge etwas schmälern. Das gilt insbesondere für den Osten und Südosten Europas, weil dort der Pflanzenschutz nicht immer sorgfältig durchgeführt wurde.


Eine große EU-Ernte wird das aber wohl nicht verhindern. Die Gruppe der Nordwesteuropäischen Kartoffelanbauer erwartete zuletzt nämlich allein in ihrem Beritt 25,2 Mio. t an Konsumkartoffeln. Das wären immerhin 1,1 Mio. t mehr als im Jahr 2013.


Rekorderträge noch nicht sicher.

Das Vorjahr hat allerdings gezeigt, dass die frühen Ernteschätzungen oft auch etwas daneben liegen, weil sie den Zuwachs im Herbst nicht vorher sehen können. Im Gegensatz zu 2013 werden die Erträge im laufenden Jahr möglicherweise etwas überschätzt. Aus folgenden Gründen:


  • Im warmen Juli haben viele Kartoffelstauden gelitten.
  • In Nord- und Ostfrankreich, in Belgien, im Westen Deutschlands und in den Niederlanden fiel von Juli bis August so viel Regen, dass das Wachstum durch Nässe-Stress gebremst wurde.
  • In empfindlichen Beständen hat die Feuchte sogar zur vorzeitigen Abreife geführt.
  • Auch die Qualität der Knollen ist gefährdet: Fäulnisbefall, geringe Stärkegehalte oder grüne Knollen dürften in diesem Herbst häufiger auftreten als üblich.


Ob es in Westeuropa also wirklich Rekorderträge gibt, muss sich deshalb erst noch zeigen. Bis dahin kann über die Folgen der extremen Witterung nur spekuliert werden.


Sollten die optimistischen Ernteschätzungen nicht eintreten, dürfte der Preisdruck schnell nachlassen. Ob sich deshalb allerdings das Einlagern rechnet, stellen viele Marktbeteiligte infrage. Schließlich decken Lageraufschläge oft nur die Einlagerungskosten ab, unterm Strich kommt für den Erzeuger aber nicht mehr raus. Für mäßige Qualitäten und Partien mit vielen Übergrößen dürfte die Lagerrendite jedenfalls zu gering sein.


Die Chancen für gute Speisekartoffel-Partien sind da schon besser. Ob die Rechnung aufgeht, hängt davon ab, wie viel Speiseware in den nächsten Wochen in Stärkefabriken, Biogasanlagen oder im Futtertrog landen. Gut möglich, dass im Frühjahr 2015 nur noch bedarfsgerechte Mengen zur Verfügung stehen. Dann werden die Karten sicherlich neu gemischt.


Allzu große Hoffnung sollten Sie darauf aber nicht setzen. Denn die Zahl und Kapazität der Läger hat auch bei uns in den vergangenen Jahren spürbar zugenommen. Wer ein Lager hat, dürfte dieses vermutlich auch füllen wollen – vorausgesetzt er erntet einwandfreie Speiseware.


Auf der Absatzseite zeichnet sich bisher ebenfalls kaum Entlastung ab. Der heimische Speisekartoffelmarkt hat nur wenig Luft nach oben, weil die Einkäufe privater Haushalte seit Jahren stetig zurückgehen.


Auch der Export von Kartoffeln bietet bisher wenig Perspektiven. Fast überall in der EU sind reichlich Kartoffeln herangewachsen. Exportspezialisten wie Frankreich oder die Niederlande bemühen sich schon seit August um Absatz auf dem Balkan, in Nord-Afrika oder in Südeuropa. Dabei wurden Preise ab Station zugrunde gelegt, mit denen deutsche Anbieter kaum konkurrieren konnten.


Östlich der EU sind die Aussichten ebenfalls mau. Selbst wenn der politisch motivierte Importbann Russlands aufgehoben würde, blieben immer noch die phytosanitären Einwände der Russen. Eine schnelle Lösung ist jedenfalls nicht in Sicht. Ohnehin haben die Länder im Osten erst ab April wieder Ergänzungsbedarf. Und den versuchen sie momentan durch Vereinbarungen mit Lieferländern im südlichen und südöstlichen Mittelmeerraum sicherzustellen.


Kartoffelprodukte gefragt:

Mehr Kartoffeln werden eigentlich nur im Verarbeitungsbereich gebraucht. Hier sind die Absatzperspektiven besser. Selbst die Kartoffelstärke kann sich bei solch günstigen Rohstoffkursen wieder gegen Weizen- und Maisstärke behaupten.


Besonders gut läuft derzeit aber der globale Frittenabsatz. Vor allem die Niederländer und Belgier exportieren große Mengen in Drittstaaten. Schon 2013/14 stieg der Absatz und hat sich innerhalb von fünf Jahren für den Beneluxraum auf rund 800 000 t verdoppelt (Übersicht 2). Weiteres Wachstum ist wahrscheinlich, zumal die Konkurrenz in Nordamerika, sowohl was die Rohstoffkosten als auch andere Produktionskosten betrifft, nicht mithalten kann. Auch bei Chips und anderen Kartoffelerzeugnissen steigen die Umsätze innerhalb der EU noch immer leicht an.


Der wachsende Absatz von Kartoffelprodukten dürfte dem aktuellen Kartoffelmarkt allerdings wenig helfen können. Dafür ist das Gesamtangebot einfach zu groß.

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