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Milchmarkt: Schwierig, aber nicht hoffnungslos

Lesezeit: 7 Minuten

Die Lage am Weltmilchmarkt ist nicht gerade rosig. Das bestätigt der neueste Bericht des US-Landwirtschaftsministeriums. Dennoch gibt es einige Lichtblicke, meint Dr. Vinzenz Bauer, Marktexperte der LWK Niedersachsen.


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Fangen sich die Preise bald wieder? Wie lange dauert die Durststrecke noch? Was passiert eigentlich nach dem Ende der Milchquoten-Regelung in der EU? Solche Fragen beschäftigen derzeit fast jeden Milchkuhhalter. Konkrete Antworten gibt es leider kaum. Und wenn doch, dann fallen die Prognosen nicht gerade optimistisch aus.


Das gilt auf den ersten Blick auch für den jüngsten Bericht des US-Landwirtschaftsministeriums (USDA) zum internationalen Milchmarkt. Allerdings, und das sieht man erst auf den zweiten Blick, machen die Analysten aber auch ein bisschen Hoffnung, weil sie von einer steigenden Nachfrage ausgehen.


Russland stoppt, China wartet.

Kurzfristig kann davon aber keine Rede sein. Im Gegenteil: Der russische Importstopp hat die Märkte nachhaltig verunsichert. Vor allem fetthaltige Produkte, insbesondere Käse, sind bis August 2014 von Russland in großen Mengen eingekauft worden. Jetzt muss ein Teil der globalen Warenströme in andere Kanäle umgeleitet werden. Das ist aber einfacher gesagt als getan.


Der fehlende Zugang zum russischen Markt ist für die EU als Milchexporteur sogar doppelt kostspielig:


  • Die internationalen Notierungen für Milcherzeugnisse stehen unter Druck. Die Verkaufserlöse sinken also.
  • Außerdem werden der Vertrieb, die Logistik und die Verwaltung spürbar aufwendiger.


Sobald der Markt ein neues Gleichgewicht gefunden hat, dürfte sich die Lage entspannen. Und der Wiedereinstieg Russlands nach Ablauf des Embargos – offiziell läuft es ein Jahr – dürfte dem Absatz wieder Flügel verleihen. Denn die Lücke zwischen Bedarf und Erzeugung wird in Russland immer größer.


Die Experten des USDA erwarten nämlich einen weiteren Rückgang der Milcherzeugung Russlands um 2 % auf 29,3 Mio. t im Jahr 2015. Ursachen dafür sind die Abwertung des Rubels, verspätete Auszahlungen von Subventionen und steigende Zinsen für Investitionskredite. Das erschwere vor allem die Arbeit der kleinen landwirtschaftlichen Betriebe, die für die Hälfte der russischen Milcherzeugung verantwortlich sind, heißt es.


Den Russen fehlt also Milch. Das USDA erwartet deshalb eine Zunahme des Handels von Milch- und Molkereiprodukten zwischen Weißrussland und Russland. Die russische Eigenproduktion von Käse, Butter und Magermilchpulver soll zudem steigen. Diese Maßnahmen sollen die Lücke, die durch den Importstopp entstanden ist, zumindest etwas schließen. Dass das gelingt, glaubt aber wohl nicht einmal Präsident Putin. Dafür fehlt einfach die Rohstoff-Basis. Auf Dauer kann Moskau den Weltmarkt deshalb wohl nicht nicht aussperren.


Das gilt auch für den zweiten großen Importeur von Milchprodukten, nämlich China. Das bevölkerungsreichste Land der Erde hat dem USDA zufolge im späten Jahr 2014 seine Importe von Milchpulver gedrosselt und die Importbremse auch noch nicht wieder gelöst. Im Jahr 2015 rechnen Experten insgesamt mit einem Minus von 12 %. Denn die chinesischen Importeure sitzen offenbar immer noch auf großen, teuer eingekauften Vorräten, die erst einmal abgebaut werden sollen. Das setzt den Weltmarkt unter Druck.


Allerdings ändert es nichts an Chinas stetig wachsendem Bedarf an sicheren Milchprodukten, der nur durch Zukäufe am Weltmarkt zu decken ist. Australien dürfte z. B. laut USDA im Jahr 2015 etwa 20 % mehr Trinkmilch ins Reich der Mitte liefern. Es sei denn, die Wirtschaft entwickelt sich dort noch schlechter als erwartet.


Genau das bereitet Analysten derzeit aber Sorgen. Die zweistelligen Wachstumsraten der Vergangenheit werden vorerst nicht wieder erreicht. Nach plus 7,4 % in 2014 rechnen Beobachter 2015 in China „nur“ noch mit einem Plus von 6,5 %. Man sollte sich trotz des dort wachsenden Bedarfs also keine übertriebenen Exporthoffnungen in Richtung China machen. Dabei wäre es wirklich wichtig, dass der Weltmarkt schnell wieder in Gang kommt, denn das Angebot wächst.


Mehr Milch am Markt.

Zwei gute Ernten in Folge und attraktive Milcherlöse in den Jahren 2012 und 2013 haben Folgen: Fast aus dem Stand, auch wegen der guten Grundfutterversorgung und wegen sinkender Kosten für Getreide sowie Ölschrote, steigerten die Milchbauern weltweit ihre Erzeugung, und teils tun sie es trotz der mittlerweile gesunkenen Erlöse auch jetzt noch.


So sind laut USDA z. B. die Milchfarmer in den USA durchaus noch in der Lage, positive Margen zu erwirtschaften. Die Milcherzeugung steigt dort denn auch 2015 um weitere 3 %. Die Farmer profitieren allerdings auch davon, dass ihr Markt durch Zölle geschützt wird. Das Preisniveau ist entsprechend hoch. Außerdem soll das Bruttoinlands-produkt in den USA voraussichtlich um 3,3 % steigen (gegenüber + 2,3 % in 2014). Und wenn die Wirtschaft wächst, steigt normalerweise die Inlandsnachfrage, auch die nach Milchprodukten.


Etwas anders zeigt sich die Lage in Ozeanien. In Australien wird die Erzeugung nur um 100 000 t Milch zulegen – nach einem Plus von ca. 300 000 t im letzten Jahr. Und in Neuseeland, einem der wichtigsten Akteure am Weltmarkt, sind ebenfalls nur relativ moderate Zuwächse um 2 % auf 22,1 Mio. t zu erwarten. Im letzten Jahr stieg die Milcherzeugung noch um 8 %. Zur Begründung verweist das USDA auf die schwächeren Preise sowie härtere Umweltauflagen, die vor allem die Düngung betreffen. Die Nitratauswaschung soll z. B. vermindert werden.


Zuwächse um 3 % zeichnen sich hingegen in Argentinien ab. Die dortige Milchwirtschaft muss zwar den eigenen Markt zu staatlich gedeckelten Preisen versorgen, was wenig Anreiz bietet, die Herden aufzustocken. Andererseits wollen die Argentinier aber auch mehr am Weltmarkt mitmischen und vor allem Russland bedienen. Dafür werden zusätzliche Mengen gebraucht, meinen Branchenvertreter. Im vergangenen Jahr hat das Wetter ihnen einen Strich durch die Rechnung gemacht. Futter war relativ knapp und teuer. Jetzt soll es aufwärts gehen.


Insgesamt werden die weltweit führenden Exporteure (vgl. Übersicht 1, Seite 132) nach Schätzungen der ame­rikanischen Analysten 2015 rund 1 % mehr Milch erzeugen als im Jahr 2014. Die EU kommt nach Erwartungen des USDA nur auf ein mageres Plus von 0,2 % – trotz Ende der Milchquote.


Was geschieht in der EU?

Lassen Sie sich also nicht zu sehr von der aktuell miesen Stimmung anstecken. Das Marktpendel kann durchaus schneller wieder zur anderen, besseren Seite ausschlagen als man es heute glaubt. Der Preis für Milch ist weltweit gefallen, und obwohl das Futter billiger geworden ist (s. Übersicht 2), reagieren längst nicht alle Halter mit einer „jetzt erst recht Vollgas“-Strategie. Im Gegenteil: Der wichtigste Produktionsanreiz war in den letzten Jahren der hohe Milch­erlös – und dieser fehlt nun.


In der EU veranlassen die drohende Superabgabe und Tierhaltungsdebatten in der Öffentlichkeit derzeit übrigens gerade einige der ganz großen europäischen Milchbauern, ihre Produktion zu drosseln bzw. weniger stark zu wachsen als ursprünglich geplant. Eventuell müssen die Angebotsprognosen also sogar wieder etwas nach unten korrigiert werden. Wer investiert hat, ist allerdings quasi zur Produktion gezwungen. Außerdem bleibt es dabei: Sinnvoll Gas geben ist leichter als sinnvoll bremsen.


Aus Sicht der Milcherzeuger gibt es aber nicht nur auf der Erzeugungsseite Grund für vorsichtigen Optimismus. Das gilt mittelfristig wohl auch wieder im Hinblick auf den Export.


Geschäftskontakte pflegen!

Die europäischen Molkereien sollten allerdings ihre Kontakte nach Russland und China pflegen, um nicht ins Hintertreffen zu geraten, wenn der Absatz in diese Richtung wieder anläuft. Die Nachfrage ist prinzipiell vorhanden, und beide Länder können sich beim besten Willen nicht selbst versorgen – vor allem nicht dauerhaft.


Laut USDA könnte die EU durchaus aber auch in Nordafrika und dem Mittleren Osten wieder etwas besser zum Zuge kommen. Speziell in Nordafrika sehen die US-Marktforscher wachsende Absatzmöglichkeiten für Voll- und Magermilchpulver. Vorsichtigen Optimismus verbreiten die Beobachter aber auch im Hinblick auf den europäischen Käseexport. Dieser soll um fast 10 % auf 790 000 t steigen, während sich bei Butter leider ein weiteres Minus abzeichnet – zum Glück aber nur ein moderates.


Und was kann man als Milchviehhalter tun? Den Markt werden Sie nicht ändern können, auch wenn einige Akteure das immer wieder versuchen. Feilen Sie am eigenen betrieblichen Management. Behalten Sie die Leistungen und Kosten im Griff. Machen Sie sich ruhig auch einmal Gedanken über betriebliches Risikomanagement. Die Milchpreise werden künftig noch stärker schwanken als heute schon.

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