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„Multikrise“ belastetLegehennenhalter

Lesezeit: 5 Minuten

Eiererzeuger kämpfen aktuell mit massiv gestiegenen Kosten, schwierigen politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und den Folgen der Geflügelgrippe. Vor allem die ökologische Erzeugung ist betroffen, zeigt unsere Marktanalyse.


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Die deutsche Legehennenhaltung galt in den vergangenen Jahren als Paradebeispiel für einen positiven Strukturwandel. Die Zahl der in Deutschland gehaltenen Legehennen in Betrieben mit mehr als 3000 Hennenplätzen stieg im Jahr 2021 auf rund 43,2 Mio. Stück. Zählt man nun noch Mobilstallhaltungen sowie Kleinerzeuger hinzu, kommt man auf rund 49,6 Mio. Legehennen. Damit setzte sich der kontinuierliche Ausbau der Eiererzeugung in den letzten Jahren fort.


Ein Drittel weniger Hennen


Die jüngsten Zahlen der Brütereistatistik zeigen jetzt aber, dass der Ausbau nicht nur pausiert, sondern erstmals mit einem Rückgang der Legehennenzahlen zu rechnen ist. Die Marktinfo Eier & Geflügel (MEG) hat berechnet, dass im vierten Quartal 2022 die Vorjahreszahlen deutlich unterschritten werden. Absehbar ist, dass die Zahl der Legehennen auf 35,3 Mio. Tiere und damit um rund 25% zurückgehen wird. Der düstere Ausblick: Für Anfang 2023 rechnen die Marktbeobachter sogar mit einer Abstockung des Legehennenbestandes um ein Drittel gegenüber dem Vorjahr. Lesen Sie dazu auch die Analyse ab Seite 50 in diesem Heft.


Ursache für die Trendwende ist eine schwere „Multikrise“, in die die Eierbranche geraten ist. Zeitgleich sorgen folgende Entwicklungen vor allem für steigende Kosten, aber auch für schrumpfende Nachfrage und gestörte Lieferketten:


  • Futterkosten: In Weser-Ems kostete Legehennenalleinfutter zu Jahresbeginn 2022 bereits rund 400 €/t. Durch den russischen Angriffskrieg in der Ukraine gerieten die globalen Warenströme für Futterkomponenten vollends aus den Fugen. In der Sorge um eine ausreichende Versorgung stiegen die Preise im Jahresverlauf weiter und erreichten in der Spitze über 500 €/t, (s. Übers. 1). Die Preise liegen nach einer leichten Entspannung aktuell weiter auf hohem Niveau. Wenig spricht dafür, dass das Vorjahrespreisniveau kurzfristig wieder erreicht wird. Im Gegenteil: Gestörte Lieferketten im Rohwarenbezug, die Ungewissheit über die zukünftigen Getreideexporte aus der Ukraine und sehr hohe Energiekosten deuten auf anhaltend hohe Preise hin. Das ist besonders in der Legehennenhaltung problematisch, da die Futterkosten den größten Kostenblock ausmachen. Insgesamt sind die variablen Kosten, die sich aus den Futterkosten, dem Junghennenbezug, Strom, Wasser und sonstigen Kosten zusammensetzen, um rund 30% gegenüber den Vorjahren gestiegen.
  • Legehennenpreise: Eine konventionelle Junghenne kostet mit 6,50 bis 7,00 € aktuell über 20% mehr als im Vorjahr. Ursache dafür sind neben den gestiegenen Produktionskosten auch Aufschläge durch das Verbot des Tötens männlicher Küken. In der Folge haben mehr Betriebe ihre Herden gemausert, statt sie durch Junghennen zu ersetzen. Marktbeteiligte erwarten auch künftig eine verstärkte Mausertätigkeit. Denn ab 2024 darf die Geschlechtsbestimmung im Ei nur noch bis zum siebten Bruttag erfolgen, ein geeignetes Verfahren gibt es aber noch nicht.


Eine weitere Folge des Kükentötenverbotes ist übrigens ein spürbarer Rückgang der Bruteiproduktion in Deutschland. Im EU-Ausland, wo Polen, Frankreich und die Niederlande die Hauptrolle spielen, sieht es dagegen anders aus: Dort wird für 2022 ein Ausbau der Kapazitäten erwartet.


  • Die Aviäre Influenza bzw. Geflügelpest grassiert europaweit in diesem Jahr nahezu ununterbrochen. Auch Legehennenbestände sind immer wieder von Ausbrüchen betroffen oder leiden unter den Restriktionen. Das führt zeitweise und regional zu einem kleineren verfügbaren Angebot am Eiermarkt.


Das „Krisen-Ei“ stammt aus Bodenhaltung


Auch beim Eierverbrauch sorgt die Krise für Verschiebungen. Inflationsbedingt verzichten viele Konsumenten auf höherpreisige Lebensmittel. Das trifft besonders den Biobereich. Eier aus ökologischer Erzeugung sind in den vergangenen Monaten in der Gunst der Kunden deutlich gesunken. Insider berichten teils von „sehr schleppender Vermarktung“. Dies gilt auch für Eier aus Freilandhaltung und Mobilställen.


In der aktuellen Krise noch Gewinner zu benennen, wäre vermessen – aber die Produzenten von preiswerteren Bodenhaltungseiern profitieren noch am ehesten von der Situation. Das Angebot ist nämlich allgemein durch vermehrte Leerstandszeiten aufgrund der sehr hohen Produktionskosten und der europaweiten Geflügelpest verknappt.


Kaum abzuschätzen


Nie war es so schwer, anhand der aktuellen Lage eine Aussage über den weiteren Marktverlauf zu treffen. Die Unsicherheiten über die Entwicklung der Energie- und Futterpreise sowie das Kaufverhalten der Konsumenten sind einfach zu groß. Die Märkte reagieren sehr empfindlich auf „Wettermeldungen“.


Klar ist aber, dass in Krisenzeiten auch am Eiermarkt preiswerte konventionelle Ware gefragt ist und bleiben wird. Nicht ohne Grund bewegen sich die Preise am knapp versorgten Spotmarkt für Klasse M Bodenhaltungseier in Weser-Ems auf Rekordhöhe von rund 15 Cent/Ei. Zum Vergleich: Der Vorjahrespreis betrug rund 7,5 Cent/Ei. Weitere Preissteigerungen dürften aber durch die sinkende Akzeptanz der Verbraucher ausgebremst werden.


Hinzu kommt: Die derzeit katastrophalen wirtschaftlichen Zustände am Biomarkt und im Segment der Tierschutz-geprüften Eier könnten längerfristig nachwirken und den politischen Ausbauzielen einen Strich durch die Rechnung machen. Für diese Eier lässt sich aktuell aufgrund der schwachen Nachfrage kein kostendeckender Preis erzielen. Es wird sicherlich noch einige Zeit dauern, bis dieser Markt zu seiner alten Stärke zurückfindet. Bis dahin ist zu befürchten, dass der deutsche Eiermarkt bei einem Selbstversorgungsgrad von 73% (2021) rechnerisch noch stärker unterversorgt bleiben wird.


Nicht zuletzt entwickelt sich die Geschlechtsbestimmung im Ei zum teuren Bremsklotz für die Rentabilität und den Tierschutz: Sollte sich in nächster Zeit kein geeignetes Verfahren zur Geschlechtsbestimmung im Ei vor dem siebten Bruttag etablieren, ist zu befürchten, dass noch mehr Brütereien ins Ausland abwandern und der Tierschutz damit mit abwandert.


Ihr Kontakt zur Redaktion:


christian.brueggemann@topagrar.com

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