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Rinder auf Grünland rentabel mästen

Lesezeit: 6 Minuten

170 Allgäuer Grünlandbetriebe erzeugen Färsen und ­Ochsen für ein regionales Markenfleischprogramm. Wegen der Zuschläge von 30 ct/kg SG rechnet sich die Mast.


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Intensive Grünlandflächen lassen sich über die Milchviehhaltung am besten verwerten. Daran ändert auch die aktuelle Preismisere nichts. Doch die Milchviehhaltung ist sehr zeitintensiv. Landwirte, die in den Zu- oder Nebenerwerb ­gehen und die Milch­vieh­haltung weiterführen, stoßen deshalb oft an ihre arbeitswirtschaftlichen Grenzen.


Andererseits gibt es für Grünlandbetriebe kaum Alternativen, um bei begrenz­tem Arbeitsaufwand Geld zu verdienen. Eine Ausnahme ist das Markenfleischprogramm „Prima-Rind“, das der Allgäuer Lebensmitteleinzelhändler Fene­berg und die Kälber-Erzeugergemeinschaft Allgäu vor 8 Jahren aufgelegt haben.


Wie eine aktuelle Kalkulation der bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) zeigt, können Landwirte, die Rinder für dieses Programm mästen, eine Arbeitszeitverwertung von 8,40 bis 10,40 €/Akh erzielen. Bei überdurchschnittlichen Tageszunahmen von 800 g bei Färsen und 900 g bei Ochsen erreichen sie 11,40 bis 13,40 €/Akh.


Alternative für Anbindebetriebe


„Das sind zwar keine überragenden Stundensätze. Aber sie liegen über denen, die Milchviehhalter in kleinen Anbindeställen erzielen“, kommentiert Irene Faulhaber die Ergebnisse ihrer Studie. „Für Betriebe, die aus der Milcherzeugung aussteigen und ihre Flächen und Gebäude weiter nutzen wollen, ist das Prima-Rind-Programm eine echte Alternative“, so die Rindermast-Expertin vom Institut für Agrarökonomie der LfL. Nach ihren Berechnungen geht bei der Umstellung von Milch auf Mast der Gewinn um rund 35 % zurück, während der Arbeitsaufwand fast um die Hälfte sinkt.


Tatsächlich stammen mit 85 bis 90 % die meisten der 2 000 jährlich vermarkteten Programmrinder aus Betrieben, die von Milch auf Mast umgestellt haben. Den Rest liefern Milchviehhalter, die einen Teil ihrer Herde mit einem Fleischrasse-Bullen besamen und die Kreuzungstiere anschließend selbst ausmästen.


Dass sich die Mast für die Bauern rechnet, liegt am vergleichsweise attraktiven Auszahlungspreis. Die Kälber-EG Allgäu, die die Abnahmeverträge mit den Landwirten abschließt, zahlt Festpreise für die Schlachttiere. Die LfL hat ermittelt, dass diese in den Jahren 2006 bis 2008 bei Ochsen wie bei Färsen im Durchschnitt rund 30 ct/kg SG über denen der bayerischen Notierung für Jungbullen bzw. Färsen lagen.


Aktuell zahlt die Kälber-EG Festpreise von 3,45 €/kg SG für R2-Ochsen und von 3,35 €/kg SG für R2-Färsen. „Damit sind wir zurzeit sogar um 40 Cent besser als die bayerischen Notierungen für Jungbullen und Färsen“, macht EG-Geschäftsführer Georg Abele klar.


Die Kälber-EG vermarktet alle Programmtiere exklusiv an Feneberg, der im Allgäu 94 Einkaufsmärkte und im Raum Augsburg 22 Metzgereifilialen betreibt. Das Handelsunternehmen lässt die Tiere am Schlachthof Kempten schlachten und zerlegt sie dann im eigenen Fleischwerk.


Die Kälber-EG organisiert die Erfassung und den Transport der Tiere. Auf Wunsch können die Landwirte die Tiere auch selbst anliefern. Die Gebühren für die Erfassung und die Versicherung von Teilschäden an den Schlachtkörpern betragen pro Tier 11,71 € plus 7 % MwSt.


Feneberg verkauft das Markenfleisch an den Endverbraucher zum größten Teil über seine Märkte und Metzgereifilialen. Daneben beliefert der Lebensmittelhändler noch 80 Gaststätten. Diese bieten Gerichte mit dem Markenrindfleisch unter dem Label „Land-Zunge“ an.


Kreuzungstiere aus Braunvieh x Blonde


Bleibt die Frage, welche Vorgaben die Landwirte erfüllen müssen, die sich am Programm beteiligen.


Erstes Kriterium ist die Herkunft. Weil es sich um ein regionales Markenfleischprogramm handelt, müssen die Kälber in Bayern oder Baden-Württemberg geboren sein und in einem Umkreis von 100 km um Kempten gemästet werden.


Damit ausreichend Tiere mit hoher Qua­lität zur Verfügung stehen, haben sich die Firma Feneberg und die Kälber-EG bei der Genetik auf eine Kreuzung des im Allgäu heimischen Braunviehs mit Blonde d’Aquitaine entschieden. „Braunvieh bringt die Feinfasrigkeit mit, Blonde die Fleischfülle“, lobt Hubert Klöpf, Vieheinkäufer bei Feneberg, die Vorzüge der Rassenkombination. Grundsätzlich sind nur Färsen und Ochsen im Programm zugelassen, um eine ausreichen­de Marmorierung des Fleisches zu gewährleisten.


Die Braunvieh-Blonde-Kreuzungen haben einen weiteren Vorteil: Sie lassen sich gut ausmästen, ohne dass die Qualitäten leiden. Dabei erreichen Ochsen ein Schlachtgewicht von durchschnittlich 370 kg, die Schlachtkörper der Färsen sind im Durchschnitt 320 kg schwer.


Die dabei erzielten Qualitäten können sich sehen lassen. Etwa 70 % der Rinder werden in Handelsklasse R eingestuft, 18 bis 20 % in Klasse U und 1 bis 2 % in Klasse E. Die Programmbetriebe sollten diese Qualitäten auch erreichen. Wenn sie über 20 % O-Tiere anliefern, drohen ihnen Abzüge. Weniger Geld gibt es auch bei zu mageren oder zu fetten Schlachtkörpern, sprich bei den Fettstufen 1 und 4.


Die Vorgaben zur Fütterung, Haltung und Qualitätssicherung sind vergleichsweise moderat. So sollten die Betriebe heimisches Futter verwenden. In den Grünlandbetrieben ist das vor allem Gras, Grassilage und Heu. Die Erfahrung hat gezeigt, dass eine Zufütterung von Maissilage und Kraftfutter wenig sinnvoll ist, weil die Tiere dann schnell verfetten.


Die Rinder müssen – zumindest zeitweise – auf der Weide oder im Laufstall gehalten werden. Anbindehaltung ist dann erlaubt, wenn die Tiere im Sommer auf der Weide stehen. Auch bei der Haltung auf Vollspaltenboden ist die Weidehaltung im Sommer Pflicht. Die Gestaltung der Haltungskriterien führt dazu, dass Betriebe in der Regel nur kleine bauliche Änderungen vornehmen müssen, wenn sie in das Programm einsteigen wollen.


Hinsichtlich der Qualitätssicherung müssen die Prima-Rind-Betriebe den Kriterien der Basisprogramme in ihren Bundesländern entsprechen. Dies sind z. B. die Qualitätssiegel „Geprüfte Qualität Bayern“ oder „Gesicherte Qualität Baden-Württemberg“.


Weitere Tiere gesucht


Obwohl die Anzahl der Programm-Betriebe kontinuierlich zunimmt und es kaum Fluktuation gibt, reichen die vermarkteten Tiere nicht aus. „Derzeit könnten wir pro Jahr 300 bis 500 Tiere mehr vermarkten als wir geliefert bekommen“, bedauert Einkäufer Klöpf. „Uns fehlen vor allem die Hinterviertel.“ Zusammen mit Georg Abele sucht Klöpf derzeit nach weiteren Betrieben. Mittlerweile beteiligen sich auch Grünlandbetriebe aus dem westlichen Oberbayern am Programm. Weil dort die Rasse Fleckvieh vorherrscht, akzeptiert Feneberg nun auch Kreuzungen aus Fleckvieh x Blonde.


Der Bedarf an Rindern könnte sprunghaft steigen, wenn eine neue Absatzschiene hinzukommt, die die Vermarktungsstrategen von Feneberg und der Kälber-EG zurzeit entwickeln. Sie versuchen kommunale Träger davon zu überzeugen, für die Verpflegung von Kliniken und Pflegeeinrichtungen regionale Qualitätsprodukte unter dem neuen Label „Vital-Zunge“ zu beziehen.


„Sollte das gelingen, könnten wir den Absatz von Vordervierteln aus unserem Prima-Rind-Programm deutlich verbessern“, ist Berater Ernst Wirthensohn überzeugt, der an der Entwicklung des regionalen Markenfleischprogrammes maßgeblich beteiligt war.


Nicht angetastet werden soll nach Wirthensohns Meinung der Preiszuschlag an die Landwirte: „Nur wenn wir weiterhin einen attraktiven Preis auszahlen, lässt sich die hohe Qualität des Produkts absichern.“Klaus Dorsch

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