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Serie Börse für Einsteiger - Jetzt wird die Börse für Milcherzeuger spannend

Lesezeit: 6 Minuten

Die Milchpreise bröckeln, und die Quote läuft aus. Wie Sie sich vor schwankenden Preisen an der Börse schützen können, erklärt Stephanie Stöver, Kaack Terminhandel GmbH.


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Milchviehhalter stehen vor einer ungewissen Zukunft. 2015 fällt die Quote.Viele Betriebe haben im Vorfeld investiert, damit sie wettbewerbsfähig bleiben. Sie stehen also bei ihrer Bank in der Pflicht. Damit der Kapitaldienst geleistet werden kann, müssen aber die Erlöse stimmen. Genau das ist aber nicht sicher. Analysten glauben, dass die Milchpreise nach dem Wegfall der Quoten stärker schwanken werden als bisher.


Wer sich vor „bösen“ Überraschungen schützen will, braucht entweder eine Molkerei, die langfristig gute Preise garantiert, was eher unwahrscheinlich ist. Oder man wird selbst aktiv und sichert seinen Preis an der Terminbörse ab.


Auch Milcherzeuger haben die Möglichkeiten, sich über Futures vor unliebsamen Preiseinbrüchen zu schützen. Das funktioniert im Prinzip nach dem gleichen Schema wie bei Getreide, Raps und Schweinen (siehe z. B. top agrar 9/2014 ab Seite 132). Wenn Sie mit dem Gedanken spielen, als Milchproduzent an der Börse aktiv zu werden, müssen Sie allerdings einige Besonderheiten beachten.


Kein Rohmilch-Kontrakt.

Bei der Milch müssen Sie in puncto Hedging quasi um die Ecke denken. Bislang werden nämlich an keiner Warenterminbörse Rohmilch-Kontrakte gehandelt. Etliche Börsen haben aber Kontrakte „aufgelegt“, die die Hauptverwertungsrichtungen widerspiegeln. So werden an der Eurex in Frankfurt seit Mai 2010 Kontrakte für Magermilchpulver und Butter gehandelt (vgl. Übersicht 1).


Über diesen „Umweg“ kann man durchaus Rohmilch-Preise hedgen. Aus 100 000 kg Rohmilch lassen sich etwa 5 t Butter und ca. 9 t Magermilchpulver herstellen. Das heißt, um 100 000 kg Rohmilch an der Börse zumindest annähernd abzubilden, benötigen Sie …


  • 1 Kontrakt Butter (5 t) und
  • 2 Kontrakte Magermilchpulver (2 x 5 t).


Und wie kommt man als Erzeuger von den Magermilchpulver- und Butter-Kursen, die ja doch eher die Verkaufserlöse der Verarbeiter widerspiegeln, auf den eigenen Milchpreis? Antwort: Indem man in Anlehnung an die Formel des Institutes für Ernährungswirtschaft Kiel (ife) den Börsenrohstoffwert der Milch berechnet (s. Kasten oben). Dazu addieren Sie den …


  • Fettwert. Dieser ergibt sich, wenn Sie den Butterkurs in €/kg abzüglich der Herstellungskosten (etwa 0,26 €/kg) durch den Milchbedarf von 21,29 kg pro kg Butter teilen.
  • und den Nicht-Fettwert. Der ergibt sich, wenn Sie vom Magermilchpulver-Kurs in €/kg die Herstellungskosten (angenommen 0,38 €/kg) abziehen und das Ergebnis durch den Milchbedarf von 10,4 kg pro kg Magermilchpulver teilen.


Von der Summe ziehen Sie dann noch Transportkosten ab (ca. 1,4 ct/kg) und haben damit den Börsenrohstoffwert Milch ermittelt. Sie können es sich übrigens auch einfacher machen und im Internet die top agrar-Marktseiten aufrufen (www.topagrar.com/markt). Dort finden Sie neben den aktuellen Börsenkursen auch den daraus abgeleiteten Rohstoffwert.


Aufgepasst: Dieser Wert ist zwar mit realen Auszahlungspreisen der Molkereien vergleichbar und kommt diesen umso näher, je mehr Magermilchpulver und Butter von der belieferten Molkerei produziert wird. Falls Ihr Abnehmer allerdings stärker auf Käse, Joghurt und Co. setzt, können zwischen Börsenwert und realem Auszahlungpreis durchaus große Lücken klaffen, die sogenannte Basis.


Da sich die Preise der einzelnen Milch­erzeugnisse eher selten absolut parallel zueinander entwickeln, verändert sich diese Basis laufend. Sie müssen denn auch im Vorfeld genau analysieren, ob eine Rohmilchabsicherung über Magermilchpulver und Butter für Sie überhaupt Sinn macht.


Ein Praxisbeispiel:

Der Börsenrohstoffwert für April 2015 liegt bei rund 30 ct/kg. Die meisten Betriebe werden mit solchen Erlösen zwar nicht klarkommen. Doch für einige ist dies bereits die Schwelle, ab der sie den Gang an die Börse in Erwägung ziehen – auch weil sie befürchten, im kommenden April noch niedrigere Kurse zu sehen. Und wer sich zu diesem Preis absichern möchten, z. B. für 100 000 kg Milch, beauftragt seinen Broker, zwei Magermilchpulver-Kontrakte und einen Butter-Kontrakt zu dem aktuellen Kurs zu verkaufen.


Sobald sich an der Börse ein Gegenpart, also ein Käufer, gefunden hat, ist der Handel abgeschlossen. Ab diesem Zeitpunkt sind Sie an den Kursänderungen beteiligt. Fällt der Kurs, machen Sie Gewinn, steigt er, verbuchen Sie einen Verlust, der auch sofort zu begleichen ist. Doch keine Panik, ein steigender Kurs an der Börse bedeutet am physischen Markt einen Gewinn, da auch der Milchpreis steigt.


Angenommen: Bis April 2015 sind die Preise gefallen, und Sie erzielen für Ihre Rohmilch nur 25 ct/kg, also bezogen auf 100 000 kg insgesamt 25 000 €. Zeitgleich kaufen Sie an der Börse Ihre Kontrakte zurück, und zwar zu dem sogenannten Cash-Settlement-Preis. Dieser wird wöchentlich am Mittwoch von der Eurex ermittelt und setzt sich aus Kassanotierungen aus Deutschland, Frankreich und den Niederlanden zusammen.


In unserem Beispiel sind, wie am Kassamarkt, die Kurse gesunken und der günstigere Rückkauf bringt Ihnen umgerechnet einen Gewinn von 5 ct pro kg. Das entspricht bei einer Menge von 100 000 kg Rohmilch 5 000 € Börsengewinn. Unterm Strich landen Sie somit wieder annähernd bei den angepeilten 30 ct/kg bzw. 30 000 € für die Gesamtmenge (vgl. Übersicht 2).


Allerdings: Wäre der Milchpreis bis April auf 35 ct/kg gestiegen, hätten Sie zwar einen höheren Erlös am Kassamarkt, doch am Terminmarkt wäre gleichzeitig ein Verlust von 5 ct/kg verbucht worden. Der müsste durch die zusätzlichen Einnahmen beim physischen Verkauf ausgeglichen werden. Das ist die Kehrseite der Medaille beim Hedging. Man fällt nicht in Preistäler, kann aber auch nicht an den Höhenflügen des Marktes teilnehmen. Dies sowie das schon angesprochene Basis-risiko, wenn die Börse und der Kassamarkt nicht zueinander passen, sollten Sie sich unbedingt vor Augen halten, bevor Sie ein Börsenabenteuer starten.


Nicht umsonst:

Außerdem ist der Gang an die Börse nicht gratis, Broker, Börse und Co. wollen schließlich auch verdienen.


Insgesamt belaufen sich die Kosten für einen sogenannten Roundturn zurzeit auf 35 € pro Kontrakt. Bei der Absicherung von z. B. 100 000 kg Milch fallen also 105 € für den Verkauf und Rückkauf von insgesamt 3 Kontrakten an. Das sind 0,105 ct/kg.


Überdies müssen Sie eine Sicherheitsleistung (Initial Margin) bar oder mittels Bankgarantie hinterlegen, die zum Handelsende wieder freigegeben wird. Das sind derzeit 1 800 € pro Butterkontrakt und 1 758 € pro Magermilchpulver-Kontrakt. In unserem Beispiel wäre also eine Initial Margin von 5 316 € fällig gewesen.


Das und die Tatsache, dass man zu den großen Erzeugern zählen muss – unter 100 000 kg Milch pro Monat macht Börsenhedging für einen Einzelbetrieb keinen Sinn – wird vermutlich viele Betriebsleiter vor dem Gang an die Börse zurückschrecken lassen. Sie sollten sich aber trotzdem mit dem Thema beschäftigen, schließlich wird der Milchpreis künftig immer mehr dem freien Spiel der Marktkräfte ausgesetzt. Außerdem könnte es durchaus sein, dass die eine oder andere Molkerei sich preislich direkt oder indirekt an den Terminbörsen orientiert. Gut, wenn man dann weiß, wie es funktioniert und dem Handels-partner beim Auszahlungspreis auf die Finger schauen kann.

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