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Agrarpolitik bei der Landtagswahl Maisernte Baywa in Insolvenzgefahr

topplus Serie Börse für Einsteiger

So nutzen Sie als Ackerbauer die Börsen

Lesezeit: 7 Minuten

Die Getreide- und Rapskurse sind böse eingebrochen. Wer sich davor schützen will, kommt an Terminbörsen nicht vorbei. Davon ist Stephanie Stöver, Kaack Terminhandel GmbH, überzeugt.


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Sie führen einen Marktfruchtbetrieb und fragen sich, mit welchen Erlösen Sie zur nächsten Ernte rechnen können? Dann haben Sie ein Problem: die lange Vegetationszeit. Je nach Frucht müssen Sie bis zu einem Dreivierteljahr mit den Kosten für ­Arbeit und Maschinen, Saatgut, Dünger sowie Pflanzenschutzmitteln in Vorleistung treten. Ob Sie diese Kosten später decken können oder eventuell noch etwas mehr erzielen, wissen Sie erst, wenn Ihnen die Abrechnung Ihres Händlers ins Haus flattert.


Wer das nicht will, für den gibt es Möglichkeiten, sich mittelfristig abzusichern. Eine Option sind die Terminbörsen. Bessere Preise gibt es an den Börsen nicht. Die Kurse der Pariser Matif und die realen Kassanotierungen verlaufen meist parallel. Die Schwankungen sind mittlerweile enorm (siehe Übersicht 1).


Ein teurer „Spaß“:

Von Februar 2010 bis Februar 2012 bewegten sich die Börsenkurse für Mühlenweizen zwischen 122 und 278 €/t. Gut und Böse trennten 156 €/t. Bei 1 000 t macht das 156 000 €. Auch im laufenden Jahr liegen Hoch und Tief beim Matif-Weizen weit auseinander: Im April 2014 wurden 38 €/t mehr für den November-Termin notiert als jetzt. Pro Kontrakt (50 t) ist das ein Erlös-Minus von 1 900 €. Raps hat seit März sogar 2 900 €/Kontrakt verloren.


Es gibt verschiedene Gründe für diese Schwankungen. Im Wesentlichen bestimmen Angebot und Nachfrage die Notierungen. Übersteigt das Angebot die Nachfrage, z. B. bei Rekordernten oder einer Ausdehnung der Anbauflächen, ist eher von schwachen Notierungen auszugehen. Dagegen gibt es bei Witterungsproblemen, politischen Unruhen oder regem Handel an den Exportmärkten eher Luft nach oben bei den Kursen. Wenn die Signale aber nicht eindeutig sind, also z. B. gute Ernten und politische Krisen, so wie derzeit, dann geht es auch schon mal in kurzer Zeit rauf und runter.


Großen Einfluss auf die Kursentwicklung hat das Agrarministerium der USA (USDA), das monatlich Analysen zu den weltweiten Märkten und zur Versorgungslage veröffentlicht. Und hier wird es schwierig: Etliche Börsenteilnehmer, z. B. finanzstarke Fonds, wetten im Prinzip vor der Veröffentlichung der USDA-Berichte auf die Vorhersagen zu Endbeständen, Produktion und Verbrauch. Werden andere Zahlen verkündet als erwartet, kommen die Börsenkurse in Bewegung. Und das färbt meistens auch auf den physischen Handel ab.


Unbedingt absichern!

Wie kann man sich vor unliebsamen Preisentwicklungen schützen? Zum einen durch Vorkontrakte mit dem traditionellen Handelspartner. Dabei wird normalerweise festgelegt, was wann in welcher Menge und zu welchem Preis ge- oder verkauft wird. Leider sind nicht alle Landhändler zu jeder Zeit des Jahres bereit, z. B. Erntekontrakte für Weizen, Mais, Raps und Co. abzuschließen. Zudem bleiben viele von Ihnen preislich meistens deutlich unter dem, was sich bei der Ableitung von den jeweiligen Börsenkursen ergeben würde (siehe Kasten, Seite 122).


Wer sich davon unabhängig machen will, muss selbst an der Börse aktiv werden. An der Warenterminbörse in Paris, der Matif, kann man z. B. Kontrakte für Weizen, Mais, Raps oder Braugerste handeln, und an der Frankurter Eurex könnten Sie Verarbeitungskartoffeln absichern. Wenn man als Verkäufer einer Ware, also als Ackerbauer, das Risiko fallender Erlöse einschränken möchte, muss man Kontrakte in der entsprechenden Liefermenge verkaufen, um sie dann, parallel zum Verkauf der Ware am Kassamarkt, zum Lieferzeitpunkt zurückzukaufen. Der Clou ist der richtige Zeitpunkt. Im Einzelnen läuft das wie folgt.


Ein Beispiel:

Landwirt Meier möchte im Mai den Preis für die Hälfte seiner Weizenernte absichern (Anm.: … oder Raps, Mais, Braugerste, Mais usw.).


  • Er braucht ein Börsenkonto. Hierfür wendet er sich an einen Broker und eröffnet über diesen ein Konto bei einer Clearingbank, z. B. der NordLB oder bei der Saxo-Bank. Dazu gehört auch die Zahlung einer Sicherheitsleistung (Initial Margin), die pro Kontrakt in Höhe von ca. 10 % des Kontraktwertes zu leisten sind. Aktuell wären das pro Weizenkontrakt an der Matif ca. 660 €.
  • Er ermittelt den Mindestpreis: Nach Erledigung der Formalitäten könnte Meier seinem Broker zwar schon den Auftrag geben, Weizenkontrakte an der Matif zum aktuellen Kurs des erntenahen Termins zu verkaufen. Das macht aber nur Sinn, wenn dieser Preis zu seiner Betriebskalkulation passt (s. Übersicht 2) – Verluste sichert man schließlich nicht ab. Wichtig ist, dass Meier bei seiner Kalkulation auch die sogenannte Basis beachtet, also die Differenz zwischen Terminmarkt- und Kassapreis (vgl. Kasten auf Seite 122).
  • Er muss die Menge festlegen: An der Matif werden Weizenkontrakte gehandelt, denen feste Spezifikationen zugrunde liegen (siehe Übersicht 4 auf Seite 122). Diese sollen eine möglichst enge Korrelation zum Kassapreis bzw. -markt gewährleisten. In den Spezifikationen wird auch festgelegt, welche Handelsmenge ein Kontrakt umfasst. An der Matif entspricht ein Kontrakt der Menge von 50 t. Landwirt Meier möchte den Preis für 500 t Weizen absichern. Er muss also zehn Kontrakte verkaufen. Verkaufen deshalb, weil er dann zum Liefermonat ein Gegengeschäft (Kauf) zu seinem Verkauf am Kassamarkt vornehmen kann. Momentan könnte er zwar nur knapp über 170 €/t absichern. In unserem Beispiel hat Meier aber im letzten Mai zehn Kontrakte zu Preisen von 200 €/t verkauft.


So sähe seine Rechnung aus: Er hatte bislang Ausgaben von 6 600 € (die Initial Margin für zehn Kontrakte). Weitere ca. 350 € entfallen auf die (meistens verhandelbaren) Gebühren für Clearing-Haus, Börse und Broker. Meier hat sich damit „seinen“ Preis abgesichert (siehe Übersicht 3). Es gibt übrigens oft auch die Möglichkeit, die Initial Margin als Bankgarantie der Hausbank zu hinterlegen. So steht der Betrag einem weiterhin zur Verfügung.


  • Dann muss Meier abwarten, wie sich der Preis entwickelt. Steigen die Kurse, macht er mit dem Termingeschäft einen Verlust – der Rückkauf wird nämlich teurer. Sinken die Kurse, macht er hingegen einen Gewinn, der seinem Börsenkonto gutgeschrieben wird. Dieses wird börsentäglich abgerechnet.
  • Zum Liefertermin des geernteten Weizens muss Meier auch seine Börsenposition glattstellen. Das heißt, er gibt seinem Broker den Auftrag, die Kontrakte zurückzukaufen. Gleichzeitig wickelt er das physische Geschäft ab, er verkauft in diesem Beispiel also seinen geernteten B-Weizen. Erst dann weiß Meier endgültig, ob seine Strategie richtig war. Auf jeden Fall hat er aber einen Preis abgesichert, der für ihn kostendeckend ist (vgl. Übersicht 3, Seite 121).
  • Meier kann sich sein Guthaben vom Clearinghaus auszahlen lassen, inklusive seiner Initial Margin. Oder er verkauft erneut Kontrakte, falls ihm die Preise für die nächste Ernte attraktiv erscheinen.


Börse indirekt nutzen:

Sie müssen übrigens die Börse nicht unbedingt direkt nutzen, um Preise abzusichern. Sie könnten dazu auch Ihren Landhändler in die Pflicht nehmen. Fakt ist: Die meisten Handelshäuser sichern sich mittlerweile im Rahmen ihres Risikomanagements über Kontraktkäufe die Einkaufspreise ab. Anders als bei Erzeugerbetrieben kommen hier fast regelmäßig die Mengen zusammen, für die sich eine Preisabsicherung lohnt.


Wenn Sie Ihre spezielle Basis kennen (vgl. Kasten unten), brauchen Sie eigentlich nur einen Blick auf die aktuellen Matif-Kurse zu werfen, um zu wissen, ob Ihr Händler Ihnen faire Preise bietet oder mal wieder mauert. Außerdem können Sie so auch schnell erkennen, ob es vielleicht Sinn macht, mit dem Handel mal wieder über Vorverträge zu sprechen. Aktuelle Börsen-Infos finden Sie z. B. auf den Internet-Marktseiten von top agrar unter www.topagrar.com/markt

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