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top agrar-ServiceAbrechnungs-Kontrolle - Händler drehen an vielen Schrauben

Lesezeit: 7 Minuten

Die kleinen Tricks und Abrechnungskniffe der Erfasser können schnell ein paar Hundert Euro kosten. Wir haben 180 Getreide- und Rapsabrechnungen für Sie auswerten lassen.


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Eines vorweg: Total falsch ab­gerechnete Getreide- oder Rapslieferungen haben wir beim diesjährigen top agrar-Abrechnungs-Check nicht gefunden. Drei Punkte sind uns aber in den eingeschickten Abrechnungen besonders häufig aufgefallen:


  • Überhöhte Trocknungskosten, sehr niedrige Basisfeuchten und zu hohe Schwundfaktoren;
  • zu geringe oder keine Vergütung für verwertbare Abzüge, Unterfeuchten oder bessere als die geforderten Quali­täten sowie
  • eine Reihe kreativer, teils auch dreister Methoden.


Unterm Strich kann Sie das viel Geld kosten. Weiterer Kritikpunkt ist oftmals die formale Gestaltung der Abrechnungen. „Um die Rechnung zu verstehen, braucht man ein Diplom“, ist dabei noch ein mildes Urteil eines Landwirtes. Insgesamt war die Überprüfung von rund 180 Einzellieferungen auf ungerechtfertigte Abzüge hin wirklich nicht immer ganz einfach. Mit welchen Tricks die Abnehmer den Auszahlungspreis für Ihr abgeliefertes Getreide häufig zu drücken versuchen, erläutern wir auf den folgenden Seiten.


Trocknung frisst Geld!

Keine Frage, 2014 war in vielen Teilen Deutschlands ein extremes Erntejahr. Verbreitet wurden Partien feucht gedroschen, um die Bestände überhaupt noch ernten zu können. Das rechtfertigt aber nicht, die Kosten für Trocknung um bis zu 75 % (!) über den regional üblichen Durchschnitt anzuheben. Dass es auch günstiger geht, zeigen einige Erfasser, die mit den berechneten Kosten deutlich unter dem Durchschnitt liegen.


Die reinen Trocknungskosten sind allerdings nicht das einzige Ärgernis in diesem Bereich. Auch die angesetzte Basisfeuchte und den Schwundfaktor nutzen die Erfasser für ihre „kleinen Sauereien“. Der Schwundfaktor soll den Masseverlust des Getreides durch die Trocknung berücksichtigen und beträgt für Brotgetreide nach neueren Erkenntnissen maximal 1,2. Trotzdem setzen Erfasser selbst bei leichter Überfeuchte noch den Faktor 1,3 oder 1,4 ein.


Die Basisfeuchte, also der Wert, bis zu dem Ware ohne Trocknung angenommen wird, liegt bei Getreide üblicherweise bei 15 % (Futtergetreide) oder 14,5 % (Brotgetreide). Nicht wenige Abnehmer setzen die Grenze aber teils um bis zu zwei Prozentpunkte niedriger an.


Ob sie die Ware tatsächlich soweit herunter trocknen, lässt sich nicht überprüfen. Tatsache ist: Hohe Schwundfaktoren und niedrige Basisfeuchten gehen ins Geld. Nur damit Sie ein Gefühl für die Effekte der vermeintlich kleinen Zahlen bekommen: Eine überprüfte Partie Mais glänzt auf den ersten Blick mit einem Schwundfaktor von günstigen 1,189. Der Vorteil schmilzt aber dahin, weil der Erfasser die Trockner solange laufen lässt, bis er nur noch 13 % (Basisfeuchte) misst. Die tatsächlichen Trocknungskosten liegen damit genauso hoch wie bei 1,35 % Schwund und einer Basisfeuchte von 15 %. Das zeigt: Je nach Partiegröße können die so „verschwundenen“ Getreidemengen leicht mehrere Dezitonnen ausmachen, die der Händler Ihnen nicht bezahlt. Und auch vermeintlich günstige Trocknungskosten, die z. B. um 30 % unter dem Durchschnitt liegen, kann der Käufer sich durch einen um 0,3 Punkte höheren Schwundfaktor locker wieder reinholen, weil er entsprechend weniger Getreide vergüten muss.


Kurioses Kontrollergebnis: Einem Abnehmer war sein Gebahren wohl selbst nicht ganz geheuer, sodass er folgende Abrechnung erstellte: Erst berechnete er dem Landwirt Trocknungsgebühren, die um die Hälfte über dem Schnitt lagen, um in der nächsten Zeile eine Gutschrift „Kulanz Trocknung“ auszuzahlen. Trotzdem liegen die Trocknungsgebühren aber immer noch um gut 20 % über dem Mittelwert.


Reibereien bei der Reinigung:

Besatz, Staub, Aspiration, Schmachtkorn usw. – für die Gewichtsabzüge wegen unerwünschter Bestandteile in der Partie gibt es zahlreiche Begriffe. Und genau das stiftet Verwirrung bei vielen Erzeugern, teils wegen der Fülle der Posten, teils wegen hoher Abzugsprozente. Dabei ist die Regelung eigentlich einfach und lässt wenig Spielraum:


  • Sauber gedroschenes Getreide enthält selten über 1 % Gesamtbesatz. Bis zu 2 % werden normalerweise abzugsfrei akzeptiert. In Veredlungsregionen ist man meist großzügiger, der Futterwert der Partie wird durch solchen Besatz nämlich nicht vermindert.
  • Unterschieden werden muss zwischen Schwarzbesatz wie Unkrautsamen, Erde oder Insekten (max. 2 % bei Brotgetreide) und Kornbesatz (Schmacht- und Fremdgetreide). Letzteres hat immer noch einen Futterwert und sollte entsprechend vergütet werden.


Was in den kontrollierten Abrechnungen steht, ist etwas anderes: Oftmals werden pauschal 2 % Besatz abgezogen. Vertretbar wären Abzüge mit einem Freibetrag von 1 % bei einem Besatz über 2 % und der Verzicht auf Abzüge unter 2 %. In einer betroffenen Abrechnung fehlten so gut 700 kg, die der Abnehmer nicht bezahlte.


Ein anderer Aufreger: Wenn neben 3,5 % „Abfall“ noch zusätzlich 2 % Besatz abgezogen werden, müsste die abgerechnete Partie insgesamt 5,5 % Besatz gehabt haben. Weil wir bei der Ernte nicht dabei waren, können wir nur empfehlen, die hoffentlich gezogene Rückstellprobe von neutraler Stelle untersuchen zu lassen und das Ergebnis dem Erfasser mitzuteilen.


Trocknung und Reinigung sind regelmäßig wiederkehrende Streitpunkte. In vielen Abrechnungen finden sich außerdem kreative Abzugsposten, die regelmäßig für Ärger bei den Erzeugern sorgen. Beispiele sind Kosten für:


  • Musterziehung
  • Staubentsorgung
  • Abzug für Qualitätssicherung


Diese Posten werden nur in bestimmten Regionen erhoben und haben bei genauer Betrachtung eigentlich überhaupt keine Berechtigung.


Weniger Fehler beim Raps:

Die Ölmühlenbedingungen, zu denen Raps seit Langem bundesweit auf freiwilliger Basis erfasst und abgerechnet wird, schaffen bei der Ölsaat deutlich mehr Transparenz. In ihnen sind Qualitäten sowie Zu- und Abschläge definiert:


  • 40 % Ölgehalt, Zuschläge für höhere Werte im Verhältnis 1,5 zu 1.
  • 2 % Besatz, Zuschläge für sauberere Partien, Preisabschlag bis 4 % Besatz, Reinigungskosten ab 4 %.
  • 9 % Feuchte, 0,5 % Preiszuschlag je Prozentpunkt Unterfeuchte bis 6 %.


Dieser Rahmen reicht, dass die Abrechnungen für Raps deutlich übersichtlicher sind als die für Getreide.


Ganz ohne Kritik kommen aber auch die Ölsaatenerfasser nicht davon: Viele tun sich offenbar schwer, die Besatz­regelung für Raps zu akzeptieren, zumal für besonders saubere Ware ja auch noch Aufgelder zu zahlen sind. In mehreren Abrechnungen verzichteten die Abnehmer darauf oder berechneten Reinigungskosten für verarbeitungs­fähige Ware. Hier könnte kritisches Nachfragen lohnen.


„Premalting“ bei Braugerste?

Spe­zialisten in ihrem Gebiet sind nicht nur die Anbauer von Braugerste, sondern offenbar auch die Erfasser des Bier­rohstoffs. Herbe Abzüge für die Überschreitung des erlaubten Proteingehalts um 0,1 Prozentpunkte haben wir auch bei früheren Überprüfungen gefunden und moniert. Neu ist ein Abzug für sogenanntes „Premalting“. Dahinter verbirgt sich Spelzenriss, der bei ertragsstarken Sorten in einzelnen Jahren wetterbedingt auftreten kann. Bislang gibt es noch keine festen Test-Richtlinien, und die Erfasser lassen die Körner per Augentest im Labor auszählen.


Offizielle Begründung: Premalting falle unter die im Kontrakt verwendete Qualitätsanforderung „gesund und handelsüblich“, zudem wolle man nicht auf von Mälzern gestoßenen Partien sitzenbleiben, heißt es zur Begründung von einem großen süddeutschen Handelshaus. Daher behielt der Erfasser vorbeugend 50 €/t vom Erlös solange ein, bis das Analyse­ergebnis vorlag! Die (viel) spätere Nachzahlung erfolgte dann auch noch ohne Verzinsung. Den Fall können Sie übrigens auf www.topagrar.com in der Rubrik Heft+ nachlesen.


Einem anderen Braugerstenerzeuger wurde ebenfalls Spelzenriss in seiner Gerste bescheinigt – den Anteil betroffener Körner (gut 5 %) zog derselbe Erfasser prozentual vom vereinbarten Preis ab. Dabei dürfte ein Riss in der Spelze zumindest den Futterwert der Gerste kaum beeinträchtigen. Die Krönung: Der Händler bescheinigte dem betroffenen Landwirt nicht anhand der Originalpartie, sondern mittels einer Stichprobe aus seinem Sammelsilo das Premalting! Der oft beschworene Umgang zwischen Handel und Landwirt auf Augenhöhe sieht sicherlich anders aus!Christian Brüggemann

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