Einloggen / Registrieren

Startseite

Schlagzeilen
Meinung & Debatte
Newsletter
Messen & Termine
Themen
Wir für Euch
Heftarchiv
Sonstiges

Agrarpolitik bei der Landtagswahl Maisernte Baywa in Insolvenzgefahr

Aus dem Heft

Was die neuen Brüsseler Beschlüsse bedeuten

Lesezeit: 11 Minuten

I m Juni 2001 haben die EU-Agrar-minister die Weichen für den Rindfleisch-markt neu gestellt: Die Plafonds (maximale Zahl der Prä-mien für männliche Rinder) der Mitglied-staaten werden für 2002 und 2003 auf dem durchschnittlichen Prämienvolumen der Jahre 1997 bis 99 eingefroren. Der Besatzdichtefaktor für die Sonder-und Mutterkuhprämien wird ab dem kommenden Jahr in zwei Stufen gesenkt. Künftig muss eine bestimmte Zahl der Tiere, für die Mutterkuhprämien bean-tragt werden, Färsen sein. Die Möglichkeit der Neuzuteilung von Mutterkuhprämien aus der nationalen Reserve wird 2002 und 2003 ausgesetzt. Senkung der GVE-Grenzen kann bis 137 DM/ha kosten Außerdem haben sich die Minister da-rauf verständigt, dass es in allen Mitglied-staaten zwar grundsätzlich nur Prämien für maximal 90 Tiere pro Betrieb geben soll. Die Länder können aber weiterhin unter bestimmten Voraussetzungen von dieser so genannten 90-Tier-Grenze ab-weichen oder sie aufheben. Es hätte schlimmer kommen kön-nen, so oder so ähnlich kommentieren momentan Kenner der politischen Szene die jüngsten Beschlüsse zur Rindfleisch-marktordnung. Denn schließlich sei zu-nächst beabsichtigt gewesen, einzelbe-triebliche Prämienplafonds festzuschrei-ben. Und das hätte jedes betriebliche Wachstum im Keim erstickt. Tatsache ist aber: Rinderhalter müssen durch die geänderte Marktordnung mit Prämieneinbußen rechnen. Bullenmäster sollten sich z. B. nicht davon blenden las-sen, dass die Sonderprämie pro Tier zum nächsten Jahr nochmals steigt (von 362 DM auf 411 DM; letzte Stufe der Agenda 2000). Einen Teil davon werden sie da-durch verlieren, dass ab 2002 nur noch 1,9 GVE pro ha nachgewiesener Futterfläche prämienberechtigt sind und ab 2003 nur noch 1,8 GVE/ha. Noch gilt eine Grenze von 2 GVE/ha. Das sind knapp über 3,3 Bullen/ha 6 bis 24 Monate alte Bullen werden mit 0,6 GVE bewertet, ab 24 Monaten und einem Tag als eine GVE. Wäre es bei 2 GVE/ha geblieben, hätten Bullenmäster umge-rechnet auf einen Hektar ab 2002 mit rund 1 370 DM Sonderprämien rechnen kön-nen (ohne Schlachtprämien und Ergän-zungsbeträge), jetzt nur noch mit: 1 300 DM/ha im Jahr 2002 und 1 233 DM/ha ab 2003. Rinderhalter verlieren bis 2003 somit rechnerisch 137 DM pro ha. Bei künftig drei prämienberechtigten Bullen pro ha gehen ihnen fast 46 DM/Tier verloren. Das trifft Betriebe mit voller Härte, die keine weiteren Futterflächen (Mais, Ge-treide, Grünland) ausweisen können. Hierzu dürften etliche Intensivmäster zählen, aber auch viele kleinere und mitt-lere Milchviehhalter im Süden Deutsch-lands, die sich mit der Mast eigener Bul-lenkälber in den vergangenen Jahren ein zusätzliches Standbein aufgebaut haben. Für flächenstarke Rinderhalter scheint die Senkung der GVE-Grenzen auf den ersten Blick weniger einschneidende Fol-gen zu haben. Denn sie müssten lediglich ihren Futterflächenanteil bis 2003 um ins-gesamt zehn Prozent erhöhen, um ein Mi-nus bei den Tierprämien zu verhindern. Ungeschoren kommen sie aber auch nicht davon. Falls Landwirte kein weiteres Grün-land als Futterfläche deklarieren können, müssen sie auf Getreide- oder Maisprä-mien verzichten. Die flächenbezogenen Ausgleichszahlungen bewegen sich je nach Region ab 2001/02 zwischen 540 und 927 DM/ha. Ein zehnprozentiger Verlust durch höheren Futterflächennachweis be-deutet pro ha ein Minus von 54 bis 93 DM. Bezogen auf drei prämienfähige Bullen führt das zu Einbußen von 18 bis 31 DM pro Tier. Unser Rat: Sie sollten trotz der sinken-den GVE-Höchstgrenzen weiterhin auf die Sonderprämien setzen. Diese sind be-zogen auf den Hektar eineinhalb- bis zweimal so hoch wie die Flächenprämien für Getreide und Mais. Eventuell haben Sie ja auch die Chance, Grünland günstig zu pachten. Dadurch könnten Sie die Bul-lenprämien erhöhen, ohne auf die Flä-chenprämien zu verzichten. Je mehr Grünland ein Bullenmäster angeben kann, desto eher lohnt es sich grundsätzlich, auf die Sonderprämie mit Futterflächennachweis zu setzen. Dabei gilt: Für Mais- und Getreideflächen, die als Hauptfutterflächen (HFF) deklariert werden, gibt es keine Flächenprämien. Diese Flächen werden aber auch bei der obligatorischen Stilllegung (zehn Prozent) nicht berücksichtig. Kleinerzeugerstatus wird etwas interessanter Viele mittlere und kleinere Betriebe werden weiterhin die Kleinerzeugerrege-lung wählen. Unabhängig von der tat-sächlichen Erzeugung sind dabei maximal 25 Bullen (15 GVE) prämienfähig. Dafür brauchen keine HFF nachgewiesen zu werden. Es können somit Getreide- oder Maisprämien für diese Flächen beantragt werden. Diese sind jedoch anteilig stillzu-legen. Es sei denn, auch bei den Flächen wird die Kleinerzeugerregelung gewählt. Die Entscheidung für oder gegen eine Kleinerzeugerregelung müssen Landwirte zwar erst wieder im nächsten Frühjahr treffen, wenn sie ihre Anträge auf Flä-chenbeihilfe ausfüllen. Doch schon jetzt lassen sich für einzelne Regionen Aussa-gen darüber treffen, wie sich die niedrige-ren GVE-Grenzen in den nächsten Jahren auf die Prämienoptimierung auswirken. Tatsache ist: Bis vor Kurzem rieten Fachleute, Rinderhalter sollten sich wegen steigender Tierprämien eher von der Kleinerzeugerregelung verabschie-den. Jetzt dreht sich das Blatt, wie wir an zwei Beispielen verdeutlichen wollen. Da-bei gilt unter der Annahme, dass pro Prä-mienbulle 0,17 ha Mais und 0,01 ha Grün-land nachgewiesen werden und die rest-lichen notwendigen HFF Getreide sind, Folgendes: Für bayerische Bullenmäster dürfte die flächenabhängige Sonderprämie 2002 ab etwa 60 Bullen pro Jahr interessant sein (vgl. Übersicht 1). 2003 verschiebt sich die Grenze auf knapp 65 Bullen. Bei voller Optimierung auf die hohen bayerischen Maisprämien (927 DM/ha) im Vergleich zum Getreide (681 DM/ha) würde es sich zwar sogar lohnen, bis über 80 Bullen auf die Kleinerzeugerregelung zu setzen. Das gilt aber nur, wenn der Mais, der nicht für die eigenen Tiere gebraucht wird, lukrativ verkauft werden kann. In Nordrhein-Westfalen (vgl. Über-sicht 2) werden niedrigere Flächenprä-mien (716 DM/ha) gezahlt als in Bayern. Es gibt keine Unterschiede zwischen Ge-treide und Mais. Der Wechsel von der Kleinerzeugerregelung zur Bullenprämie mit Futterflächennachweis rechnet sich 2002 ab 51 Prämienbullen, 2003 ab etwa 55 Tieren. Diese Angaben sind jedoch nur An-haltswerte. Je nach Region und abhängig von den einzelbetrieblichen Gegebenhei-ten (Grünlandausstattung etc.) kann der beste Punkt für den Wechsel zur Sonder-prämie mit Futterflächennachweis höher oder niedriger sein. Verschiebungen könnten sich überdies ergeben, falls die Rinderprämien wider Erwarten 2003 doch noch nicht von der Modulation betroffen wären. (Näheres zu diesem Thema lesen Sie ab Seite 32 in dieser Ausgabe). Es bleibt ohnehin dabei: Je besser Bul-lenmäster ihre Tierprämien optimieren, desto geringer sind die finanziellen Ein-bußen durch die sinkenden GVE-Gren-zen. Wer das durch zusätzliches Getreide oder Mais als Futterfläche ausgleichen kann, verliert bis 2003 umgerechnet pro Bulle je nach Region 1,5 bis 7,5 % der Prä-mie, wer keine weiteren Futterflächen hat sogar zehn Prozent. Deutscher Prämienplafond ab 2002 um 14 % gesenkt Zumindest in den nächsten beiden Jah-ren drohen überdies weitere Einbußen. Denn die EU hat die Prämienansprüche (Plafonds) der einzelnen Mitgliedstaaten für 2002 und 2003 auf dem jeweils ausge-nutzten Sonderprämien-Volumen der Jahre 1997 bis 1999 eingefroren. Bei Überschreitung werden die Prämien pro Tier linear gekürzt. Deutschland verfügt künftig über ei-nen Plafond von 1,536 Mio. Sonderprä-mien. Das entspricht einem Minus von rund 14 % gegenüber den bisherigen An-sprüchen. Der Grund für die vergleichs-weise starke Senkung Frankreich muss z. B. nur ein Minus von etwa 1,3 % hin-nehmen: In den Bezugsjahren 1997 bis 99 wurden in Deutschland weniger Tierprä-mien beantragt als jetzt. Bis 1999 haben viele Rinderhalter bei uns auf die Kleinerzeugerregelung gesetzt (maximal 25 Prämienbullen, ohne Futterflächen-nachweis), denn damals war der Unter-schied zwischen erzielbaren Tierprä-mien/ ha und Flächenprämien kleiner als nach der Umsetzung der Agenda 2000. Jetzt wendet sich das Blatt zwar wieder etwas zu Gunsten der Kleinerzeugerrege-lung. Fachleute bezweifeln aber trotzdem, dass der deutsche Sonderprämien-Pla-fond in den nächsten beiden Jahren aus-reichen wird. Denn für die Zeit von Janu-ar bis Dezember 2000 sollen Anträge für über 1,6 Mio. männliche Rinder gestellt worden sein. Hinzu kommen 500 000 bis 700 000 Tiere, die wegen der BSE-Krise erst im Januar und Februar 2001 ge-schlachtet, aber für das Prämienjahr 2000 nachgemeldet worden sind. Die endgültigen Prämienangaben der einzelnen Länderministerien liegen zwar noch nicht vor, insgesamt dürfte sich das 2000er Antragsvolumen jedoch zwischen 1,65 und 1,7 Mio. Sonderprämien be-wegen. Sollte es in den kommenden Jah-ren dabei bleiben und würde sich die Ab-lehnungsquote wieder bei etwa vier bis sechs Prozent einpendeln dazu müssten jedoch die Probleme mit der HIT-Daten-bank endlich gelöst werden (vgl. Kasten oben) wäre der Plafond kaum einzuhal-ten. Das wird ganz knapp, befürchtet Ge-org Stark von der LBA, München. Einen kurzfristigen Rückgang der Bullenzahlen hält er schon allein wegen des reichlichen Kälberangebotes für unwahrscheinlich. Denn schließlich gebe es keine EU-Maß-nahmen, z. B. Herodes- oder Frühver-marktungsprämien, um Kälber vom Markt zu nehmen. Stark hält Plafond-Überschreitungen von zwei bis vier Pro-zent durchaus für denkbar. Dann müssten die Tierprämien um den gleichen Satz ge-senkt werden. Andere Experten warnen ebenfalls da-vor, die gesenkten Prämienansprüche auf die leichte Schulter zu nehmen. Zurzeit heißt es in Brüssel zwar, ab 2004 würden wieder die alten Plafonds gelten. Das wä-ren für Deutschland knapp 1,8 Mio. Sonderprämienansprüche. Doch sicher ist das nicht. Im kommenden Jahr soll die Halbzeitbilanz der Agenda 2000 durchge-führt werden. Dann könnten Länder wie Frankreich, die jetzt kaum Einbußen hin-nehmen mussten, durchaus darauf drän-gen, es bei den gesenkten Plafonds zu las-sen. So könnte man schließlich lästige Mit-bewerber am Rindfleischmarkt weiterhin auf Distanz halten. Kommt die 90-Tier-Grenze, oder kommt sie nicht? Großes Rätselraten herrscht in Fach-kreisen derzeit auch über die so genannte 90-Tier-Grenze pro Betrieb. Wird sie in Deutschland ab 2002 wieder angewendet, oder bleibt Renate Künast bei ihrer An-kündigung, diese Grenze nicht wieder ein-führen zu wollen? Sie hatte das zwar ur-sprünglich besonders aus Rücksicht auf die großen Betriebe im Osten gesagt. Aber auch im Westen würden etliche spe-zialisierte Bullenmäster von einer 90-Tier-Grenze getroffen. Allein in Bayern, West-falen und Niedersachsen müssten schät-zungsweise jeweils 700 Betriebe mit emp-findlichen Prämieneinbußen rechnen. Tatsache ist: Grundsätzlich schreibt Brüssel diese Prämienhöchstgrenze künf-tig vor. Die Mitgliedstaaten können sie allerdings, so Agrarkommissar Franz Fischler, aufgrund objektiver Kriterien, die Bestandteil ihrer Politik zur Entwick-lung des ländlichen Raumes sind, oder aufgrund von umwelt- oder beschäfti-gungspolitischen Erwägungen ändern oder aufheben. Klartext: Berlin müsste der EU eine stichhaltige Begründung lie-fern, um die 90-Tier-Grenze in Deutsch-land aufzuheben. Das sollte schnell geschehen. Hiesige Rinderhalter brauchen endlich Planungs-sicherheit, ob die Prämien z. B. an den Ar-beitskräftebesatz gekoppelt werden, an die Gesamttierzahl etc. Aus dem Bundes-ministerium für Verbraucherschutz, Er-nährung und Landwirtschaft war dazu bis-lang wenig zu erfahren. Man arbeite ge-meinsam mit den Länderministerien an einer Lösung, hieß es zuletzt. Aber wann mit verlässlichen Verordnungen zu rech-nen sei, könne man noch nicht sagen. Die Bundesregierung, vor allem Minis-terin Künast, wäre gut beraten, eine ent-sprechende Begründung eng mit land-wirtschaftlichen Praktikern und Experten abzustimmen. Nur so lassen sich drohen-de Wettbewerbsverzerrungen ausschlie-ßen, z. B. zwischen großen, flächenstarken Ost- und kleineren bzw. mittleren, eher flächenarmen Westbetrieben. Hinzu kommt, dass Brüssel auf plausi-blen Begründungen und nachprüfbaren Kriterien für eine Abweichung von der 90-Tier-Grenze besteht. Andernfalls, so Fischler, werde die EU Prämiengelder zu-rückfordern. Und das wäre für Rinderhal-ter fatal, denn zumindest indirekt müssten sie diese eventuelle Zeche zahlen. Kommen Mutterkuhhalter mit blauem Auge davon? Der durchschnittliche Mutterkuhbe-stand liegt in Deutschland bei nur 12 Tie-ren pro Betrieb; erst ab 14 Prämientieren sind künftig mindestens 15 % Färsen vor-geschrieben (maximal 40 %), bei kleine-ren Herden mindestens 5 %. Es wäre aber falsch, anzunehmen, Mutterkuhhalter kä-men bei den Änderungen der Rind-fleischmarktordnung ungeschoren davon. Der zusätzliche Futterflächennachweis dürfte zwar in der Tat kein Problem sein, da sehr extensiv produziert wird. Im Os-ten gibt es jedoch etliche Betriebe mit gro-ßen Herden. Diese Landwirte machen sich durchaus Gedanken, über die Folgen einer eventuellen 90-Tier-Grenze und den vorgeschriebenen Färsenanteil. Hinzu kommt, dass etliche Halter darauf speku-liert haben, Prämienrechte aus der natio-nalen Reserve für eigenes betriebliches Wachstum einplanen zu können. Das ist jedoch 2002 und 2003 nicht möglich. Und wie es danach weitergeht, hängt auch von der Agenda-Halbzeitbilanz ab. Jörg Mennerich

Die Redaktion empfiehlt

top + In wenigen Minuten wissen, was wirklich zählt

Zugang zu allen digitalen Inhalten, aktuelle Nachrichten, Preis- und Marktdaten | 1 Jahr für 1̶2̶9̶,̶6̶0̶ ̶€̶ 99 €

Wie zufrieden sind Sie mit topagrar.com?

Was können wir noch verbessern?

Weitere Informationen zur Verarbeitung Ihrer Daten finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.

Vielen Dank für Ihr Feedback!

Wir arbeiten stetig daran, Ihre Erfahrung mit topagrar.com zu verbessern. Dazu ist Ihre Meinung für uns unverzichtbar.