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Wie viel Hähnchen verträgt unser Markt?

Lesezeit: 5 Minuten

Hähnchenmäster haben in Deutschland in den letzten Jahren Gas gegeben. Der Selbstversorgungsgrad liegt fast bei 100 %. Geht die Erfolgsstory weiter? Hans-Wilhelm Windhorst ist zuversichtlich.


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Der Boom scheint ungebrochen! In den ersten fünf Monaten des laufenden Jahres haben deutsche Geflügelbetriebe gut 6 % mehr Hähnchenfleisch erzeugt als im Vorjahreszeitraum. Auch in den zehn Jahren zuvor ging es mit der Nettoerzeugung in Deutschland eigentlich immer aufwärts (siehe Übersicht 1). 2013 produzierten deutsche Hähnchenmäster 915 000 t Fleisch und damit 362 000 t mehr als zehn Jahre zuvor. Die Produktion stieg in diesem Zeitraum um über 65 %. Mit dem Verbrauch ging es hingegen im selben Zeitraum deutlich langsamer voran und zwar um 184 000 t bzw. rund 24 %. Die Branche hat eine Selbstversorgung von 100 % fast erreicht. Was bedeutet das, und wie geht es weiter?


Prognose bis 2020:

Würde die Branche in diesem Tempo weiterwachsen, müsste Deutschland im Jahre 2020 bereits 1,37 Mio. t Hähnchenfleisch absetzen – also noch mal 50 % mehr als heute. Zwar wächst der Pro-Kopf-Verbrauch des Bundesbürgers derzeit noch jährlich um 250 g. Aber voraussichtlich nimmt die Bevölkerung bis 2020 auf 78,8 Mio. ab, schätzen Experten. Unterm Strich müsste Deutschland unter diesen Voraussetzungen rund 30 % der Ware exportieren. Das hätte sicherlich Marktverwerfungen zur Folge.


Es ist allerdings höchst unwahrscheinlich, dass die Hähnchen-Branche ungebremst weiterwächst. Angesichts der Widerstände in der Bevölkerung und der zuletzt sehr restriktiven Genehmigungspraxis der Behörden dürfte es schwer werden, die dafür notwendigen Stallanlagen zu errichten. Alternativ werden die Geflügelfleischunternehmen wohl die Mastendgewichte weiter erhöhen. In den Jahren von 2010 bis 2014 stieg das durchschnittliche Schlacht­gewicht eines Broilers immerhin von 1,36 kg auf 1,52 kg. Aber auch hier sind den Betrieben enge Grenzen gesetzt, denn der Besatz pro Quadratmeter Stallfläche darf die 39 kg-Marke nicht überschreiten.


Gebremstes Wachstum.

Eine jähr­liche Steigerung der Erzeugung von nur 2 % ist deshalb realistischer. Bis 2020 würde sich so eine Nettoerzeugung von 1,05 Mio. t ergeben, was in etwa auch dem Verbrauch von 1,06 Mio. t ent­spräche. Es bliebe eine kleine Lücke, die sich natürlich vergrößern würde, wenn es gelingt, den Verbrauch deutlicher als um die bisherigen 250 g pro Jahr zu steigern.


Ob das gelingt, ist allerdings nicht sicher. Ein Problem: Die Zahl der Konsumenten, die Fleisch als Nahrungsmittel grundsätzlich ablehnen oder zumindest dessen Verzehr deutlich einschränken, wächst – insbesondere in den jüngeren Bevölkerungsschichten. Laut einer Umfrage der Verbraucherzentrale aus dem laufenden Jahr ernähren sich zwölf Prozent der 16- bis 29-Jährigen überwiegend vegetarisch. Bei den über 50-Jährigen sind es mit gerade mal 2 % deutlich weniger (siehe Übersicht 2).


Wer in Ställe investiert, plant nicht nur für die nächsten sechs Jahre, sondern eher für die nächsten 15 bis 20 Jahre. Wie sieht also die Bilanz aus heutiger Sicht im Jahr 2030 aus?


Experten schätzen, dass sich der Bevölkerungsschwund fortsetzt und 2030 nur noch 76,5 Mio. Menschen in Deutschland leben. Gleichzeitig dürfte auch der Pro-Kopf-Verbrauch nur noch um etwa 150 g pro Jahr steigen, sodass bis 2030 ein Wert von 15 kg Hähnchenfleisch erreicht würde. Nimmt man darüber hinaus an, dass sich die Erzeugung zwischen 2020 und 2030 nur noch jährlich um 1 % steigern lässt, ergebe sich für die Nettoerzeugung ein Volumen von etwa 1,16 Mio. t. Bei einem Verbrauch von rund 1,15 Mio. t bliebe ein Überschuss von 10 000 t pro Jahr.


Diese Menge dürfte sich trotz der zunehmenden Konkurrenz aus den USA, Brasilien und einer Reihe aufstrebender Schwellenländer auf dem Weltmarkt zu kostendeckenden Preisen absetzen lassen. Dafür spricht auch, dass in vielen Ländern die Nachfrage nach hochwertigen tierischen Produkten steigt und neue Absatzwege für höher veredelte Verarbeitungsprodukte entstehen.


Risiko Freihandel:

Die Perspektiven für die Branche sind unter diesen Annahmen deshalb gar nicht schlecht. Der Preis für Hähnchenfleisch dürfte stabil bleiben oder sogar steigen. Es bleiben allerdings Risiken. Ein wichtiger Einflussfaktor ist beispielsweise das Ergebnis der bilateralen Verhandlungen zwischen der EU und den USA (siehe auch Interview mit EU-Handelskommissar Karel de Gucht ab Seite 50). Sollte der Vertrag die Einfuhr von Hähnchen erlauben, die in den USA mit Chlor desinfiziert wurden, hätte das drastische Folgen für den Geflügelmarkt in der EU. Die uneingeschränkte Einfuhr von US-amerikanischem Hähnchenfleisch würde zu einem massiven Preiseinbruch führen, denn klar ist: Es ist nicht möglich, deutsches Hähnchenfleisch zu vergleichbaren Kosten zu produzieren.


Wie das ausgeht, ist derzeit völlig offen. Denn die Diskussion hierzu hat gerade erst begonnen und wird sehr kontrovers geführt. Nüchtern betrachtet, geht von diesen Hähnchen kein gesundheitliches Risiko aus, denn ansonsten hätte die Food and Drug Administration der USA (FDA) keine Zulassung erteilt. Eine Versachlichung der Auseinandersetzungen ist hier ebenso wünschenswert wie bei der Frage, ob in der EU Schaleneier, die zum Verzehr gedacht sind, gewaschen werden dürfen.

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