Am Getreidemarkt kehrt weihnachtliche Ruhe ein. Diese wird aber wohl nicht lange dauern. Optimisten rechnen 2017 mit spürbar zunehmenden Exporten und festeren Preisen.
Normalerweise tut sich bei uns an den Märkten für Brot- und Futtergetreide „zwischen den Jahren“ nicht sehr viel. Das dürfte auch jetzt so sein. Futtermischer haben sich bereits in den letzten Wochen genügend „Rohstoff“ gesichert. Die Mühlen sind nach eigenem Bekunden vorerst ebenfalls gut versorgt. Und vom Exporthandel gehen derzeit auch keine Impulse aus. „Es werden zumeist Altkontrakte abgewickelt, für die das passende Getreide längst in den Büchern steht“, bestätigt ein Branchenkenner.
Es liegt auf der Hand, dass die Preise in solchen Phasen auf der Stelle treten. Das gilt auch für die Offerten der heimischen Ersterfasser auf der Erzeugerstufe. Nach dem Jahreswechsel könnte es mit der saisonalen Ruhe allerdings schnell wieder vorbei sein.
Große Ernten sind eingepreist:
Es gibt zwar nichts daran zu rütteln, dass 2016/17 in vielen Ländern der Welt neue Rekordernten eingefahren wurden. Der Internationale Getreiderat (IGC) beziffert die Gesamternte (ohne Reis) jetzt auf 2,084 Mrd. t (80 Mio. t mehr als 2015/16), davon z.B.:- 749 Mio. t Weizen (+ 12 Mio. t),
- 1,042 Mrd. t Mais (+ 71 Mio. t) und
- 145 Mio. t Gerste (- 1 Mio. t).
Diese Mengen sind allerdings längst eingepreist. Deshalb führen die immer höheren Angebotsschätzungen des IGC und anderer Organisationen (USDA, FAO usw.) mittlerweile kaum noch zu nennenswerten Preisbewegungen bei Brot- und Futtergetreide. Dagegen kommen neue Absatzimpulse immer stärker zum Tragen. Wenn ein schwacher Dollar die Exportfähigkeit der USA verbessert, ziehen die CBoT-Kurse an. Sobald der Euro schwächelt, wittern dagegen die europäischen Exporteure Morgenluft, und die Pariser Matif notiert festere Kurse für das entsprechende Getreide. Und nicht nur Optimisten sehen gute Chancen, dass der EU-Getreideexport nach dem Jahreswechsel noch besser in Fahrt kommt.
„Bislang haben wir mittleren bis guten Weizen ausgeführt“, berichtet ein norddeutscher Makler. Künftig rechnet er aber auch mit vermehrten Verladungen von Spitzenweizen sowie von Gerste, die bisher in der Saison 2016/17 aus Exportsicht nicht gerade „der Renner“ gewesen sei. Absatzpotenzial ist z.B. in Nordafrika sowie im Nahen und Mittleren Osten in der Tat vorhanden. Einige Kontrakte sollen norddeutsche Exporteure auch abgeschlossen haben. „Wenn die fast übermächtigen Russen sowie die drängenden Ukrainer ausverkauft sind oder wegen winterlichem Wetter nicht mehr liefern können, kommen wir besser zum Zuge“ gibt sich ein Großhändler optimistisch.
Nicht ob, sondern wann:
Geben Sie sich als Landwirt keine falschen Hoffnungen hin. Es ist sehr unwahrscheinlich, dass die Preise für Weizen, Gerste und Co. im weiteren Verlauf kräftig anziehen werden, schon gar nicht durchgehend. Falls Ihr Abnehmer attraktive Gebote herausstellt, sollten Sie also unbedingt Nägel mit Köpfen machen.Sie sollten sich aber auch nicht von negativer Meinungsmache verunsichern lassen. Kein Futtermischer, keine Mühle und kein Exporteur hat schon genug Getreide in den Büchern bzw. im Lager, um bis zum Saisonende über die Runden zu kommen. Meinungsmacher „vergessen“, dass die internationale Nachfrage nach Getreide ebenfalls kräftig zulegt. Das gilt auch für die industrielle Verwertung (vgl. Übersicht links), also z. B. als Rohstoff für Ethanol- oder Stärke. Das entlastet den Markt.
Jörg Mennerich