Einloggen / Registrieren

Startseite

Schlagzeilen
Meinung & Debatte
Newsletter
Messen & Termine
Themen
Wir für Euch
Heftarchiv
Sonstiges

Eurotier 2024 Seelische Gesundheit Wolf

Aus dem Heft

Zum Ersten, zum Zweiten, … verkauft!

Lesezeit: 7 Minuten

Viehauktionen sind von gestern. Von wegen! Etliche Mutterkuhhalter schwören auf diese Form der Absetzer-Vermarktung. Hier bekommen sie einen garantiert fairen Preis. top agrar hat die Auktion in Krefeld besucht.


Das Wichtigste aus Agrarwirtschaft und -politik montags und donnerstags per Mail!

Mit Eintragung zum Newsletter stimme ich der Nutzung meiner E-Mail-Adresse im Rahmen des gewählten Newsletters und zugehörigen Angeboten gemäß der AGBs und den Datenschutzhinweisen zu.

Zerschlagende Scheiben und bröckelnder Putz: Die Gebäude auf dem Gelände der Rinder Union West (RUW) in Krefeld lassen nicht erahnen, dass hier der bundesweite Preis für Absetzerkälber maßgeblich mitbestimmt wird. Achtmal im Jahr mietet der Fleischrinder-Herdbuch-Bonn e.V. (FHB) die Gebäude an, um hier die Tiere seiner Mitglieder zu versteigern. Interessant, unterhaltsam und für Mutterkuhhalter wohl der beste Platz, das nötige Handwerkszeug für die eigene Vermarktung zu lernen.


Herbstauktion in Krefeld.

Mitte September sind es rund 600 Absetzer, die unter den Hammer kommen. Die Limousin-, Chairolais-, Fleckvieh- und Kreuzungstiere stehen in den alten Gemäuern schon seit dem Vortag. „Eine erfolgreiche Auktion muss ordentlich vorbereitet sein“, sagt Dr. Josef Dissen. Er ist Geschäftsführer des FHB und verantwortet seit 1995 die Auktionen. Für ihn beginnt die Arbeit lange bevor der Hammer zum ersten mal fällt.


Die FHB-Mitglieder haben ihre Tiere bereits ein bis zwei Wochen vor der Versteigerung angemeldet. Am Vortag der Auktion werden sie dann angeliefert. Das FHB-Team wiegt jedes Tier und erfasst alle Daten, die für einen Käufer interessant sein könnten:


  • Name des Verkäufers
  • Daten zum Betrieb: bio oder konventionell; QS oder nicht QS
  • Lebendgewicht, Alter und Rasse
  • Gesundheitsstatus: entwurmt und Grippe geimpft oder nicht


Alle Informationen werden anschließend in den Auktionskatalog übertragen, der vor der Versteigerung verteilt wird. Er ist das wichtigste Werkzeug für die Käufer und muss so früh wie möglich verteilt werden. Denn schon zwei Stunden vor der Auktion, die um 10.00 Uhr beginnt, herrscht reges Treiben in den Ställen. Händler und Mäster gehen durch die Ställe und mustern das heutige Absetzerangebot.


In den Warteboxen der großen Ställe stehen diesmal 246 Gruppen – sortiert nach Geschlecht und Gewicht. Jede Box trägt eine Nummer, die sich in dem Auktionskatalog wiederfindet. Potenzielle Käufer wissen so genau, welche Tiere vor ihnen stehen. Die Nummer ist gleichzeitig auch die Auktionsnummer, sodass klar ist, wann diese Absetzergruppe in die Arena geführt wird.


Schaulaufen vor der Auktion:

Für die Mutterkuhhalter beginnt bereits hier das Schaulaufen ihrer Tiere. Oft fällt schon im Stall die Entscheidung für oder gegen den Kauf. Während wir durch den Stall gehen, treffen wir immer wieder Mutterkuhhalter, die noch mal frisches Stroh in die Box werfen. „Es ist wichtig, dass die Tiere sauber bleiben und gepflegt aussehen“, erklärt einer der Bauern. Außerdem sage eine ordentliche Box etwas über den Halter aus. Und wer einen guten Ruf hat, erziele auch bessere Preise, meint er.


Zwischen den Tiergruppen zeigen sich in der Tat große Unterschiede. Einige Halter haben sogar das Hinterteil der Absetzer rasiert, um die Fleischfülle zu betonen. Bei vielen Tieren ist auch der Rücken rasiert oder die Schwanzhaare sind gekürzt. „Das lässt die Absetzer breiter wirken und spricht für gute Mastleistungen“, erklärt ein Landwirt.


Als die Auktion um 10.00 Uhr startet, haben sich die Ränge in der Arena etwas gefüllt. Die meisten Händler und Mäster sitzen auf der einen, die Erzeuger und Zuschauer auf der anderen Seite der Arena. Alle halten den Auktionskatalog in der Hand und warten gespannt. Ganz oben am Rednerpult steht Dr. Josef Dissen. Er ist Auktionsleiter und ruft kurz nach zehn Uhr die ersten Tiere in den Ring. „Ein hohes Gebot zu Beginn der Auktion wäre gut“, hatte er sich vorab gewünscht. Das sei für den Auktionsverlauf immer das Beste.


Drei männliche Limousin-Absetzer mit einem Durchschnittsgewicht von 201 kg betreten den Ring. Den Startpreis legt Dissen bei 2,80 €/kg LG fest. Kaum ausgesprochen, bieten die Käufer auf der Gegengerade per Handzeichen. Ein kleines Zucken im Handgelenk mit dem Auktionskatalog reicht, um das Gebot zu erhöhen. In 5-Cent-Schritten steigt der Preis für die Limousin-Gruppe schnell. Bei 3,50 € fällt der Hammer. Kein schlechter Start für den Auktionstag. Dissen wirkt zufrieden und ruft die nächste Absetzergruppe auf.


Der Hammer ist gefallen:

Der Steigpreis, also das letzte Gebot wird notiert und muss vom Käufer sofort abgezeichnet werden. Mit der Durchschrift geht der Käufer nach der Auktion zum FHB-Büro ins Foyer, um zu bezahlen. Dort erhält er den sogenannten Abtriebschein, mit dem er sich die Tiere im Stall aushändigen lassen kann. Das sollte noch am selben Tag passieren.


Die Auktionsergebnisse aus Krefeld werden anschließend veröffentlicht. Insgesamt versteigert der FHB jährlich gut 6 000 männliche und weibliche Absetzer in Krefeld und Meschede, dem zweiten Versteigerungsort. Obwohl in NRW, Rheinland-Pfalz und Saarland schätzungsweise nicht mal jeder zehnte Absetzer über diese Auktionen gehandelt wird, orientieren sich fast alle Marktteilnehmer an diesem Preis. Auch bundesweit werden die Ergebnisse mit Interesse verfolgt.


Dissen glaubt zudem, dass Erzeuger von der Versteigerung profitieren können, auch wenn sie nicht selbst vermarkten: „Es ist der perfekte Lernplatz für den Erzeuger!“ Wo sonst könne man so transparent feststellen, was Mäster und Händler haben wollen. Er empfiehlt deshalb Haltern, hin und wieder live dabei zu sein.


Höhere Kosten, mehr Erlös:

Bei der Auktion entstehen natürlich auch Kosten. Sechs Prozent vom Steigpreis benötigt der FHB, um die Kosten für Hallenmiete, Einstreu, Veterinärüberwachung, Personal usw. decken zu können. Die Gebühr teilen sich Käufer und Verkäufer je zur Hälfte.


Ein Beispiel: Wenn der Absetzer für 1 000 € versteigert wird, bekommt der Halter nur 970 € und der Käufer zahlt 1 030 € (netto).


Für den Mutterkuhhalter kommen neben der Auktionsgebühr noch die höheren Transportkosten hinzu. Je nach Entfernung können das bis zu 30 € je Tier werden, berichtet ein Viehhändler. Denn Krefeld liegt nicht für jeden vor der Tür. Außerdem verlieren die Absetzer auf der langen Reise relativ viel Gewicht. „Das können auch schon mal 10 kg sein“, gibt Dissen zu. Erzeuger, die versteigern, müssen somit deutlich mehr erlösen, als wenn sie Tiere direkt ab Hof verkaufen. Für viele Betriebe scheint die Rechnung trotzdem aufzugehen, denn die Krefelder Auktion hat stabile Umsätze und konnte sie in den letzten Jahren sogar leicht steigern (siehe Übersicht).


Lohnt sich die Auktion?

Aber warum sollten Käufer auf der Auktion mehr zahlen als sonst? In der Tat ist es gängige Praxis, die Tiere ab Hof zu vermarkten und nur den Auktionspreis als Referenz zu nehmen. So spart man sich den zusätzlichen Aufwand, glauben viele.


Das Problem ist allerdings, dass Händler jeden Tag am Markt sind und den Wert der Tiere viel besser beurteilen können. Diesen Wissensvorsprung nutzen sie:


  • Während Händler die Gewichte meist auf 5 bis 10 kg genau schätzen können, liegt der Halter oft weit daneben. Wer keine Waage hat oder nicht wiegen kann, verschenkt möglicherweise Kilos.
  • Gleiches gilt für die Qualität. Der Händler weiß genau, welche Tiere bei Mästern gerade gefragt sind.
  • Der Händler merkt früher als der Halter, wenn sich die Stimmung am Markt ändert und die Nachfrage steigt.


Eine Versteigerung macht deshalb vor allem für denjenigen Sinn, der seine Vermarktung etwas schleifen lässt. „Wer relativ selten vermarktet und nicht besonders hart verhandelt, verschenkt Geld“, ist sich Dissen sicher.


Auf der Auktion gibt es hingegen sicher einen fairen Preis. Der Grund: Es gibt viel mehr potenzielle Käufer, die den wahren Wert beurteilen. Wer auf einer Versteigerung kauft, weiß ziemlich genau, was er bekommt. Das gilt übrigens auch für den Gesundheitsstatus. Alle Lieferanten müssen nachweisen, dass ihre Tiere frei sind von: TBC, Brucellose, Leukose, BHV-1, BVD.


Auch Händler bzw. Mäster profitieren deshalb. Sie haben ein transparentes Angebot und können innerhalb weniger Stunden größere Mastgruppen von 20 bis 40 Tieren zusammenstellen. Außerdem nutzen sie die Auktion auch als „Kontaktbörse“, um andere Mutterkuhhalter kennenzulernen. Es ist nicht unüblich, dass Erzeuger nach der Auktion angesprochen werden. „Sie wollen meine Tiere dann direkt kaufen und bieten mir einen richtig guten Preis“, berichtet ein Erzeuger. Später würden sie sich das Geld aber wiederholen, ist er überzeugt und fährt auch in Zukunft lieber nach Krefeld.


Andreas Beckhove

Mehr zu dem Thema

Die Redaktion empfiehlt

top + Bestens informiert zur EuroTier 2024

Über 60 % sparen + Gewinnchance auf einen VW Amarok sichern!

Wie zufrieden sind Sie mit topagrar.com?

Was können wir noch verbessern?

Weitere Informationen zur Verarbeitung Ihrer Daten finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.

E-Mail-Adresse

Vielen Dank für Ihr Feedback!

Wir arbeiten stetig daran, Ihre Erfahrung mit topagrar.com zu verbessern. Dazu ist Ihre Meinung für uns unverzichtbar.