Die deutsche Agrar- und Lebensmittelwirtschaft hat 2022 beim internationalen Handel mit Produkten und Rohstoffen ein Rekorddefizit erwirtschaftet.
Wie die German Export Association for Food and Agriproducts (Gefa) heute auf Basis vorläufiger Außenhandelszahlen berichtete, standen im vergangenen Jahr den deutschen Brancheneinfuhren in Höhe von 110,5 Mrd. € nur Ausfuhren im Wert von ca. 90,2 Mrd. € gegenüber. Die schon seit Jahren negative Handelsbilanz des Sektors hat sich damit auf mehr als 20 Mrd. € oder rund 18 % verschlechtert.
Eigenen Angaben zufolge hatte auch die Gefa nicht mit einer so negativen Entwicklung gerechnet. Die jahrelangen Trends sinkender wert- und mengenmäßiger Handelsbilanzdefizite haben sich demnach weiter verschärft.
Kretschmer: Deutschland verlässt sich auf das Ausland
„Deutschland verlässt sich immer mehr darauf, dass andere Länder und Weltregionen für uns Lebensmittel produzieren“, verdeutlichte Gefa-Sprecher Hartmut Kretschmer. Die Zahlen zeigten deutlich, dass sich die Bundesrepublik als agrarischer Gunststandort offensichtlich zunehmend aus der Versorgung der Weltbevölkerung verabschiedet.
„Während die Welt nach wie vor mehr als 800 Millionen hungernde und ca. zwei Milliarden nicht bedarfsgerecht versorgte Menschen aufweist, sind aktuell eine deutliche Schwächung des Standorts Deutschland und ein rückläufiger Beitrag Deutschlands zur Nahrungsmittelsicherheit zu verzeichnen“, warnte Kretschmer.
Globale Mitverantwortung zur Ernährungssicherung wahrnehmen
Nach seiner Auffassung haben Deutschland und die EU jedoch eine globale Mitverantwortung für die weltweite Versorgung mit Lebensmitteln. Um diese wahrnehmen zu können, benötigten die Unternehmen der Branche endlich konsistente Initiativen des zuständigen Bundeslandwirtschaftsministeriums zur Sicherung des Standorts Deutschlands und zur Beschleunigung aktueller Marktöffnungsverfahren im Ausland.
Die Mitglieder der Gefa fordern daher:
- Der agrarische Gunststandort Deutschland muss sowohl für die sichere Eigenversorgung im Land als auch in Hinblick auf seine Verantwortung für die Lebensmittelversorgung in der Welt gestärkt werden. Eine Schwächung des eigenen Standorts und/oder ein geringerer Beitrag zur Weltversorgung mit hochwertigen Lebensmitteln sind nicht weiter akzeptabel.
- Marktöffnungsverfahren und Initiativen zum freien Marktzugang müssen Priorität im politischen Handeln des BMEL bekommen.
- Die Verstärkung der Anstrengungen zur Weiterentwicklung des gesamten Welthandels hin zu nachhaltigen Produktionsverfahren statt zu nationalen Einzellösungen ist dringend erforderlich.
- Die Instrumente der Exportförderung müssen im Sinne der Standortsicherung für unsere Betriebe und Arbeitskräfte beibehalten werden.