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Die Molkereien sollten den Milchpreis absichern!

Als Landwirt Milchpreise an Börsen abzusichern, ist einfacher gesagt als getan. Viele Betriebe sind zu klein oder Liquidität fehlt. Deshalb sollten Molkereien praxisnahe Absicherungsmodelle anbieten, meint Stephanie Stöver-Cordes, Kaack Terminhandel GmbH.

Lesezeit: 7 Minuten

Als Landwirt Milchpreise an Börsen abzusichern, ist einfacher gesagt als getan. Viele Betriebe sind zu klein oder Liquidität fehlt. Deshalb sollten Molkereien praxisnahe Absicherungsmodelle anbieten, meint Stephanie Stöver-Cordes, Kaack Terminhandel GmbH.


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Klar: In der Theorie kann man als Erzeuger den Milchpreis selbst an der Terminbörse absichern. Darüber wird in der Praxis auch intensiv diskutiert. Das gilt vor allem für die Phase, als die Quotenregelung endete und zeitgleich nur ruinös niedrige Preise gezahlt wurden. Mittlerweile hat sich die Lage gebessert, deshalb ist das Thema „Preisabsicherung“ etwas in den Hintergrund gerückt. Vom Tisch ist es jedoch nicht.

Die Preisschwankungen werden uns leider erhalten bleiben. Außerdem bieten sich gerade Phasen mit attraktiven Notierungen an, um künftige Kurse festzuschreiben. Letzteres sollten allerdings nach Ansicht von Experten die Molkereien übernehmen. Denn viele Milchviehhalter schrecken vor dem Gang an Terminbörsen zurück.


Oft zu klein


Die meisten Betriebe sind dafür einfach zu klein. Mittels einem Butter- und zwei Magermilchpulver-Kontrakten – Rohmilch wird an der EEX in Leipzig nicht gehandelt – könnte man den Preis für 100 000 kg Milch pro Monat absichern (Formel für die Umrechnung der Kurse finden Sie im Kasten rechts). Je nach Leistung muss man dafür mindestens 280 bis 300 Kühe haben. Und eigentlich sollten es sogar annähernd doppelt so viele sein. Denn Experten warnen davor, mehr als die Hälfte bis zwei Drittel der Produktion abzusichern, um die Kontrakte in jedem Fall erfüllen zu können. Sonst wird nämlich aus einem sogenannten Hedger ein Spekulant.


Ein weiterer Grund für die Zurückhaltung vieler Milchviehhalter ist die nach wie vor angespannte finanzielle Lage auf etlichen Betrieben. Ausreichende Liquidität ist aber unerlässlich für den Börsenhandel. Dabei sind die Gebühren der Broker und der Börse fast zu vernachlässigen. Pro kg Milch belaufen sich diese je nach Broker auf 0,12 bis 0,14 ct. Man muss aber zusätzlich auch Sicherheiten hinterlegen, und zwar ansehnliche.


Etwa 10 % des Kontraktwertes werden gleich zu Beginn des Handels fällig und müssen auf einem speziellen Börsenkonto hinterlegt werden (bar oder als Bürgschaft). Das wären derzeit für einen Butter- und zwei Pulverkontrakte 3 800 bis 3 850 €. Börsianer nennen das Initial Margin. Börsengewinne oder -verluste werden täglich mit diesem Konto verrechnet. Und Verluste müssen umgehend ausgeglichen werden – das nennt man Margin Call. Wer das Geld nicht hat, sollte über Börsengeschäfte gar nicht erst nachdenken.


Ein weiterer Punkt, der viele Praktiker vom Hedgen abhält, ist vermutlich auch das Basisrisiko. Der abgeleitete Börsen-Milchpreis und die realen Auszahlungspreise der jeweiligen Molkerei können je nach Firmenpolitik, Standort und Verarbeitungsschiene durchaus weit auseinanderliegen. Diese Differenz ist die Basis. Und gerade bei abgeleiteten Milchpreisen ist die konkrete Basis kaum zu greifen. Die Molkereien lassen sich nicht gern in die Karten schauen. Außerdem notiert die Börse keine Rohmilch, und die Butter- bzw. Pulverkontrakte spiegeln eher die Verkaufserlöse der Verarbeiter wider. Selbst Experten können diese Kurse nur annähernd auf die Erzeugerpreise ab Hof zurückrechnen (vgl. www.topagrar.com/markt; hier werden 6 ct/kg vom Börsen-Milchwert abgezogen, um zu dem Erzeugerpreis zu gelangen).


Mit der Dienstleistung punkten!


Die Milchindustrie hat die zuvor genannten Probleme eigentlich nicht. Die Firmen verfügen über die entsprechenden Mengen und wissen, wie die Börsenkurse sowie eigene Verkaufserlöse zusammenpassen. Sie müssen überdies auch nicht rätseln, bei welchem abgeleiteten Börsenwert sie welchen realen Erzeugerpreis zahlen können, um dann selbst auch noch auf einen passenden Schnitt zu kommen.


Außerdem könnten die Molkereien mit der Dienstleistung „Preisabsicherung“ eventuell auch wieder bei Milcherzeugern punkten, die in letzter Zeit mit der Partnerschaft zu ihrer Molkerei hadern. Mit vagen Lippenbekenntnissen schafft man entstandenes Misstrauen nicht aus der Welt.


Verschiedene Modelle


Fakt ist, die Verarbeiter könnten ihren bäuerlichen Lieferanten z. B. anbieten, den Milchpreis sogar für mehrere Monate abzusichern. Dazu müsste man die Börsenmilchwerte des ife Kiel e.V. (oder von top agrar: www.topagrar.com/markt) für den entsprechenden Zeitraum mitteln. Davon zieht man die Basis ab, um den Milchpreis ab Hof zu berechnen. Diesen könnten sich Erzeuger dann gegen eine moderate Gebühr für eine festgelegte Menge sichern. Das müssten übrigens nicht unbedingt mindestens 100 000 kg sein. Denn die Molkerei bündelt schließlich die Mengen vieler Kuhhalter.


Und die Kosten für die Preisabsicherung dürften sich auch in überschaubaren Grenzen halten. Die kalkulatorischen Liquiditätskosten für Initial Margin und Margin Call belaufen sich derzeit auf 0,16 bis 0,18 ct/kg. Hinzu kommen die direkten Terminhandelskosten von 0,12 bis 0,14 ct/kg. Das ergibt 0,3 ct pro kg. Und die zusätzliche Gebühr für die Dienstleistung der Molkerei, die dann den realen Börsenhandel übernimmt, sollte auch nicht mehr als 0,1 ct pro kg betragen. Eher sogar weniger, schließlich sichern sich die Verarbeiter so ihren Rohstoff.


Der Fantasie sind in puncto Laufzeiten, Mengen usw. bei dieser Form der Preisabsicherung keine Grenzen gesetzt. Molkereien könnten Absicherungsmodelle für einzelne Monate bis hin zu ganzen Jahren anbieten. Die Börsen bieten sogar Kontraktlaufzeiten bis 18 Monate im Voraus an. Die Verarbeiter müssen bei der Ausgestaltung nur darauf achten, ihren bäuerlichen Geschäftspartnern auch attraktive Konditionen zu offerieren.


Vom Getreidehandel lernen


Milchverarbeiter könnten durchaus auch Absicherungsmodelle verwenden, mit denen Landwirte schon bei anderen Erzeugnissen Erfahrungen sammeln konnten.  Prämienkontrakte, wie sie im Getreidehandel üblich sind, könnte auch die Milchbranche anbieten.


Im Rahmen dieses Kontraktes würden sich Erzeuger und Molkerei im Vorfeld auf eine Prämie einigen, also auf den Zu- oder Abschlag auf den Börsenmilchwert. Damit wird im Prinzip die zuvor beschriebene Basis verhandelbar. Und es gibt sogar Modelle, bei denen man sich einen Zeitrahmen offenhalten kann, in dem die Preisfixierung stattfinden soll. Sobald der Börsenkurs ein attraktives Niveau erreicht hat, gibt man das seiner Molkerei bekannt, und der Sack wird zugemacht. Diese sichert sich zu dem entsprechenden Niveau durch den Verkauf von Kontrakten ab.


Zugegeben, die Beispiele sind stark vereinfacht. Sie sollen aber auch nur die Grundzüge der Absicherungsmodelle erklären. Mit denen sowie dem Hedging sollten Sie sich als Milchviehhalter auch dann auseinandersetzen, wenn Ihre Molkerei die Preissicherung übernimmt. Dass derjenige der eigentliche Spekulant ist, der sich gar nicht absichert, dürfte mittlerweile der gesamten Branche klar sein. Gleiches gilt für die Tatsache, dass man Preise absichern sollte, solange attraktive Kurse notiert werden.


Hedging ist Nullsummenspiel


Vorausgesetzt, die Börsenkurse entwickeln sich parallel zu den realen Marktpreisen. Dann werden Verluste am realen Markt durch Gewinne an der Terminbörse ausgeglichen – und umgekehrt. Das ist der Grundgedanke beim Hedging bzw. bei der börsengestützten Preisabsicherung. Die Mengen wechseln übrigens an der Börse eigentlich nur auf dem Papier den Besitzer. Am Ende der Laufzeit erfolgt ein Gegengeschäft, das Glattstellen. Gewinne werden dann gutgeschrieben, Verluste müssen beglichen werden.


Unser Beispiel (s. Übersicht): Der abgeleitete Börsenmilchwert liegt für den Monat Mai bei 32 ct je kg. Bauer Huber kauft also zwei Magermilchpulver- und einen Butterkontrakt mit entsprechenden Laufzeiten. Das entspricht etwa 100 000 kg Rohmilch.


Bis Mai sinkt aber der Preis auf 27 ct pro kg. Am realen Markt erzielt er deshalb 5 000 € weniger als erwartet. Dafür muss er beim Glattstellen – dem „Rückkauf“ der Kontrakte – an der Börse 5 000 € weniger bezahlen. Hier macht er also Gewinn und kommt unterm Strich auf seine angepeilten 32 ct pro kg Milch. Die Kosten für den Bösenhandel müssen allerdings auch noch bezahlt werden.


Zugegeben: Mit der Absicherung verbaut man sich natürlich auch die Chance, davon zu profitieren, wenn der Milchpreis später überraschend stark steigt. Außerdem ist unser Beispiel stark vereinfacht. Wir haben z. B. unterstellt, dass der Landwirt Huber seine gesamte Milchmenge absichert. Mehr als die Hälfte bis zwei Drittel sollten es aber nicht sein, um auch bei Problemen im Stall auf jeden Fall die Kontrakte erfüllen zu können. Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass die Absicherung attraktiver Erlöse wirklich Sinn macht. Machen Sie sich also mit dem Thema vertraut.

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