Da die ukrainische Landwirtschaft nach Aussage des dortigen Landwirtschaftsministers Solskji für mindestens drei Ernten auf dem Weltmarkt ausfallen könnte, droht bekanntlich eine weitweite Weizenknappheit. Der Weizenpreis könne sich bis Juli/August fast verdoppeln, hieß es kürzlich.
Die Tagesschau stellt allerdings fest, dass der Weizenpreis in den vergangenen Wochen rückläufig war, zuletzt habe sich der Preisrückgang sogar deutlich beschleunigt. Der US-Weizenpreis rutschte in dieser Woche wieder unter die Marke von 1000 US-Cent je Scheffel. Heute werden rund 960 Cent je Scheffel gezahlt - so wenig wie seit Anfang März nicht mehr, heißt es.
Doch bessere Ernte in Frankreich erwartet
Schwindende Angebotssorgen drücken demnach die Preise. So ist aus Frankreich zu hören, dass die Hitzewelle der vergangenen Tage keine größeren Ernteausfälle verursacht haben dürfte. Die Commerzbank berichtet, dass der französische Agrarminister von keinem dramatischen Rückgang der Erträge aus ausgeht.
Auch die beginnende Weizenernte in den USA und Europa mindere den Preisdruck. Dadurch rückt laut den Commerzbank-Experten der Ausfall der ukrainischen Weizenlieferungen zumindest vorübergehend in den Hintergrund.
Ukraineausfall nicht überbewerten
In dem Zuge erinnert die Tagesschau daran, dass die Ukraine zwar wichtig ist, jedoch weltweit gesehen nur der 7. wichtigste Weizen-Exporteur ist. Zudem dürfte mit Blick auf das Erntejahr 2022/2023 die Minderung der ukrainischen Exportmengen um knapp 50 % bzw. rund 9 Mio. t im Jahresvergleich von anderen Ländern (über-)kompensiert werden.
So dürfte Russland als wichtigster Weizen-Exporteur seine Exportmenge um 6 Mio. t nach oben schrauben, der aktuelle Ausblick deutet auf eine Rekordernte hin. Auch die Ausfuhren der EU dürften um 5 Mio. t steigen.
Indien liefert evt. nach Südostasien
Zudem hatte der indische Agrarminister jüngst angekündigt, das Land könne seine Weizen-Exporte nach Indonesien je nach Verfügbarkeit wieder aufnehmen, so die Nachrichtensendung weiter. Erst im Mai hatte Indien seine Weizen-Ausfuhren mit sofortiger Wirkung gestoppt und damit zum Rekordhoch beim Weizenpreis beigetragen. Die teilweise Rücknahme dieser weitreichenden Entscheidung mildert somit maßgeblich die Angebotssorgen an den Märkten.
Inzwischen soll auch die UN-Agrarorganisation FAO die Weltgetreideernte entspannter sehen als zunächst befürchtet. Bislang rechnen die Vereinten Nationen mit 2,785 Mrd. t Weizen, Mais und Reis. Das wären rund 23 Mio. t weniger als im vorangegangenen Wirtschaftsjahr, sagte FAO-Ökonom Josef Schmidhuber.
Parallel gibt es noch Hoffnungen wegen der Gespräche von UN-Generalsekretär António Guterres in der Türkei mit Russen und Ukrainern, um einen Deal ins Trockene zu bringen und eine Ausfuhr von Getreide aus der Ukraine über gesicherte Korridore im Schwarzen Meer zu ermöglichen.