Die Preisschere zwischen vollfleischigen Färsen, für die fast durchgehend stabile bis feste Schlachterlöse bewilligt wurden, und ausselektierten, meistens vergleichsweise leichten, weiblichen Schlachtrindern hat sich während der vergangenen Wochen immer weiter geöffnet.
Letztere wurden preislich regelrecht abgestraft, da das Angebot die Nachfrage übertraf. Erst zuletzt sprachen Beobachter wieder von einem besser ausgeglichenen Markt.
Wie gehts weiter?
Die Meinungen dazu sind selbst in Fachkreisen geteilt, denn es gibt widersprüchliche Signale:
- Normalerweise müsste die saisonale Angebotsspitze allmählich erreicht oder sogar schon überschritten sein. Allerdings klafften auch in den Wochen mit heftigem Preisdruck gegenüber dem Vorjahr Riesenlücken bei den Schlachtzahlen. Anfang September waren es -9 % im Vergleich zur Vorjahreswoche. Das eigentliche Problem war also die ruhige Nachfrage.
- Diese müsste jetzt wieder zunehmen, denn die „Verarbeitungskuh“ ist durch die Preisrücknahmen für die Fleischwarenhersteller deutlich konkurrenzfähiger geworden. Und „Rind“ ist an den Fleischtheken bei sinkenden Temperaturen üblicherweise besser gefragt. Namhafte Experten bezweifeln aber, das dies auch jetzt wieder der Fall sein wird. Viele deutsche Verbraucher versuchen, die in anderen Bereichen stark steigenden Lebenshaltungskosten durch Einsparungen bei Lebensmitteln auszugleichen. Das könnte den Absatz von vermeintlich „teurem“ Rindfleisch zumindest schwieriger machen.
Jungbullen: Bleiben stetig gefragt
Allen Unkenrufen zum Trotz konnten Bullenmäster bis zuletzt stabile bis feste Schlachterlöse erzielen. Denn das Angebot an schlachtreifen Tieren fiel relativ klein aus. Auch im weiteren Verlauf kann keine Rede von einem Überangebot sein, obwohl die Lücke zum Vorjahr kleiner wird.
Nach Ansicht etlicher Analysten spricht Folgendes ebenfalls für freundliche Tendenzen am Jungbullenmarkt:
- Normalerweise steigt bei sinkenden Außentemperaturen der Appetit auf deftiges Essen. Dazu gehören in der Regel auch Rindfleischgerichte.
- Der Außer-Haus-Verzehr, auch der von Rindfleisch, hat mittlerweile wieder fast das Niveau vor Beginn der Coronapandemie erreicht. Beobachter sehen sogar noch etwas mehr „Luft nach oben“ bei dieser Absatzschiene.
Skeptiker zweifeln die o. g. Aspekte nicht an, sie warnen aber vor übertriebenem Optimismus. Zum einen, weil teure Energie und knappes Futter die Mastkosten in die Höhe treiben. Zum anderen, weil es keineswegs sicher ist, dass sich der saisonale Rindfleischabsatz in diesem Jahr ähnlich entwickelt wie in „normalen“ Jahren.
In der Tat: Rezessionsängste sowie die stark steigenden Ausgaben für Strom, Gas, Treibstoff usw. verunsichern die Verbraucher. Sie greifen deshalb beim Lebensmittelkauf zu billigeren Produkten. „Bei vielen Konsumenten kommt künftig statt teurem Rind wieder vermehrt günstiges Geflügel auf den Tisch“, sagt ein Marktkenner.