Zu Erntedank hatte der kleine Ort Talle im lippischen Kalletal einen besonderen Gast: Der Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier war am vergangenen Sonntag in seinen Heimatkreis gereist, um dort eine Erntekrone entgegen zu nehmen, die die dortigen Landfrauen gebunden hatten.
Früher war es üblich, dem Bundespräsidenten einmal im Jahr eine Erntekrone zu übergeben. Doch diese Tradition sei vor 10 bis 15 Jahren bedauerlicherweise abgebrochen, berichtete Steinmeier. Umso erfreuter zeigte er sich über die aktuelle Einladung. „Die Übergabe der Erntekrone ist eine gute Gelegenheit, die Aufmerksamkeit auf den ländlichen Raum und die Landwirtschaft zu lenken und was wir ihnen verdanken“, betonte das Staatsoberhaupt.
Die Krone werde in Berlin einen Platz bekommen, an dem viele Besucher vorbeikommen – „auch um zu verdeutlichen, dass eine reiche Ernte keine Selbstverständlichkeit ist“, betonte Steinmeier. Als Beispiele nannte er die Bauern in der Ukraine, die unter großen Gefahren ihre Ernte einfahren würden, sowie an Umweltkatastrophen, die jüngst in ohnehin nicht reichen Ländern wie Griechenland oder Marokko ganze Jahresernten vernichtet hätten.
Zurückkommend auf die deutsche Landwirtschaft sprach Steinmeier aber auch die Preissteigerungen für Energie, Saatgut und Dünger an. „Mir ist bewusst, dass ihre Arbeit nicht leichter geworden ist.“
Mir ist bewusst, dass ihre Arbeit nicht leichter geworden ist.“
Die Vizepräsidentin des Deutschen Bauernverbandes, Susanne Schulze Bockeloh, dankte dem Bundespräsidenten und betonte die Bedeutung des Erntedankfestes für die Landwirtschaft. In der Teilnahme des Bundespräsidenten am ökumenischen Gottesdienst sieht sie ein wichtiges Signal der Wertschätzung für die Arbeit der Bauernfamilien und der erzeugten Produkte: „Derzeit erleben wir, Sähen und Ernten, sichere Ernährung sind nicht selbstverständlich, Klimaveränderung und ein furchtbarer Angriffskrieg in der Ukraine mahnen, eine starke, nachhaltige Landwirtschaft ist ein wichtiger Eckpfeiler für gesellschaftlichen Zusammenhalt“.
Die Bedeutung der Erntekrone
Die Erntekrone wurde in diesem Jahr vom Kreislandfrauenverband Lippe gebunden. Erntekronen schmücken zu Erntedank die Kirchen und sind ein traditioneller Brauch zum Erntedankfest. Hierfür wird aus Kornähren eine meist vierarmige Krone kunstvoll gebunden. In der Erntekrone vereinigen sich bäuerliche und kirchliche Gedanken - die Hoffnungen auf eine gute Ernte, der Glaube der Bauern an ihre Arbeit und ihr Dank für eine gute Ernte. Erntekronen oder Kränze schmücken heute zu Erntedank Kirchen oder Dorfplätze überwiegend im ländlichen Raum.
Nach dem ökumenischen Erntedankgottesdienst in der Peterskirche Talle nahm sich der Bundespräsident noch zwei Stunden Zeit, die verschiedenen Stände von Vereinen und Institutionen auf dem Kirchgelände zu besuchen.