Welchen Beitrag kann Landwirtschaft zum Zusammenleben in ländlichen Räumen und in unserer Gesellschaft insgesamt spielen? Das wollten Agrarwissenschaftler der Humboldt-Universität Berlin wissen und haben Veröffentlichungen aus ganz Europa ausgewertet und potenzielle soziale Funktionen der Landwirtschaft kategorisiert. Die jetzt veröffentlichten Ergebnisse zeigen: Landwirtschaft kann vielfältige soziale Funktionen erfüllen. Sie werden aber bisher viel zu wenig verstanden.
So stärken einige Tätigkeiten landwirtschaftlicher Betriebe beispielsweise den sozialen Zusammenhalt in Dorfgemeinschaften, die regionale Identität oder fördern wirtschaftliche Synergien und können damit zur Erreichung von sozialen Zielen im regionalen Kontext beitragen. Trägt Landwirtschaft positiv zur Attraktivität von Erholungsräumen oder zur Pflege von kulturellem Erbe bei, profitiert gegebenenfalls nicht nur die regionale Bevölkerung, stellt Hauptautorin Wiebke Nowack fest.
Statt nur den Kernbereich von Landwirtschaft zu berücksichtigen, haben die Agrarwissenschaftler auch Erkenntnisse zu den Auswirkungen sogenannter landwirtschaftsbezogener Tätigkeiten wie Direktvermarktung, Bildungsarbeit und ehrenamtliche Arbeit in der Dorfgemeinschaft in die Auswertung integriert. „Erst diese Betrachtungsweise erlaubte es nachzuvollziehen, inwiefern landwirtschaftliche Betriebe zu regionalen und gesamtgesellschaftlichen Zielzuständen beitragen und damit soziale Funktionen erfüllen könne“, erklärt Koautorin Julia Schmid.
Die Autorinnen heben hervor, dass Landwirtschaft nicht grundsätzlich und pauschal mit positiven, sozialen Auswirkungen verbunden ist. Prof. Harald Grethe, Koautor des Artikels, erklärt: „Ein verbessertes Verständnis potenzieller sozialer Funktionen der Landwirtschaft kann allerdings dazu beitragen, entsprechende Funktionen gesellschaftlich stärker wertzuschätzen und auch Politik darauf auszurichten, diese Funktionen zu fördern.“