Ein Landwirt erzeugte 1900 Nahrungsmittel in einem Umfang, um etwa 4 Personen ernähren zu können. Ein Jahrhundert zuvor (1800) bedurfte es zur Ernährung eines Städters sogar drei Bauern, 1950 ernährte ein Landwirt 10 und 2022 139 Personen (ohne Erzeugung aus Auslandsfuttermitteln). Das stellt der aktuelle DBV-Situationsbericht eindrücklich heraus.
Trotz dieser starken Produktivitätssteigerung blieb Deutschland stets ein Nettoimportland an Agrar- und Ernährungsgütern. 1900 lag der Selbstversorgungsgrad bei Nahrungsmitteln bei 87 %. Am Anfang des 21. Jahrhunderts liegt der deutsche Selbstversorgungsgrad bei starken jährlichen Schwankungen kaum über 80 %.
Angesichts der Arbeitsteilung in einer globalisierten Wirtschaft und der vom Verbraucher gewünschten Vielfalt war der Selbstversorgungsgrad bis vor den Krisen von Corona und Ukraine-Krieg allerdings kaum von gesellschaftspolitischer Relevanz.
Enorme Produktivitätssteigerungen sind Kennzeichen
Immer mehr Menschen werden von einem Hektar landwirtschaftlicher Nutzfläche ernährt. Der Hektarertrag für Weizen zum Beispiel lag um 1800 nur bei 10,3 dt, 100 Jahre später (1898-1902) bei 18,5 dt. Bis Anfang der 70er Jahre (1970-1972) kletterte das Ertragsniveau auf 42,0 dt. Im Erntejahr 2022 konnten die Landwirte in Deutschland rund 75,8 dt Weizen pro Hektar erzielen und damit fast doppelt so viel wie vor gut 50 Jahren.
Fortschritt als Ursache für enorme Produktivitätssteigerung
Die enorme Erzeugungssteigerung hat ihre Ursache in der kontinuierlichen Weiterentwicklung der Produktionsweisen. Moderne Maschinen und Ställe, die Anwendung von Pflanzenschutzmitteln und Mineraldüngern sowie Zuchtfortschritte bei Pflanzen und Tieren haben dazu geführt, dass die Landwirte heute wesentlich stabilere und höhere Erträge erzielen als früher.
Immer weniger Landwirte erzeugen immer mehr
1900 gab es im damaligen Reichsgebiet noch über 5,6 Mio. Betriebe mit gut 26 Mio. ha landwirtschaftlicher Nutzfläche und 20,7 Mio. Großvieheinheiten (GVE) an Nutztieren. Das sind 0,79 GVE je Hektar.
In dem heutigen Deutschland sind es nach vorläufigen Ergebnissen des Statistischen Bundesamtes 254.300 Betriebe (2023), die rund 16,5 Mio. ha landwirtschaftliche Nutzfläche bearbeiten und pflegen und 11,4 Mio. GVE halten, was 0,69 GVE je Hektar entspricht. 1950 waren es in den Grenzen des heutigen Deutschlands entsprechend noch 15,2 Mio. GVE oder 0,92 GVE je Hektar, 2000 waren es bereits nur noch 0,84 GVE je Hektar.
Zwischen 1950 und 2023 hat sich der Viehbesatz je Hektar somit um ein Viertel (25 %) vermindert. Die aus den heute 11,4 Mio. GVE resultierende Gesamterzeugung liegt gegenüber dem weitaus flächengrößeren Deutschland in den Grenzen von 1900 um ein Mehrfaches höher.