Der in Deutschland auf freiwilliger Basis eingeführte Nutri-Score soll Verbraucher die Lebensmittelauswahl erleichtern und bei einer gesünderen Ernährung unterstützen. Doch wichtige Faktoren einer gesunden Ernährung, wie z. B. der Verarbeitungsgrad oder Zusatz- und Ersatzstoffe, werden hierbei nicht berücksichtigt, beklagt der Bundesverband Naturkost Naturwaren (BNN).
Dadurch benachteilige der Nutri-Score Bio-Lebensmittel erheblich. Der Verband startet daher jetzt in den Bio-Läden eine Verbraucherkampagne, um Kunden aufzuklären.
Laut Hans F. Kaufmann, Leiter Kommunikation beim BNN, nutzt der Naturkostfachhandel das Siegel bisher kaum. Hochwertige Inhaltsstoffe wie mehrfach ungesättigte Fettsäuren, ein hoher Ballaststoffgehalt und sekundäre Pflanzenstoffe würden in der Bewertung bestimmter Produktgruppen gar nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt, obwohl sie ein ganz wesentlicher Bestandteil gesunder und ausgewogener Ernährung sind, erklärt er weiter.
Im Gegensatz zu konventionell produzierten Lebensmitteln, die beispielsweise Zuckerersatzstoffe enthalten können, die vom Nutri-Score nicht erfasst werden, werde bei der Herstellung von Bio-Lebensmitteln weitestgehend auf synthetische Ersatzstoffe verzichtet. Bei Bio-Lebensmitteln ist dies durch die EU-Öko-Verordnung reguliert. Diese lässt nur eine verhältnismäßig geringe Anzahl von Ersatzstoffen zu. Bio-Hersteller könnten und wollten ihre Produkte nicht in vergleichbarer Weise schönen, sagt Kaufmann.
Erste, bislang unveröffentlichte, Umfragen zur Wirkung des Nutri-Scores auf Bio-Kunden hätten gezeigt, dass das Fehlen des Nutri-Scores Einfluss auf die Kaufentscheidung hat, ergänzt Kathrin Jäckel, BNN-Geschäftsführerin. "Der Erwartungsdruck auf die Bio-Branche wird steigen, allein dadurch, dass die großen konventionellen Lebensmittelhersteller und -händler den Nutri-Score verstärkt nutzen. Doch in seiner aktuellen Form bietet der Nutri-Score keine ausreichende Orientierung für eine gesunde Ernährung. Aus Sicht der Bio-Branche muss der Nutri-Score-Algorithmus daher überarbeitet werden, um Verbrauchern eine echte Chance für eine gesundheitsbewusste Kaufentscheidung zu ermöglichen."