Das Landgericht Heilbronn hatte den Tierrechtsaktivisten Jonathan Steinhauser aus Tübingen wegen Hausfriedensbruch verurteilt. Er hatte am 11. Mai 2015 zusammen mit einem weiteren Mann und einer Frau heimlich Videoaufnahmen in einem Putenstall in Ruppertshofen (Baden-Württemberg) erstellt.
Gegen das Urteil hat Steinhauser jetzt Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof des Landes Baden-Württemberg erhoben (1 Vb 72/18), teilen die Albert Schweitzer Stiftung für unsere Mitwelt und die Erna-Graff-Stiftung für Tierschutz mit, die ihn unterstützen.
Die Stiftungen sprechen von einer „skandalösen Begründung“ des Landgerichts Heilbronn und von einem „Schweigebeschluss“ des Oberlandesgerichts. Danach wäre künftig jede Form von Schmerz- und Leidenszufügung im Bereich der Massentierhaltung erlaubt, so ihre Deutung.
Das Landgericht Heilbronn hatte in seinem Urteil vom 23. Mai 2017 festgestellt, dass Federpicken bei Puten und Probleme im Skelett der Tiere „allgemein bekannte Folgen“ der Mast seien. Diese seien somit „zumindest derzeit noch als sozial adäquat“ und im Spannungsverhältnis zwischen Tierwohl und Nahrungsmittelproduktion hinnehmbar. Der „vernünftige Grund“ sei gegeben und damit in Übereinstimmung mit dem Tierschutzgesetz.
Hintergrund
Steinhauser war 2015 mit zwei Komplizen nachts in den Putenmastbetrieb im Ilshofener Ortsteil Ruppertshofen eingedrungen, um zu filmen. Dies bemerkte der Landwirte und stellte die Eindringlinge, erinnert die Südwest Presse. Es kam zu einem Handgemenge mit einem Tierschützer, der Angreifer und der Grundbesitzer wurden dabei verletzt. Anschließend flüchtete der Landwirt und wurde von Steinhausers Kollegen verfolgt.
Laut der Zeitung habe dieser geglaubt, der Bauer habe dessen Wärmebildkamera entwendet. Um sich Zutritt zur Wohnung zu verschaffen, soll der Tierrechtler dann laut Gericht Abwehrspray in die Richtung des Landwirts gesprüht haben. Dieser Darstellung widerspricht die Erna-Graff-Stiftung: Ihren Informationen nach soll der Landwirt die Eindringlinge mit einem Knüppel niedergeschlagen und die Frau in den Schwitzkasten genommen haben. Das sahen die Richter jedoch anders.
Das Landgericht Heilbronn verurteilte den Hauptangeklagten am 23. Mai 2017 zu sieben Monaten und zwei Wochen Haft auf Bewährung wegen Hausfriedensbruch in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung. Das Haller Amtsgericht hatte im Frühjahr 2016 lediglich auf sechs Monate und zwei Wochen Bewährungshaft entschieden. Der zweite beteiligte Tierschützer, Jonathan Steinhauser, wurde vom Landgericht zu einer Geldstrafe von 25 Tagessätzen à 10 Euro verurteilt. Er soll noch vor dem Handgemenge den Stall durch einen Hinterausgang verlassen haben und sei nicht während der Tateinheit der Körperverletzung zugegen gewesen sein, betont die Erna-Graff-Stiftung gegenüber top agrar online.