Am Donnerstagabend gegen 20 Uhr sind Landwirte mit rund 30 Traktoren vor das Privathaus von Niedersachsens Landwirtschaftsministerin Miriam Staudte im Landkreis Lüchow-Dannenberg gefahren. Sie haben in der Dunkelheit rund 15 Minuten vor dem Haus angehalten und gehupt, informiert das Agrarministerium.
Eine Nachbarin, die sich erkundigt hat, was der Grund für die Demonstration sei, wurde beschimpft. Im Haus der Ministerin sollen zum Zeitpunkt der Trecker-Demo auch die Kinder des Lebensgefährten im Teenager-Alter allein gewesen sein. Miriam Staudte war nicht vor Ort.
Entsprechend entsetzt reagiert sie: „Eine solche Aktion vor meinem Privathaus ist völlig inakzeptabel. Ich werde Anzeige wegen Hausfriedensbruchs erstatten, der Staatsschutz ist eingeschaltet. Es ist selbstverständlich legitim zu demonstrieren - auch mit Traktoren - aber nicht vor Privathäusern. Das bewerte ich als Versuch der Einschüchterung."
Ihr sei aus landwirtschaftlichen Kreisen berichtet worden, dass die Aktion aus dem Umfeld von "Land schafft Verbindung" (LsV) komme, sagte sie im Interview mit dem NDR. Sie forderte die Gruppe auf, sich davon zu distanzieren.
LsV wusste nur, dass 70 Traktoren auf Demofahrt sind
Gegenüber dem NDR bestätigte der LsV-Vorsitzende Niedersachsen-Bremen, Dirk Koslowski, dass ihm berichtet worden sei, dass Landwirte aus dem Wendland mit etwa 70 Schleppern durch den Wohnort von Staudte gefahren seien - aber nicht angehalten hätten.
"So ist es mir berichtet worden. Ich habe keinen Grund daran zu zweifeln", sagte Koslowski. Auf Videos, die dem NDR Niedersachsen vorliegen, sieht man hingegen, dass die Trecker vor dem Wohnhaus standen. Koslowski sagte weiter: "Ungeachtet dessen ist es aber natürlich nicht in Ordnung, wenn in den privaten Bereich von Menschen eingegriffen wird."
Agrardiesel-Aus ist der Grund
Anlass der Wut der Landwirte war die verkündete Abschaffung der Steuerbegünstigungen für Agrardiesel und der KFZ-Steuerbefreiung für landwirtschaftliche Zugmaschinen - maßgeblich mitgetragen von den Grünen in der Bundesregierung.
Ich will das auf keinen Fall auf sich beruhen lassen - Staudte
Dabei hatte sich Staudte zuvor deutlich der Kritik der Bauern angeschlossen. Man könne die Hilen nicht einfach so streichen. Staudte hatte daher das Bundesfinanzministerium aufgefordert, schnellstmöglich Kompromisse zu prüfen.
SPD spricht von Grenzüberschreitung
Rückendeckung bekommt Staudte vom Koalitionspartner. SPD-Fraktionschef Grant Hendrik Tonne betont, eine unangekündigte Demonstration vor dem Privathaus der Ministerin „überschreitet die Grenzen des politischen Diskurses und ist nicht akzeptabel. Privates muss privat bleiben können – auch für Politikerinnen und Politiker.“ Belagerungen von Privathäusern dienten ausschließlich der Einschüchterung und trügen in keiner Weise zur sachlichen Auseinandersetzung bei, berichtet die Bild.
Grüne: Wirkt bedrohlich
Auch der Kreisverband verurteilte die Aktion: "Wenn geschätzt 30 Traktoren hupend rund um das Privatgrundstück einer Politikerin aufmarschieren, dann wirkt das durchaus bedrohlich und geht in die Privatsphäre von Politiker hinein. Das ist eine unakzeptable Grenzüberschreitung", sagte Vorstandssprecher Markus Wölk.
Spontane Demonstrationen zur Untermauerung eines Standpunktes seien legitim. "Wer aber mit Traktoren das Privatgrundstück einer Ministerin blockiert, muss sich schon die Frage gefallen lassen, ob es hier wirklich um einen Dialog oder nicht eher um Einschüchterung geht", so Wölk weiter.