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Kuh-Score

6-Punkte-Score zeigt Erkrankungen früher

Risiko-Kühe erkennen, bevor sie krank werden. Das soll anhand weniger Merkmale mit einem „Kuh-Score“ möglich sein. Wie sieht er aus? Was bringt er? top agrar hat Tierärzte und Landwirte befragt.

Lesezeit: 6 Minuten

Risiko-Kühe erkennen, bevor sie krank werden. Das soll anhand weniger Merkmale mit einem „Kuh-Score“ möglich sein. Wie sieht er aus? Was bringt er? top agrar hat Tierärzte und Landwirte befragt.


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Wenn Tierarzt oder Landwirt eine Grippe-Infektion in der Herde erkennen, ist es schon zu spät. Dann ist längst ein Großteil der Herde betroffen. Die Behandlung ist teuer und langwierig.


Ein neuer „Kuh-Score“ soll das jetzt verhindern: Er zeigt Symptome auf, mit denen Tierarzt und Landwirt potenz-ielle Rindergrippe-Tiere erkennen können, bevor diese erkranken.


Rote Augen, tropfende Nase:

Die Idee für den Score stammt vom bereits verstorbenem Tierarzt Klaus Plennis. Er hat sich intensiv mit dem Thema Kuh- und Bestandsbeobachtung auseinandergesetzt und spezielle Frühwarnsysteme entwickelt.


Dabei begegneten ihm immer wieder Kühe, Rinder oder Kälber mit roten Augen und tropfenden Nasen in den Ställen. Den Betriebsleitern fielen diese Tiere nicht auf: Denn die Rinder waren unauffällig, fraßen und die Kühe gaben weiter Milch.


Doch das änderte sich bald und die leichte Abgeschlagenheit entwickelte sich beispielsweise zur Grippe oder Lungenentzündung. Die Symptome zeigen, dass die Tiere bald erkranken: Sie sind ein Hinweis darauf, dass das Immunsystem der Tiere nicht mehr richtig arbeitet.


Die Symptome fasste er im Kuh-Score zusammen (Übersicht und Bilder):


  • gerötete Augen (insbesondere im medialen Augenwinkel) mit Augenausfluss und entzündeten Augen
  • geschwollene Augenlider
  • geschwollene Lymphgefäße am Kopf
  • gerötete Nasenhöhlen
  • Nasenausfluss (klarer Schleim)
  • feuchtes, mit Futter verklebtes Flotzmaul


Immunsystem außer Kontrolle.

Ursache dieser Symptome ist allerdings keine Virus-Infektion oder Erkrankung. Knackpunkt ist das Immunsystem der Tiere selbst.


Prof. Hans-Joachim Schuberth von der Tierärztlichen Hochschule Hannover erklärt es so: „Das Immunsystem hat einen unbestimmten Erreger in der Umgebung falsch eingeschätzt und bekämpft diesen nicht effektiv. Es läuft sozusagen in die falsche Richtung.“ Die Reaktion des Immunsystems verursachen die beschriebenen Symptome, wie rote Augen und ein klarer Nasenschleim.


Das Problem: Von alleine wird das Immunsystem nicht die richtige Methode finden und zukünftige Krankheitserreger nicht erfolgreich bekämpfen können. Resultat sind tagelange Abgeschlagenheit, Fressunlust, Folgekrankheiten und somit Leistungseinbußen.


Ursache ungeklärt:

Zeigen mehr als ein Drittel der Tiere in der Herde die Signale des Kuh-Scores, sollten Betriebsleiter den Tierarzt um Rat fragen, rät Prof. Schuberth. Ob eine Impfung sinnvoll ist, lässt sich mit einer Analyse der Antikörper im Blut feststellen. So lassen sich aktuelle oder zurückliegende Infektionen bestimmen oder ausschließen.


Die Befunde der Betriebe, die Plennis betreute, zeigten häufig Antikörper gegen das Bovine Respiratorische Syncytial-Virus (BRSV), Parainfluenza-3-Virus und Adenovirus. „Doch manchmal sei auch keine Virus-Infektion erkennbar“, sagt Prof. Schuberth. Und trotzdem: Wenn Kühe die Score-Signale zeigen, kann eine regelmäßige Behandlung mit Virus-Lebendimpfstoffen helfen.


Prof. Schuberth erklärt sich das so: „Offensichtlich ist es egal, gegen welchen Erreger geimpft wird. Durch die Injektion des Lebendimpfstoffes wird das Immunsystem reaktiviert und muss sich neu orientieren.“ Es reagiere dann bei kommenden Infektionen besser. Die Tiere erkranken somit seltener.


Warum diese unspezifische Behandlungsmethode so erfolgreich ist, will Prof. Schuberth jetzt mit seinem Forschungs-Team herausfinden. Ihn interessiert vor allem, wie das Immunsystem und der Körper auf die Impfung reagiert.


Impfen statt behandeln:

Einige Tierärzte gehen deshalb so vor, dass sie den Betrieben eine regelmäßige Bestands-impfung mit einem Lebendimpfstoff gegen das BRSV empfehlen. Dadurch werde das Immunsystem angeregt und neu aktiviert. Es werde sich „neu sortieren“ und mögliche Krankheitserreger, BRSV oder andere Viren, erfolgreich bekämpfen können.


Ria Dornich von der Agrargesellschaft Heidersdorf fragte ihren Haus-Tierarzt, Dr. Nils John, vor drei Jahren um Rat. Grund waren regelmäßige Lungenentzündungen der Kälber. Dr. John hatte vom Score erfahren und nach einem Gang durch den Stall zur Bestandsimpfung geraten.


„BRSV ist ein Wegbereiter für weitere Infektionen. Wenn gegen BRSV geimpft wird, lassen sich diese Folgekrankheiten verhindern“, ist sich Dr. John sicher. So verbessert die Impfung seiner Meinung nach den allgemeinen Gesundheitsstatus der Herde. Deshalb versucht Dr. John auf die typischen Symptome des Scores zu achten. Bisher konnte er allerdings nur wenige Betriebe zur regelmäßigen Bestandsimpfung überzeugen. Die Kosten seien häufig ein Grund, sich gegen die präventive Behandlung zu entscheiden.


Dornich impft seitdem den gesamten Bestand ein Mal jährlich und konnte so die Anzahl der Kälber-Pneumonien eigenen Angaben zufolge um 70 % reduzieren.


Bei Färsen und Kühen habe die Impfung keine erkennbare Verbesserung der Gesundheit verursacht. Wegen der zusätzlichen Kosten von rund 4,30 € pro Tier werden die Rinder deshalb zukünftig nur noch bis zur ersten Abkalbung geimpft. Die Jungtiere sollen aber auch zukünftig regelmäßig geimpft werden: „Hier zahlen sich die Impfkosten aus“, ist sich Dornich sicher.


Endlich Probleme gelöst:

Ähnliche Erfahrungen machte auch Dirk-Berend Meinders aus Steenfelde (Niedersachsen). Der Landwirt kämpfte seit über einem Jahr mit Grippe-Symptomen in seiner Milchvieh-Herde. Die Kühe hatten immer wieder Fieber, wirkten angeschlagen und fraßen schlecht. Zusammen mit dem Haustierarzt untersuchte er von Kuh-Fieber bis Chlamydien alles, doch geholfen hatte nichts.


Als er dann von den typischen Signalen des Kuh-Scores hörte, erkannte er diese auch in seiner Herde. Trotz anfänglichen Zweifeln startete er im Sommer diesen Jahres die ersten Impfungen mit einem BRSV-Lebend-impfstoff. „Die Tiere zeigten eine deutliche Reaktion auf die Impfung. Die Milchleistung ging stark runter“, berichtet Meinders. Aber schon einige Wochen später wirkten die Kühe fitter, gesünder und hatten keine Fieber-Schübe mehr. Jetzt will Meinders zwei Mal im Jahr alle Tiere impfen und so einen erneuten Einbruch in der Herdengesundheit verhindern.


Auch Tierarzt Dr. Christian Heizer aus Landshut empfiehlt Betrieben, die häufig mit Kälbergrippe zu kämpfen haben, den gesamten Bestand vorbeugend mit einem BRSV-Lebend-impfstoff zu impfen. Insbesondere dann, wenn Jungtiere und Kühe in einem Stall stehen.


„Werden alle Tiere geimpft, reduziert das die Ausscheidung von Erregern. Damit wird auch die Infektionskette unterbrochen und der Infektionsdruck gesenkt“, erklärt Heizer. Allerdings sei es schwierig Betriebe für die vorbeugende Bestandsimpfung zu gewinnen. Stärkstes Gegenargument sind meistens die Kosten, die bei rund 10 € pro Tier und Jahr liegen. Anke Reimink

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