Die Andienungspflicht bietet den Milcherzeugern bei starken Preisschwankungen Sicherheit. Denn die Molkereien haben auch eine volle Annahmepflicht.
Manfred Nüssel, Präsident Deutscher Raiffeisenverband
Die Vollablieferungspflicht ist gerade nach dem Wegfall der EU-Milchquote und für den globalen Milchmarkt mit ausgeprägten Preisschwankungen sachgerecht und zeitgemäß.
Die Lieferbeziehungen zwischen den Mitgliedern und ihrer Genossenschaft sind darauf ausgerichtet, den satzungsgemäßen Zweck der bestmöglichen Verwertung der erzeugten Milch zu erfüllen. Ausgehend davon, dass hierfür grundsätzlich nicht nur die Erfassung von Rohmilch, sondern die gesamte Bandbreite der Produktion von Molkereierzeugnissen einschließlich der Vermarktung durch Molkereigenossenschaften zu beachten ist, sind verlässliche Lieferbeziehungen ein wichtiger Eckpfeiler zwischen den Erzeugern und ihrer Molkerei. Nur so wird die kontinuierliche Versorgung der Molkerei mit Rohmilch gewährleistet.
Die Lieferbeziehung umfasst die Vollablieferungspflicht des landwirtschaftlichen Mitglieds. Für die Genossenschaft ergibt sich hieraus eine verlässliche Basis für die betriebliche Planung sowie die notwendigen In-vestitionen in Verarbeitung und Vermarktung.
Der Vollablieferungspflicht steht die Vollannahmepflicht der Genossenschaften gegenüber. Das bietet den Landwirten gerade in schwankenden Märkten ein hohes Maß an Sicherheit. Eine Lockerung der Vollablieferungspflicht hätte somit zwangsläufig auch die Aufgabe der Vollannahmepflicht zur Konsequenz.
Vollablieferungspflicht und Voll-annahmepflicht sind somit zwei Seiten einer Medaille, die sich positiv sowohl auf das unternehmerische Handeln der Genossenschaftsmitglieder als auch auf die Molkereigenossenschaften auswirken.
Zur Vollablieferungspflicht macht das Genossenschaftsgesetz keine Vorgaben. Vielmehr entscheiden die Mitglieder selbst über die Ausgestaltung der Statuten der für sie maßgeblichen Lieferbeziehung in Satzung und Milchlieferungsordnung.
Damit besteht im Grundsatz die Möglichkeit, dass die landwirtschaftlichen Erzeuger die Vollablieferungspflicht satzungsgemäß im Rahmen der Mitbestimmung ändern. Hier hat sich in Diskussion und Mehrheitsentscheidungen in der Vergangenheit aber deutlich gezeigt, dass in der überwiegenden Zahl der Genossenschaften an der Vollablieferungsverpflichtung festgehalten werden soll.
Ich bin fest davon überzeugt, dass am erfolgreichen Geschäftsmodell der Molkereigenossenschaften auf Basis der Satzung auch zukünftig festgehalten wird. Das Genossenschaftsgesetz bietet zahlreiche Möglichkeiten der Weiterentwicklung und zukunftsorientierten Ausrichtung der Beziehungen zwischen Mitglied (Milcherzeuger) und Genossenschaft (Molkerei).
Dabei erweisen sich die wesentlichen Merkmale der vollen Abnahmepflicht seitens der Genossenschaft und der vollen Anlieferungspflicht seitens der Mitglieder als unverzichtbar. Denn hiermit bleibt ein hohes Maß an Verlässlichkeit in der Beziehung Mitglied und Genossenschaft erhalten.