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Bis zu 30 kg Milch stecken in 6 cm Gras

Lesezeit: 6 Minuten

Über 30 kg Milch pro Kuh und mehr als 10 000 kg pro Hektar: Wie Sie diese Leistungen mit der Kurzrasenweide erzielen, erklären Dr. Martin Pries und Anne Verhoeven, Landwirtschaftskammer NRW.


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Die Weidehaltung von Milchkühen ist „in“ – bei Verbrauchern und bei Landwirten: Die Verbraucher schätzen insbesondere die artgerechte Haltung, Landwirte vor allem den hohen Tierkomfort und das preiswerte Futter.


Allerdings fürchten viele Milcherzeuger, dass durch die Weidehaltung die Milchleistung absackt. Und in der Tat haben ältere Untersuchungen ergeben, dass die ausschließliche Stallfütterung der Ganztags- und auch der Halbtagsweide in puncto Milchleistung und Milchinhaltsstoffen überlegen ist. Damals lag die Wuchshöhe des Grases allerdings noch zwischen 10 und 15 cm, Weidereste wurden in Kauf genommen.


Heutzutage setzt sich das System Kurzrasenweide immer mehr durch. Hier werden durchschnittliche Wuchshöhen von etwa 6 cm während der gesamten Vegetationsperiode angestrebt. Typisch für das System ist eine sehr frühe Weidenutzung (Vorweide) zu Vegetationsbeginn bei großzügiger Flächenzuteilung.


Was leistet Kurzrasenweide?

Welche Leistungen mit der Kurzrasenweide möglich sind und ob sich eine Beifütterung auszahlt, haben wir mit der Öko-Herde auf Haus Riswick von 2009 bis 2011 untersucht.


Den 44 Holstein-Kühen standen 13 ha Dauergrünland (60 bis 70 % Deutsches Weidelgras) zur Verfügung, aufgeteilt in drei Parzellen. Wenn der Aufwuchs zu gering war, konnten zusätzlich bis zu 12 ha Ackerfutterflächen in Beweidung genommen werden. Den Tieren wurde ganztägig Weidegang gewährt. Lediglich zum Melken wurden sie für jeweils etwa zwei Stunden in den Stall geholt.


Die Kühe wurden vor Weideaustrieb in zwei gleichwertige Gruppen eingeteilt. In der Gruppe „Weide“ stand den Tieren ausschließlich Weidegras zur Verfügung. In der Gruppe „Zufutter“ wurden verschiedene Zufuttervarianten geprüft: Im Jahr 2009 gab es eine Zufütterung von 3 kg Trockenmasse Maissilage je Tier und Tag. 2010 wurden 4 kg Kraftfutter je Tier und Tag gegeben und 2011 erfolgte die Zufütterung von Kraftfutter tierindividuell bei Tagesleistungen von über 25 kg ECM.


Zugefüttert wurde morgens und abends nach dem Melken. Anschließend gingen beide Gruppen gemeinsam auf die Weide. Die Milchleistungen der Tiere wurden 14-tägig in der Milchleistungsprüfung ermittelt. Zweimal wöchentlich wurden Wuchshöhenmessungen auf den Weideflächen vorgenommen und die Flächen entsprechend zugeteilt.


Hier die Ergebnisse:


Fakt 1: Bei extremem Wetter muss auch im Vollweidesystem kurzfristig zugefüttert werden.


Der Zielwert von 5 bis 7 cm bei der Wuchshöhe des Grasbestandes wurde in allen Jahren über die gesamte Vegetation hinweg eingehalten. Hierfür wurde die Wuchshöhe ständig gemessen und die Weideflächen kurzfristig angepasst.


Trotz sorgfältiger Planung reichte das Futterangebot auf der Weide in den sehr trockenen Sommern 2009 und 2010 nicht aus. Hier musste über kurze Zeit allen Tieren zusätzlich Kleegrassilage gefüttert werden.


Probleme in der Futteraufnahme aus dem Weidegras ergaben sich ebenfalls in allen drei Versuchsjahren im September und Oktober. Etliche Tiere hatten sehr flüssigen Kot. Gleichzeitig waren die Milchharnstoffgehalte sehr hoch. Sie lagen bei teilweise über 500 ppm. Durch die Zufütterung von Heu bzw. Grassilagen wurde gegengesteuert.


Fakt 2: Bei Vollweide liegen die ECM-Leistungen bei gut 23 kg je Kuh und Tag. Das Zufüttern von Silomais bringt nicht mehr Milch, Kraftfutter ist nur in der ersten Laktationshälfte sinnvoll.


In den drei Jahren wurden von April bis Oktober Milchleistungen zwischen knapp 23 und gut 25 kg ECM je Tier und Tag erzielt (Übersicht 1). Bezogen auf einen Hektar Weidefläche ergab sich somit eine Flächenproduktivität von gut 10 000 kg ECM.


Bei den Zufuttervarianten ergab sich ein differenziertes Bild: Die Zufütterung von 3 kg Trockenmasse Maissilage steigerte die ECM-Leistung nicht. Tendenziell ergaben sich etwas stabilere Milchinhaltsstoffe. Die zusätzliche Mais-silage spart demnach lediglich beweidungsfähige Grünlandfläche.


Das Beifüttern von 4 kg Kraftfutter je Tier und Tag erhöhte die ECM-Leistung um knapp 2 kg. Allerdings wurde deutlich, dass lediglich in den ersten 150 Laktationstagen ein positiver Effekt gegeben war (Übersicht 2). In der zweiten Laktationshälfte führte der Kraftfuttereinsatz zu keiner Leistungssteigerung. Deshalb die Empfehlung: Nur in den ersten 150 Laktationstagen maximal 4 kg Kraft-futter pro Tier und Tag füttern.


Eine tierindividuelle Gabe von Kraftfutter bei Milchleistungen von mehr als 25 kg ECM im Jahr 2011 erhöhte die Milchleistung nicht nennenswert.


Fakt 3: Allein aus der Frühjahrsweide können bis zu 30 kg ECM erzeugt werden. Im Herbst sinkt die Leistung auf rund 20 kg.


Bei ganztägiger Kurzrasenweide ergaben sich im Verlauf der Vegetation sehr unterschiedliche Milchmengen (Übersicht 3, nächste Seite). In den Frühjahrsmonaten April und Mai wurden allein aus der Weidegrasaufnahme 28 bis 30 kg Milch je Kuh und Tag ermolken. Bis zum September/Oktober sanken die ECM-Mengen auf um die 20 kg je Kuh und Tag ab. Ursache hierfür dürfte der geringere Energiegehalt des Grases in den Herbstmonaten gewesen sein. Hinzu kam eine verminderte Weidefutteraufnahme.


Fakt 4: Die höchsten Milchleistungen werden erreicht, wenn die Tiere im Herbst/Winter abkalben und im ersten Laktationsdrittel im Stall gefüttert werden.


Die unterschiedliche Weideleistung in Abhängigkeit der Vegetation wirft die Frage nach dem optimalen Kalbezeitraum auf.


In Übersicht 4 sind die ECM-Leistungen auf Basis der 14-tägigen Milchleistungsprüfung für verschiedene Abkalbezeiträume aufgeführt. Die Herbst-/Winter-Abkalbungen lieferten mit durch-schnittlich 28,7 kg ECM je Kuh und Tag die höchsten Leistungen. Die Frühlaktation wurde hierbei während der Stallfütterung absolviert, so dass eine leistungsgerechte Versorgung der Tiere möglich war. Diese Aussage gilt vor allem für Holstein-Kühe, bei Rassen mit geringerem Leistungspotenzial kann das anders aussehen.


Mit 25,1 kg ECM bzw. 25,8 kg ECM je Tier und Tag führten die Frühjahrs- und Sommerkalbung zu deutlich niedrigeren Tierleistungen. Bei den Frühjahrs-kalbungen starteten die Kühe zwar noch mit hoher Leistung, fielen aber nach etwa drei bis vier Monaten auf der Wei-de auf nur noch etwa 20 kg ECM zurück. Die Sommerkalbungen zeigten eine gute Persistenz. Ihnen fehlte aber ein ausgeprägter Laktationsgipfel. Insbe­sondere im Sommer abkalbende Färsen hatten große Probleme, ihren Energie­bedarf ausschließlich aus Weidegras zu decken.


Fakt 5: Weidegang macht schlank. Gut 60 kg Körpermasse werden auf der Weide eingeschmolzen. Im Winter werden wieder Körperreserven angelegt.


Die Entwicklung der Lebendmasse über die drei Versuchsjahre ist in Übersicht 5 wiedergegeben.


Deutlich wurde, dass die Tiere bei Weidegang massiv Körperreserven einschmolzen, die jedes Jahr mit Beginn der Winterfütterung wieder aufgefüllt wurden. Zwischen den Lebendmassen im Winter und Sommer bestand eine Differenz von gut 60 kg. Dementsprechend verringerte sich die Rückenfettdicke von durchschnittlich 15 mm im Winter auf nur noch 7 mm im Sommer.


Der Verlust an Körperreserven bei Weidegang war weitgehend unabhängig vom Laktationsstand. Ursache für das Einschmelzen war deshalb in erster Linie die zusätzliche Energie, die die Tiere für die Bewegung zur „Futtersuche“ benötigten. GPS-unterstützte Messungen der Laufwege der Kühe auf den Weiden zeigten, dass die Kühe bis zu 5 km täglich zur Futteraufnahme auf der Kurz-rasenweide zurücklegten.

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