Johannes Thomsen, Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein
Das trockene Frühjahr hat die Grundfuttervorräte dezimiert. Beim Gras war der erste Schnitt eine Enttäuschung. Wie ist die Lage in Schleswig-Holstein?
Thomsen: Der erste Schnitt hat in Schleswig-Holstein nur 50 bis 70 % des sonst üblichen Ertrages gebracht. Sollten die nächsten Schnitte auch unter den Erwartungen bleiben, dürfte es mit der Grundfutterversorgung eng werden. Der Regen Anfang Juni hat die Situation zwar etwas entspannt, vor allem Mais hat vom Regen profitiert, aber beim Grünland und beim Getreide sind deutliche Ertragsausfälle bereits sicher.
Damit bleiben auch Kraftfutter und andere Zukauf-futtermittel teuer?
Thomsen: Davon müssen wir ausgehen. Allerdings schwanken die Kontraktpreise für Milchleistungsfutter derzeit um 1 bis 3 € je Dezitonne. Daher sollte man das Marktgeschehen genau verfolgen. Bei den anderen Zukauffuttermitteln wie Treber oder Pressschnitzel rate ich, genau zu kalkulieren. Jeder Betriebsleiter sollte hier nachrechnen, ob sich der Zukauf lohnt.
Wie sollten die Betriebe denn auf die angespannte Lage reagieren?
Thomsen: Zunächst sollten die überflüssigen „Fresser“ den Betrieb schleunigst verlassen. Altkühe, die bei unter 16 kg Tagesgemelk liegen, kosten nur Geld. Gleiches gilt für Jungvieh, das nicht benötigt wird. Auf der anderen Seite sollten die Betriebe versuchen, über GPS-Silagen bzw. Zukauf von Gras- und Maissilagen aus Aufgabebetrieben ihre Grundfuttervorräte aufzufüllen. Und auf Dauer kommen die Milchviehbetriebe nicht umhin, sich wieder einen Grundfuttervorrat anzulegen, der mindestens sechs Monate vorhält. Das zeigen die Trockenheiten der letzten Jahre.
Ist das denn betriebswirtschaftlich sinnvoll?
Thomsen: Der Futtervorrat sollte einmal aufgebaut werden, aber nicht jedes Jahr vergrößert werden. Das macht sicher keinen Sinn. Futterüberschüsse können ja dann wieder am Markt angeboten werden, wenn sie die Lagermengen von sechs Monaten übersteigen. Aber zum Risikomanagement eines Betriebes gehört ein gewisser Grundfuttervorrat.
Das Futter ist der Hauptkostenpunkt in der Milchproduktion. Wie können die Betriebe die Kosten im Auge halten?
Thomsen: Wichtigster Parameter bleibt der Kraftfutterverbrauch pro kg Milch. Das Ziel sollte weiter sein, den Wert von 250 g/kg Milch nicht zu überschreiten. Bei den Grundfutterkosten sind aktuelle Kostenberechnungen problematisch, da das Grundfutter bereits produziert ist und der Milcherzeuger diese Kosten nur im Vorfeld beeinflussen kann.