Staatliche Gelder für betriebliches Wachstum passen nicht mehr. Wenn überhaupt, darf öffentliches Geld nur noch in den Tier- und Umweltschutz fließen.
„Geschenktes Geld“ ist noch zu teuer
Über Jahrzehnte haben sich viele Landwirte an die „staatliche Investitionsförderung (AFP)“ gewöhnt. Sie müssen dann zwar 1001 Auflagen beachten und ein kompliziertes Anmeldeprocedere über sich ergehen lassen, am Ende winken aber 25 bis 30% verlorener Zuschuss. Für dieses „geschenkte Geld“ lohnte es sich auch, ein bis zwei Jahre zu warten, bis man an der Reihe ist.
Inzwischen unterscheiden sich die Bedingungen beim AFP in den Bundesländern gewaltig: In Schleswig-Holstein gibt es schon seit Jahren kein Geld mehr und die „grün regierten“ Landwirtschaftsministerien bevorzugen Umwelt- und Tierschutzmaßnahmen. Sachsen fördert die Milchviehhaltung immer noch mit bis zu 50%, bei einer Höchstsumme von 5 Mio. €.
Auch die Strukturen in der Milchproduktion sind sehr unterschiedlich: In Ostdeutschland werden im Schnitt 250 Kühe gehalten, in Schleswig-Holstein über 100 und in Bayern kaum mehr als 30 Kühe – allerdings werden dort 25% der deutschen Milch erzeugt.
Der Strukturwandel war in den letzten Jahrzehnten trotz Quote gewaltig. Viele Unternehmer haben die Chance einer Baugenehmigung genutzt und den großen Sprung gewagt – die ganz Großen haben dabei ohnehin auf jegliche Förderung verzichtet. Heute gibt es nur noch etwa gut 70000 Milchviehbetriebe – aber 10% der Betriebe produzieren 50% der deutschen Milch.
Angesichts der derzeit desolaten Marktlage fragen sich viele Landwirte, ob sie überhaupt noch in die Milch investieren sollen. Abgesehen von laufenden Ersatzinvestitionen und einigen abrundenden Erweiterungsinvestitionen rechnen sich größere Neubauten trotz großer Zuschüsse kaum noch – wenn man alle Kosten sauber kalkuliert. Fahrsilos und Güllelager sind aus Umweltgründen ohnehin Pflicht – auch wenn sie sich nicht rechnen.
Dennoch wird heute immer noch auf die Förderung geschielt. Dabei gibt es viele Beispiele dafür, dass selbst „geschenktes Geld“ zu teuer ist. Zum Beispiel, wenn die weitere Entwicklung am Standort nicht möglich ist, wird mitunter ein „Sarkophag“ gefördert. Bereits in der Vergangenheit hat es trotz oder wegen der Förderung Investitionsruinen gegeben, z.B. Betonhochsilos.
Verglichen mit den Strukturen in Deutschland haben vor allem die süddeutschen Länder, insbesondere Bayern, noch großen Nachholbedarf. Allerdings gilt dies nicht allgemein. Auch in Bayern gibt es sehr starke Milchregionen, in denen einzelne Betriebe eine ähnliche Entwicklung genommen haben wie in Norddeutschland. Zu berücksichtigen ist aber, dass in Bayern immer noch ca. 50% der Betriebe mit etwa 30% der Kühe in Anbindehaltung melken. Viele dieser Betriebe haben die Weiterentwicklung immer wieder aufgeschoben.
Wer seinen Betrieb noch nicht zukunftsgerecht ausgerichtet hat, kommt jetzt ohnehin sehr spät. Eine Weiterentwicklung findet heute nur noch in großen Sprüngen mit einer Investition von oft über 2 Mio. € statt, was vielfach ohnehin nicht mehr förderfähig ist.
Fazit: Auch für AFP gibt es eine passende Zeit – und diese ist jetzt abgelaufen. Wachstumsinvestitionen wie in der Vergangenheit „zur Sicherung der Einkommen und der Wettbewerbsfähigkeit“ sind nicht mehr zeitgemäß. Wenn überhaupt, sollte öffentliches Geld nur noch für konkrete Tierschutz- und Umweltmaßnahmen fließen.
Dr. Theo Göbbel, Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen, Bonn
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