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Droht ab 2015 eine Milch-Schwemme ?

Lesezeit: 9 Minuten

Die Molkereien rüsten sich fürs Quoten-Ende 2015: FrieslandCampina, das DMK und andere Unternehmen fragen die geplanten Milchmengen der Lieferanten ab. Was steckt dahinter?


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Diese Zahlen sorgen seit letztem Herbst für Diskussionen: Um mehr als 1 Mrd. kg Milch wollen die Milchbauern von FrieslandCampina ihre Produktion 2015 und 2016 – also direkt nach dem Quoten-Ende – steigern. Das ist ein Plus von mehr als 10 % im Vergleich zur Verarbeitungsmenge von 8,8 Mrd. kg im Jahr 2011!


Bis 2020 wollen sie ihre Milchmenge sogar um über 2 Mrd. kg erhöhen – das sind 20 % mehr als 2011. Die Ergebnisse stammen aus einer Umfrage unter den ca. 14 000 Mitgliedern des Unternehmens (Übersicht 1).


Manch einem deutschen Milcherzeuger und Molkerei-Vertreter stockt bei diesen Prognosen der Atem. Zwar lässt sich das Szenario nicht direkt auf Deutschland übertragen, da in Holland die Mengenbegrenzung derzeit mit Quoten-Preisen von 46 ct/kg noch greift, in Deutschland dagegen die Quoten-Kosten keine große Rolle mehr spielen. Dennoch beschäftigen sich auch unsere Molkereien intensiv mit den Planungen für die Zeit nach der Milchquote.


DMK prescht vor.

Der Grund dafür liegt auf der Hand: „Die Milchquote ist eine Art Richtschnur, an der sich die Anlieferung unserer Milcherzeuger orientiert. Mit dem Quoten-Ende fällt diese Orientierung für die Molkerei weg und wir tappen im Dunkeln“, sagt Hermann Cordes, Unternehmenssprecher beim Deutschen Milchkontor (DMK). Denn für die strategische Ausrichtung der Molkereien, wie z. B. Investitionen, Werks­auslastung, Logistik, Vertrieb und die Exportplanung sind die zukünftigen Milchmengen immens wichtig.


Deshalb ist das DMK bereits 2009 mit der Milchmengen-Prognose gestartet (damals noch Nordmilch). Zunächst haben nur wenige Gremienmitglieder über die Homepage der Molkerei ihre geplante Milchmenge für das nächste Jahr angegeben. Die Anzahl der Teilnehmer nahm danach jedes Jahr zu.


Im Herbst 2012 waren dann erstmalig alle 10 000 DMK-Mitglieder aufgefordert, ihre Mengenplanung für 2013 auf einem Online-Formular für jeden einzelnen Monat anzugeben. Als Orientierung dienten die jeweiligen Milchmengen aus den Jahren 2011 und 2012.


Die aktuellen Zahlen sind noch nicht ausgewertet, aber die bisherigen Erfahrungen des DMK mit dem Planungsmodell sind gut: So lag die Abweichung zwischen der geplanten und der tatsächlichen Milchanlieferung 2011 nur bei 1 bis 2 % (Übersicht 2).


Allerdings wurde die Differenz von Plan- und Ist-Menge in der zweiten Jahreshälfte größer, da die Milcherzeuger bereits zu Jahresbeginn eine Prognose für das komplette Jahr angeben mussten. „Deshalb lässt sich die Mengenplanung jetzt monatlich im Internet korrigieren. Zudem bekommen die Milcherzeuger jeden Monat eine E-Mail mit einem aktuellen Plan-Ist-Abgleich“, sagt Cordes.


Prognosen für Regionen:

Die Verantwortlichen hoffen, künftig die tatsächliche Milchanlieferung auch für die einzelnen Regionen und Werke so genau wie möglich ermitteln zu können. Wie wichtig das ist, verdeutlicht Sönke Voss vom DMK: „Wir erfassen rund 7 Mrd. kg Milch, inklusive Zukaufmilch. Eine Abweichung von 5 % von dieser Menge entspricht der durchschnittlichen Verarbeitungsgröße eines ganzen Werkes.“


Das DMK erfasst Milch in zehn Bundesländern, die sich ganz unterschiedlich entwickeln. „In Regionen wie dem Elbe-Weser-Dreieck, Weser-Ems oder Schleswig-Holstein nimmt die Milchmenge zu, in Ostdeutschland stagniert sie, in den Mittelgebirgslagen von Hessen, Thüringen und Westfalen nimmt sie ab. Wir müssen also verstärkt dort investieren, wo zukünftig die meiste Milch produziert wird“, sagt Voss (Übersicht 3).


Per Saldo rechnet er nach 2015 mit einem jährlichen Milchwachstum der Mitglieder von 1 %. Die DMK-Mitglieder erzeugen derzeit etwa 6,2 Mrd. kg Milch, der jährliche Zuwachs wird somit über 60 Mio. kg liegen. Bis 2020 sind das über 300 Mio. kg.


Mit einem kontinuierlichen Zuwachs nach 2015 rechnet auch Ralf Hinrichs, Geschäftsführer der Molkerei Ammerland aus Wiefelstede in Niedersachsen: „Es wird keine Milch-Schwemme geben, aber die ansteigende Anlieferung wird sich bei uns in gleichem Maße fortsetzen.“


Allerdings rechnen nicht alle Molkereien in Deutschland mit einer steigenden Milchproduktion. Insbesondere im Süden und Südwesten ist das Bild differenzierter. In Rheinland-Pfalz z. B. wird die produzierte Milchmenge auch nach 2015 nahezu konstant bleiben. „Das lässt sich heute schon erkennen, da wir weder Quote gewinnen noch verlieren“, sagt Helmut Stuck von Hochwald Foods.


In Bayern wird es voraussichtlich nicht zu deutlich mehr Milch, aber weiterhin zu einer regionalen Verschiebung der Milchproduktion kommen. „Die Milch wird in den Grünlandregionen sowie in Regionen ohne Alternative wachsen, wie dem Allgäu, dem südlichen Oberbayern und dem Bayerischen Wald. In Summe wird die Menge aber nur moderat zulegen. Denn in den Hochburgen wird die fehlende Fläche bremsen, in anderen Regionen gibt es lukrative Alternativen zur Milchwirtschaft“, prognostiziert Dr. Hans-Jürgen Seufferlein, Verband der Milcherzeuger.


Die unterschiedliche Entwicklung der Milchmengen in den Regionen wirkt sich auf die Logistik der Molkereien aus. „Um die Transportkosten so gering wie möglich zu halten, müssen wir die Tourenplanung ständig optimieren. Die Mengenplanung hilft uns dabei“, erklärt Cordes.


Kommt die A/B-Quote?

Intern beschäftigen sich inzwischen fast alle Molkereien mit der Mengenplanung nach 2015. „Allerdings sprechen nicht alle offen darüber, da sie Diskussionen über ein mögliches Nachfolgemodell der Milchquote nicht aufkommen lassen wollen“, sagt Dr. Björn Börgermann vom Milchindustrie-Verband.


Denn: Spätestens seitdem die Molkereien Berglandmilch aus Österreich und Rouveen aus Holland angekündigt haben, nach dem Quoten-Ende für eine ­bestimmte Milchmenge einen höheren Preis (A-Preis) und für die restliche Milchmenge einen niedrigeren Preis (B-Preis) zu zahlen, ist auch in Deutschland die Diskussion über ein A/B-Preissystem wieder entflammt.


Dieses Thema ersticken die Molkerei-Vertreter jedoch im Keim. Denn nach dem Vorstoß der Berglandmilch kündigen vor allem junge und wachstumswillige Milcherzeuger ihre Mitgliedschaft und suchen Abnehmer ohne A/B-Preise. Deshalb spricht Wolfgang Rommel von Arla Foods Deutschland Klartext: „Es wird definitiv kein A/B-Preissystem geben!“


Auch bei den Privatmolkereien wird es kein Zweipreis-System geben, versichert Christian Schramm, Milcheinkäufer bei Zott. Die Begründung liefert Susanne Nüssel vom Verband der Privatmolkereien Bayern: „Ein A/B-Preissystem funktioniert in einem offenen Markt nicht. Der Handel würde von den Molkereien verlangen, das teure Premium-Produkt aus der preisgünstigen B-Milch zu produ-zieren.“


Teilnahme ist freiwillig.

Alle Molkereien betonen, dass die Milchmengen-Prognosen ausschließlich für die strategische Ausrichtung des Unternehmens bestimmt sind, nicht für die Reglementierung der Milchmenge. „Deshalb ist die Teilnahme auch freiwillig, niemand muss mit­machen. Zudem ist sie bei uns völlig anonym, sodass wir gar nicht wissen, welcher Milcherzeuger welche Mengen angegeben hat“, sagt Berthold Hungenbach von FrieslandCampina Köln.


Ferner versprechen die Molkerei-Vertreter, dass es keine Sanktionen gibt, wenn Plan- und Ist-Menge voneinander abweichen. „Es wird keine Strafe geben, wenn die geplante Menge unter- oder überschritten wird“, versichert Steffen Lange von der Sachsenmilch (Müller) in Leppersdorf.


Zott mit anderem System:

Einen anderen Weg geht die Privatmolkerei Zott. Den Mengen-Umfragen steht sie kritisch gegenüber: „Das bringt nichts. Allein die Natureinflüsse können sämtliche Prognosen der Milcherzeuger über den Haufen schmeißen, ohne dass sie etwas dafür können“, sagt Schramm.


Die Privatmolkerei hat deshalb bereits 2009 in einer Diplomarbeit eine ausführliche Analyse über die Lieferanten erstellen lassen. Darin wurde ausgewertet, wie sich die Anlieferung jedes einzelnen Erzeugers in den zurückliegenden Jahren entwickelt hat. Durch Gespräche mit den Vorsitzenden von Milcherzeugergemeinschaften oder den Fahrern der Milchsammelwagen wurden weitere Details zu den Betrieben ermittelt, beispielsweise ob es ein Anbinde- oder Laufstallbetrieb ist oder die Hofnachfolge geregelt ist. „Damit haben wir sehr viele Informationen über die Milchlieferanten in unseren Einzugsgebieten. So ermitteln wir jedes Jahr im Voraus die zu erwartende Milchmenge und die zu erwartenden Milchinhaltsstoffe“, sagt Schramm.


Für Zott ist dieses Vorgehen sehr wichtig. Da das Einzugsgebiet hinsichtlich der Milchmengen-Entwicklung sehr hete­rogen ist, will sich die Molkerei so langfristig den Rohstoff sichern. „Molkereien in Milch-Hochburgen haben es da deutlich einfacher und brauchen nicht so einen Aufwand für die Rohstoffsicherung betreiben“, sagt Milcheinkäufer Schramm.


Das bestätigt sich beispielsweise bei frischli aus Rehburg-Loccum (Niedersachsen). Geschäftsführer Hans Holtorf macht sich – zumindest öffentlich – keine Sorgen um die Rohstoffversorgung.


Wird alle Milch abgeholt?

Die Milcherzeuger beschäftigt zudem die Frage, ob nach 2015 noch die komplette Milch abgeholt wird. Für die (großen) Genossenschaftsmolkereien ist die Antwort klar: „Sämtliche Milch unserer Mitglieder wird auch nach dem Quotenende abgeholt – ohne wenn und aber!“, sagt Stuck von Hochwald. Bei der Mutter-Genossenschaft in Thalfang wird nur Mitgliedermilch verarbeitet, keine Zukaufmilch („closed shop“).


Anders kann es bei Genossenschaften aussehen, die zusätzlich noch Milch über Lieferverträge beziehen oder Tochterunternehmen mit Zukaufmilch haben. Je nach Marktlage wollen sie nach 2015 Verträge auslaufen lassen oder kündigen, um sich vor Übermengen zu schützen.


Vertreter von Privatmolkereien halten diese Androhung aber für Panikmache und Werbung für die Genossenschaften: „Die machen doch nur Druck, damit die Lieferanten Mitglied bei den Genossenschaftsmolkereien werden.“


Zott und die meisten anderen Privatmolkereien stellen ihren Lieferanten ebenfalls eine uneingeschränkte Abnahmegarantie in Aussicht, nur wenige wollen eine konkrete Liefermenge im Vertrag definieren. „Bisher sagen meine Mitgliedsunternehmen, dass sie sämtliche auf dem Betrieb produzierte Milch abholen. Alles andere müsste explizit verhandelt werden. Sicher ist, dass es überhaupt nichts mit der jetzigen Milchquote zu tun haben wird“, sagt Verbands-Frau Nüssel.


Markus Seemüller, Geschäftsführer der Bayern MeG, bestätigt auch für „seine“ Milcherzeugergemeinschaften eine uneingeschränkte Milchabnahme.


Honorar für Bauern?

Der Aufwand der Bauern für die Milchmengen-Prognose ist nach Einschätzung der Molkereien überschaubar. Deshalb wird es vermutlich keine Entschädigung für die Mitglieder geben, die sich an der Planung beteiligen.


„Die Milchbauern sollten sich als Teil der gesamten Wertschöpfungskette sehen: Je besser die Molkerei planen kann, desto besser wird das Ergebnis und desto höher wird der Milchpreis“, sagt Hungenbach. Wie oft die Mitglieder von FrieslandCampina zur Milchmengen-Planung aufgefordert werden und ob das Ausfüllen ausschließlich über das Internet oder auch in Papierform möglich ist, kann er momentan noch nicht sagen.


Auch beim DMK wird es keine Aufwandsentschädigung geben. Einzelne Milcherzeuger monieren das: „Die Molkerei will von uns im Voraus die Milchmenge wissen, den Milchpreis verrät sie im Voraus aber nicht“, ärgert sich ein DMK-Mitglied. Das sehen aber nicht alle so: „Nur wenn die Molkerei weiß, wie viel Milch kommt, kann sie den Absatz und die Verwertung optimieren. Das kommt allen zugute“, sagt z. B. Miriam Peitsmeyer aus Espelkamp in Niedersachsen.


Eine Stunde:

Die Milcherzeugerin hat schon mehrere Planungsrunden mitgemacht. Ihre Erfahrung: Je mehr Zeit man sich für die Planung nimmt, desto genauer lassen sich die Milchanlieferungen vorhersagen. „Für eine sehr gründliche Jahresplanung benötigen wir etwa eine Stunde. Dazu nehmen wir die LKV-Daten und berücksichtigen auch Parameter wie anstehende Abkalbungen oder die Futterqualität. Dennoch bleibt eine gewisse Ungenauigkeit, vor allem gegen Ende des Prognosezeitraums“, sagt Peitsmeyer.


Für die Zukunft wünscht sie sich von ihrer Molkerei eine schlichte Checkliste mit allen Fragen, die für die Mengenplanung relevant sind.P. Liste

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