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Endgewichte: Mäster kontra Schlachter

Lesezeit: 6 Minuten

Die Fleckvieh-Bullen werden immer schwerer. Die Schlachtbetriebe reagieren mit empfindlichen Preisabzügen. Rechnen sich dann hohe Schlachtgewichte noch?


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Wenn wir rote Kugelschreiber produzieren, aber am Markt grüne verlangt werden, bleiben die roten liegen“, beschreibt Se-bastian Brandmaier, Geschäftsführer der Viehvermarktungsgenossenschaft (VVG) Oberbayern-Schwaben plakativ die Situation in der Bullenmast.


Was will der Markt?

Die Anforderungen des Marktes sind relativ einfach: Jungbullen mit einem Alter von 18 Monaten und vor allem einem nach oben gedeckelten Schlachtgewicht von etwa 430 kg. Soweit die Theorie und der Wunsch von Schlachtbetrieben und Verarbeitern. Tatsächlich bewegen sich die Jungbullen-Schlachtgewichte aber seit Jahren bergauf. Brachten bayerische U3-Bullen 2004 ein Schlachtgewicht von durchschnittlich 406,5 kg auf die Waage, waren es 2013 schon 435,2 kg.


Eine interne Auswertung der VVG Oberbayern-Schwaben zeigt die enorme Spreizung der Schlachtgewichte im Jahr 2014. Von 64 784 Jungbullen kategorisierte die Genossenschaft 11,6 % als zu leicht, 62,0 % waren optimal und immerhin ein gutes Viertel zu schwer (Übersicht 1). 2014 stagnierten die Gewichte erstmals. „Das Ende der Fahnenstange scheint erreicht zu sein“, meint Brandmaier, auch mit Blick auf das erste Vierteljahr 2015.


Die Fleischbranche freut es. Der Lebensmittelhandel will gleichmäßige, dem Verbraucher antrainierte Größen für Rouladen, Steaks und Filets. Zu große Fleischstücke bringen einen erhöhten Anteil an Verarbeitungsfleisch. Auch die Abnehmer im Export kauften – jedenfalls bis zur Wirtschaftskrise in Südeuropa – leichtere Bullen.


Um ihre Wünsche durchzusetzen und gleichzeitig dem Trend zu immer schwereren Bullen entgegenzuwirken, versuchen die Schlachtbetriebe, mit Preismasken den Trend zu stoppen. Alles, was über einem Basisgewicht (je nach Schlachtunternehmen 440 bis 469 kg) liegt, wird mit Abzügen belegt. Diese können heftig werden und liegen maximal bei 50 ct/kg für Schlachtgewichte über 510 kg. Bei 530 kg Schlachtgewicht gibt es in Einzelfällen Abzüge von 55 ct/kg. „Das ist dann unter dem Preis für Kuhfleisch“, so Brandmaier.


Letztes Jahr war es z. B. mit der Honorierung in der Bullenmast nicht weit her und die Schlachtbetriebe hatten es leichter, ihre Wünsche durchzusetzen. Ein Blick in die Auswertung der Fleischleistungsprüfung des Landeskontrollverbandes Bayern zeigt das: Jungbullen der Kategorie U3 erzielten im Jahresmittel 3,68 €/kg Schlachtgewicht ohne MwSt., inklusive Zu- und Abschläge, wie Herkunfts- und Qualitätsprogramme und auch Biozuschläge.Ausgelöst durch niedrige Schlachtpreise und gestiegene Erzeugerkosten, vor allem im Kälbereinkauf, sank die Direktkostenfreie Leistung (DkfL) der Betriebe um mehr als die Hälfte. Erreichte ein Mastbulle 2013 noch eine DkfL von 482 €, sank sie 2014 auf 215 €. Auf den Futtertag bezogen sind das 0,45 € pro Tier. Davon müssen Löhne, die Verzinsung des Umlaufkapitals und die Abschreibung der Gebäude sowie sonstige Festkosten bezahlt werden (Übersicht 2).


Die Spreizung zwischen den besten und schwächsten Bullenmästern ab Kalb ist enorm. Die Top 10 % bringen es auf 0,74 € DkfL je Tier und Futtertag, die schwächsten 10 % haben nur 0,06 €.


„Wenn Rindfleisch knapp ist, sind die Landwirte in einer besseren Verhandlungsposition“, sagt Spezialberater Albert Stegmeir vom Fachzentrum Rindermast in Pfaffenhofen.


Anders bei hoher Nachfrage:

Ihm pflichtet Sebastian Brandmaier bei: „Nicht selten sind diese Preismasken nur Lippenbekenntnisse, weil sie am Markt nicht umsetzbar sind.“ Seine Genossenschaft vertritt die Interessen von 15 000 Landwirten überwiegend in Nieder- und Oberbayern sowie Schwaben und vermittelt jährlich rund 60 000 Bullen an zehn verschiedene Schlachtbetriebe in Bayern. Als starke Marktmacht gegenüber der aufnehmenden Hand lassen sich Preismasken der Schlachtbetriebe in manchen Situationen einfach aussitzen. Über das ganze Jahr gesehen kommen Bullenmäster aber nicht an der Preisstaffelung vorbei. Eine Marktanpassung für die Mäster ist daher schon aus Sicht der Wirtschaftlichkeit angesagt.


Wie schon im gesamten Jahr, liegen auch im Frühsommer 2015 die Preise über dem Vorjahresniveau. Mitte Juni pendelten die Preise für U3-Bullen in Bayern zwischen 3,70 und 3,80 €/kg mit einer leicht positiven Tendenz. Der Marktpreis nimmt somit eine erfreuliche Entwicklung, die so im Sommer eher ungewöhnlich ist, weil Verbraucher in dieser Jahreszeit lieber Schweinesteaks auf den Grill legen. Preismasken sind nicht durchsetzbar.


Deshalb stellt sich die Frage: Wie schwer sollte ich meine Mastbullen machen, um den höchsten finanziellen Nutzen je Stallplatztag zu haben? Dass die Mast mit hohen Endgewichten bei Fleckvieh keineswegs durch eine längere Mastdauer erkauft wird, beweist die LfL. „Da hat sich in den vergangenen Jahrzehnten einiges getan“, so Ulrich Geuder. Die Erweiterung des Rahmens bei der Zweinutzungsrasse Fleckvieh und der gleichzeitigen Verbesserung von Fundament und Klauen machen tägliche Zunahmen von 1 400 g auch bei Bullen mit Mastendgewichten über 775 kg möglich. Eine aus­geklügeltere Rationszusammenstellung in den Mast­abschnitten mit höheren Energiedichten und einer opti­mal angepassten Eiweißversorgung kommt hinzu. Der Tierwohlgedanke mit niedrigeren Besatzdichten, verbessertem Stallkomfort und Lüftung tat ein Übriges dazu.


Die Vorteile hoher Mast­endgewichte sind:


  • Mit zunehmendem Gewicht verbessert sich die Konformation der Schlachtkörper. Das ergibt eine bessere Handelsklasseneinstufung in der Fleischigkeit, die mehr Geld pro kg bringt.
  • Die Ausschlachtung erhöht sich.
  • Ein geringerer Arbeitszeitbedarf je kg Schlachtgewicht durch geringere Umtriebe pro Mastplatz. Mäste ich einen Bullen auf 500 kg Schlachtgewicht, muss ich nur ein Kalb kaufen und als Bulle vermarkten. Mäste ich den Bullen jedoch nur bis 375 kg, muss ich für 500 kg Schlachtgewicht 1,25 Kälber kaufen und vermarkten.
  • Die Kälberkosten, die rund 50 % der variablen Kosten ausmachen, verteilen sich auf mehr kg Schlachtgewicht.E


s gibt auch Nachteile:


  • Höhere Mastendgewichte bedeuten eine längere Mastdauer. Da diese Tiere den Mastplatz länger belegen, sinkt die Zahl der Umtriebe.
  • Schwergewichtler benötigen mehr Platz in der Endmast, was zu niedrigeren Besatzdichten führt.
  • Bei schweren Tieren steigt der Erhaltungsbedarf.
  • Preisabschläge drohen bei Überschreitung bestehender Gewichtsgrenzen.
  • Mit zunehmendem Gewicht steigt die Verfettung des Schlachtkörpers. Bei zu starker Verfettung werden Preisabschläge fällig.


Rechnet sich das?

Eine Analyse der LfL verdeutlicht, dass die DkfL je Bulle auch bei Schlachtgewichten von 470 kg ansteigt. Durch eine intensive Fütterung haben Jungbullen ein hohes Durchhaltevermögen bis zu einem Lebendgewicht von 840 kg mit 1 400 g täglichen Zu­nahmen. Der Mehrerlös je Futtertag bei einer 58 %igen Ausschlachtung und einem Schlachtpreis von 3,80 € liegt bei 3,08 €. Davon müssen die Grund- und Kraftfutterkosten für jeden zusätzlichen Futtertag abgezogen werden.


Ulrich Geuder beantwortet die Frage, ob sich hohe Endgewicht auszahlen, deshalb mit einem klaren „Ja“, mit der Einschränkung: „Wenn keine Preismasken greifen.“ Dieses Risiko bleibt.

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