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Feintuning der Ration mit dem Pansensensor

Lesezeit: 6 Minuten

Mit einem neuen Sensor kann die Pansengesundheit automatisch überwacht werden. Die Pioniere der Technik berichten.


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Bei unserer Hochleistungsherde können wir uns Stoffwechselprobleme nicht erlauben. Der neue Pansensensor hilft uns, kritische Situationen frühzeitig zu erkennen und abzustellen“, erklärt Dierk Engelbrecht aus ­Bokholt- Hanredder in Schleswig-Holstein. Er hält 250 HF-Kühe mit einer durchschnittlichen Leistung von ca. 11 000 kg Milch mit 4,1 % Fett und 3,3 % Eiweiß.


Seit September 2011 hat er bei insgesamt sechs Tieren den neuen Sensor, der einem handelsüblichen Bolus ähnelt, eingegeben. Anlass dafür war, dass vor allem im Frühjahr 2011 innerhalb von zwei Wochen gleich vier Kühe an einer klinischen Pansenazidose erkrankt waren: „Der Sensor gibt uns die Garantie, dass es künftig gar nicht mehr so weit kommen kann“, ist Engelbrecht überzeugt. Der Betriebsleiter gehört zu den Pionieren der neuen Technologie. Bisher gibt es in Deutschland erst ca. 150 Kühe, bei denen mittels Sensor im Pansen der pH-Wert und die Temperatur kontinuierlich automatisch gemessen und aufgezeichnet werden.


Wie funktioniert die Sonde?

Der batteriebetriebene Pansensensor (Fa. Smaxtec) ist etwa so groß wie ein normaler Bolus und wird genauso mit einem Eingeber über das Maul verabreicht (siehe top agrar, Nr. 12/2010, S. R 30). Mit seinem Gewicht von 208 g sinkt er auf den Netzmagen des Tieres und misst dort alle zehn Minuten den pH-Wert und die Temperatur. Diese Daten werden im Sensor gespeichert. Sobald die Kühe in Funkkontakt zu den im Stall montierten Antennen sind, werden die Daten an eine externe Empfangseinheit übertragen. Der Praktiker hat die Wahl zwischen einer mobilen und einer festinstallierten Empfangseinheit. Bei Engelbrecht ist eine Empfangseinheit im Melkstand installiert. Dort sind auch Antennen angebracht. Für Kühe in der Abkalbebox nutzt Engelbrecht eine mobile Empfangseinheit. Diese Einheit ist über LAN mit einem Internet-Server verbunden.


Die pH-Werte und die Temperaturen können am Rechner als Tabellen oder als Kurven abgerufen werden. Die Messdauer und Datenspeicherkapazität beträgt ca. 50 Tage. Der Sensor bleibt aber auch danach im Pansen des Rindes und wird im Schlachthof entsorgt. Er wurde von der DLG auf Pansenbeständigkeit getestet. Ein Boli kostet ca. 500 €. Die Basisstation mit Antenne kostet 2 492 €, die mobile Empfangseinheit ca. 800 €.


Welche pH-Werte sind normal?

Bei einer gesunden Pansenphysiologie verläuft die pH-Kurve gleichmäßig auf einem Niveau zwischen pH 5,8 und 6,7. pH-Schwankungen von 0,8 bis 1 pH-Punkt pro Tier und Tag sind noch als normal anzusehen.


Schlägt sie kurzzeitig extrem aus, ist von Problemen bei der Futterverwertung auszugehen oder das Tier leidet unter anderem Stress. Eine azidotische Stoffwechsellage ist ab einem pH-Wert von unter 5,5 erreicht.


Ration umgestellt:

Dierk Engelbrecht hat die Sensoren auf Anraten seines Fütterungsberaters Christian Treichel vor allem bei Tieren vor der Kalbung eingesetzt. „Das war in diesem Betrieb der besonders kritische Zeitraum mit gehäuft auftretenden azidotischen Stoffwechsellagen. In anderen Herden kann dagegen ein anderer Zeitraum ratsam sein“, erklärt Treichel.


Seit dem Einbau von Schnitzel und Natriumbikarbonat in die Ration und der Rücknahme des Weizenanteils sind im Betrieb Engelbrecht keine Azidosen mehr aufgetreten. Zurzeit verlaufen die pH-Kurven der beiden noch aktiven Boli relativ gleichmäßig auf einem Niveau von pH 6,3 und 6,5. Ein Zeichen dafür, dass sich die Pansenbakterien angepasst haben und dass sowohl die Futterverwertung als auch das Fütterungsmanagement stimmt. „Wir achten jetzt mehr darauf, dass das Management jeden Tag gleich abläuft. Zu Beginn konnten wir anhand der Kurvenausschläge sogar nachvollziehen, welcher Mitarbeiter gerade mit dem Füttern dran war“, so der Betriebsleiter.


Die TMR-Ration wird einmal pro Tag vorgelegt und mehrmals nachgeschoben. Sie besteht aus 70 % Mais und 30 % Grassilage. Kurzzeitige Ausschläge im pH-Wert gibt es immer zur Melkzeit oder zu den Fütterungszeiten.


Wie wird ausgewertet?

Dierk Engelbrecht ruft an seinem Rechner alle zwei bis drei Tage die pH-Kurven ab. Bei starken Ausschlägen oder Schwankungen setzt er sich mit seinem Fütterungsberater zusammen, um über mögliche Anpassungen in der Ration zu sprechen.


Auch Milcherzeuger Jan Thormählen aus Haselund ist bei der Auswertung der Kurven auf seinen Berater angewiesen: „Allein kann ich mit den Werten noch nichts anfangen, weil Vergleiche und Grenzwerte fehlen. Die Auswertung müsste praxisgerechter sein.“ Thormöhlen hat bereits zehn Pansensensoren getestet (siehe Standpunkt, Seite R 26).


Besonders interessant ist diese Technik für die beiden Praktiker vor und nach einer Rationsumstellung z. B. bei neuer Silage. Mit den Temperaturwerten im Pansen können sie allerdings nicht viel anfangen. Die Werte erlauben lediglich einen Rückschluss darauf, wie häufig das Tier säuft.


Neben den hohen Kosten beurteilen die Praktiker auch die kurze Messdauer von 50 Tagen als unbefriedigend: „Ab dem 50. Tag liefert das Gerät nur noch stark schwankende Messwerte. Sie sind dann aus meiner Sicht nicht mehr verlässlich“, so Jan Thormählen. Für ihn wäre eine Messdauer von 100 Tagen wünschenswert. Der Hersteller arbeitet nach eigenen Angaben aber bereits an einer Verlängerung der Messdauer. Geplant sind außerdem eine Alarmfunktion bei Über- oder Unterschreiten eines Herden-Mittelwertes und die Integration in Herdenmanagement-Programme.


Für welche Betriebe geeignet?

Der Pansensensor eignet sich in erster Linie für ein Dauermonitoring der Pansengesundheit in größeren Herden mit hohen Leistungen. Denn dort besteht ständig eine Gefahr für Pansenazidose. Alternativ kann er aber auch in kleineren Betrieben bei konkreten Problemen in einem bestimmten Laktationsabschnitt z. B. in der Frühlaktation eingesetzt werden.


Für Betriebe mit Weidegang ist der Sensor nicht uneingeschränkt zu empfehlen: „Dieser massive Wechsel der Futtersituation führt zu einer starken Beunruhigung der Pansenflora, die über den pH-Sensor messbar ist. Da sich die Pansenflora etwa alle vier Stunden neu bildet, ist Weidehaltung über diesen Zeitraum hinaus nicht zu empfehlen“, so Berater Treichel.


Welche Tiere auswählen?

Um eine Aussage für die Herde treffen zu können, sollte man bei 10 bis 15 % der Tiere einen Boli eingeben. Wichtig ist, dass man durchschnittliche, d. h. problemlose Kühe als Indikatortier auswählt. Liegt eine konkrete Fragestellung im jeweiligen Betrieb vor, sollte vor allem Tieren in dem betreffenden Laktationsabschnitt ein Boli eingegeben werden.


In der Startphase einer Messung kann vor allem eine Aussage über die Pansengesundheit des Einzeltieres getroffen werden. Auf die ganze Herde sind die Daten erst übertragbar, wenn man die individuellen Schwankungen des Einzeltieres kennt und deshalb ausblenden kann. Außerdem ist wichtig, immer pH-Kurven von mehreren Tieren mit der gleichen Ration gemeinsam auszuwerten und weitere Parameter wie z. B. Futteraufnahme, Kotkonsistenz hinzuzuziehen.


Ausblick:

Dierk Engelbrecht will den Sensor auch in Zukunft für das Fütterungscontrolling nutzen. Zur Kostenreduktion will er allerdings Natriumbikarbonat künftig nur noch bei den Frischmelkern einsetzen: „Durch den Pansensensor sehe ich ja frühzeitig, wie sich der pH-Wert verhält und kann schnell umsteuern.“


Damit die pansenphysiologischen Prozesse in der Herde von Dierk Engelbrecht noch konstanter ablaufen, empfiehlt ihm sein Fütterungsberater Christian Treichel den Umstieg auf dreimaliges Melken: „Dann ist der Biorhythmus der Tiere kürzer getaktet. Die Futteraufnahme ist gleichmäßiger und der Pansen läuft damit stabiler und effizienter.“

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