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Flüssiges Eiweiß für Kühe und Bullen

Lesezeit: 8 Minuten

Aus Belgien und Holland kommen neue, flüssige Eiweißfutter auf den deutschen Markt. Wie werden sie eingesetzt und was kosten sie?


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Die Bioethanolbranche in Belgien und Holland brummt. Positiver Nebeneffekt des Booms: Immer neue Nebenprodukte kommen auf den Futtermittelmarkt.


Denn bei der Erzeugung von Bioethanol fallen große Mengen Getreideschlempen an. Diese eiweißreichen Nebenprodukte finden immer häufiger Einzug in Milchvieh- und Bullenmastrationen.


Schlempe soll Soja ersetzen


Die Landwirte wollen mit dem flüssigen Eiweiß Rationen mit Sojaschrot, Rapsschrot oder Biertreber ergänzen bzw. ersetzen, um die Futterkosten zu drücken.


Bislang waren nur die Trocken- und Pressschlempen aus den ostdeutschen Bio­ethanolfabriken in Deutschland erhältlich. Deren Verwertung findet aber hauptsächlich über die Einmischung im Kraftfutter statt. Nur wenige, vornehmlich ostdeutsche Betriebe, kaufen die Trockenschlempen direkt zu.


Neu auf den Markt kommen jetzt Flüssigschlempen aus den Niederlanden und Belgien. Auf rund 450 000 t Schlempe schätzt Erik Rensink, vom Futtermittelhändler Hedimix, die Produktion in den beiden Nachbarländern. Sie sollen zum größten Teil direkt an landwirtschaftliche Betriebe vermarktet werden.


Alleine das Südzucker-Werk in Wanze produziert rund 250 000 t des flüssigen Eiweißes. Weitere Werke stehen in Gent und Aalst.


Die Schlempen werden von Futtermittelhändlern wie Beuker, Duynie oder Hedimix auch in Deutschland vertrieben. Bei den Rindern werden derzeit hauptsächlich die vier Schlempen aus Übersicht 1 eingesetzt. Sie unterscheiden sich vor allem im Trockensubstanzgehalt (TS) und beim Rohprotein.


Ausgangsprodukt der Schlempen ist in der Regel Weizen, z.T. auch Mais, dessen Stärke in der Ethanolfabrik in Alkohol umgewandelt wird. Nachdem der Alkohol ausgeschieden wurde, bleibt die Schlempe als „Abfallprodukt“ übrig.


Bis zu 10 kg pro Tier und Tag


Die Einsatzmengen sollen zwischen 1 und 10 kg pro Tier und Tag liegen, je nach Gewicht der Tiere und TS-Gehalt der Gesamtration, so die Empfehlung der Firmen. Höhere Einsatzmengen sind aufgrund der fehlenden Strukturwirkung der Flüssigschlempe nicht möglich, sonst kann es zu Durchfällen kommen.


Offizielle Empfehlungen von deutschen Fütterungsberatern zu Einsatzmengen gibt es noch nicht.


Angeliefert wird das flüssige Eiweiß mit Tankzügen direkt vom Werk mit einer Temperatur von 40 bis 45 °C. Die Lagerung erfolgt dann in großen Kunststofftanks, die mit einer Rührvorrichtung oder einem Rundpumpsystem ausgestattet sein sollten. Denn die Produkte setzen sich mit der Zeit leicht ab.


Unmittelbar vor der Verfütterung sollte die Schlempe daher einmal aufgerührt werden. „Viele Betriebe nutzen dazu auch eine automatische Steuerung, die zu festen Zeiten die Schlempe im Tank umrührt“, so Bart Grob von der Fa. Duynie. Zudem sollte der Tank von innen beschichtet sein und mindestens zweimal jährlich gereinigt werden.


Die Tankgröße sollte der eines Tankzuges (25 m3) entsprechen, da nur volle Züge angeliefert werden. Die Mindest­tankgröße liegt damit bei 30 m3. Besser sind allerdings Größen von 50 bis 60 m3, da so mindestens zwei Tankzüge gelagert werden können.


Unter oder neben dem Tank ist eine Excenterschnecken- oder Drehkolbenpumpe installiert, die die Schlempe in den Mischwagen fördert. „Ist kein Rührwerk vorhanden, sollte die Pumpe auch für das Aufrühren (Rundpumpen) der Schlempe genutzt werden können“, rät Jos Berntsen von der Firma Beuker.


Einstieg kostet 6 000 bis 15 000 Euro


Die Investitionskosten in Silo, Pumpe und Steuerung sowie Betonfundament liegen zwischen 6 000 € bei gebrauchtem Tank und bis zu 15 000 € für eine neue Lösung. Die Umstellung der Fütterung und damit verbunden die Anschaffung von Tank und Pumpe sollte daher genau kalkuliert werden.


Denn die hohen Einstiegskosten und die Mindest-Umsatzmengen machen den Einsatz eigentlich nur für größere Betriebe mit mehr als 80 Kühen bzw. Bullen interessant. Nur diese Betriebsgrößen kommen auf einen Mindestverbrauch von 25 m3 in zwei Monaten.


Vorteil des Tanksystems bleibt aber trotz der Kosten, dass es auch anderweitig z.B. für die Melasselagerung genutzt werden kann. Der Tank sollte dazu aber möglichst nicht auf der Südseite von Gebäuden stehen, um ein zusätzliches Aufheizen im Sommer zu verhindern.


Inzwischen setzen schon mehr als 400 Landwirte in Belgien und den Niederlanden Flüssigschlempen in ihren Rationen ein, Tendenz steigend. Denn Fakt ist: Derzeit sind die Schlempen deutlich günstiger als Soja- oder Rapsschrot in der Ration wie unsere Kalkulation zeigt (Übersicht 2 auf Seite R 18).


Bei einem Sojapreis von 30 €/dt und einem Weizenpreis von 12 €/dt sind die Schlempen, je nach Produkt, bis zu einem Grenzpreis von 3,65 €/dt bis 7,12 €/dt einsetzbar. Je nach Entfernung und Trockensubstanzgehalt kosten die Schlempen derzeit zwischen 2,30 und 3,00 € pro dt.


Schlempe ein günstiges Eiweißfutter


Selbst bei Rapsschrotpreisen von 14 bis 16 €/dt sind die Schlempen noch preisgünstig, so dass ohne Probleme ein Teil des Eiweißfutters durch das Flüssig-eiweiß ersetzt werden kann.


Problem bleibt die Verfügbarkeit. Da es sich um ein flüssiges Produkt handelt, ist es nur eingeschränkt transportwürdig. So bieten die Futtermittelhändler ihre Flüssigschlempen bislang nur in einer Linie von Hamburg bis ins Saarland an. Je weiter entfernt von der belgisch-niederländischen Grenze der Betrieb liegt, desto teurer wird die Schlempe.


Um die Schlempen haltbar zu machen, werden ihnen 0,3 bis 0,5 % Propion- oder Ameisensäure zugesetzt. Alle Anbieter garantieren eine Haltbarkeit der Produkte von mindestens zwei Monaten. Der pH-Wert bewegt sich um 4.


Je nach Produkt liegt der Trocken-substanzgehalt zwischen 23 und 33 % TS, trotzdem sind die Schlempen pump- und fließfähig. Die Rohproteingehalte schwanken zwischen 275 und 310 g Rohprotein, die Energiegehalte zwischen 7,68 und 8,02 MJ NEL. Den Futterwert und die Abbauraten des Rohproteins in den Schlempen werden in den Niederlanden per „in vitro-Verfahren“ durch das Forschungszentrum Schothorst in Lelystad bestimmt.


„Allerdings sollte man trotzdem nicht immer der Deklaration der Hersteller trauen“, sagt Dr. Bart Tas vom Forschungszentrum Schothorst. Er empfiehlt den Landwirten die Zusammensetzung per Stichprobe zusätzlich untersuchen zu lassen, um Sicherheit bei der Rationsberechnung zu haben.


Da es sich um ein flüssiges Produkt handelt, ist es zudem nicht für alle Rationen geeignet. „Die Grundration sollte mindestens 40 % TS haben, sonst wird sie beim Zusatz der Schlempe zu nass“, sagt Jan Franke, Milchviehhalter aus dem westfälischen Ochtrup.


Er setzt bereits seit zwei Jahren das flüssige Eiweiß in der Ration seiner 160 Kühe ein. „Die Kühe bekommen rund 6 bis 8 kg pro Kuh und Tag, je nach Qualität der Grassilage“, so Franke.


Der Milchviehhalter konnte die Futterkosten drücken und den Einsatz von teurem Sojaschrot reduzieren. „Bei den aktuellen Sojaschrotpreisen spare ich so 15 bis 16 Cent pro Kuh und Tag ein, das wären im Jahr fast 7 000 €.“


Für die Lagerung hat sich Franke einen gebrauchten Kunststoff-Tank gekauft. Neben dem Tank hat er eine Excenterschneckenpumpe angebracht, so dass er die Schlempe zusätzlich rundpumpen kann.


„Wir hatten zunächst keine Möglichkeit die Schlempe aufzurühren, so dass es zu Ablagerungen kam“, erklärt Franke. Die Kosten für den Einstieg in die Schlempenfütterung beziffert Franke auf ca. 8 000 €.


Mischung ist homogener


Auch Dick Wennmars aus Dalfsen in den Niederlanden setzt seit fast einem Jahr ein Weizenhefekonzentrat bei Kühen, Kälbern und Jungvieh ein.


Wennemars sieht nicht nur Vorteile in der Preiswürdigkeit der Schlempenfütterung. Nach seiner Erfahrung werden die Futtermischungen durch den Einsatz der Schlempe deutlich homogener.


„Durch das Einmischen der Schlempe bleiben trockene, mehlförmige Futtermittel deutlich besser an der Mais- oder Grassilage hängen. Sie kleben geradezu daran“, sagt Wennemars. Bei trockenen Rationen gibt es so weniger Probleme mit einer Entmischung am Trog. Die Kühe können nicht mehr selektieren beim Fressen, die gesamte Ration ist schmackhafter.


Weiterer Pluspunkt für den Milchviehhalter: Bei der Schlempe treten nur geringe Lagerverluste auf und sie macht weniger Arbeit bei der Lagerung als z. B. Biertreber.


Bei der Befüllung des Mischwagens sollte man allerdings genau auf die Reihenfolge achten, so die Erfahrung des Betriebsleiters: „Bei Paddelmischern kann die flüssige Komponente bereits zu Beginn des Mischens mit den anderen Kraftfuttermitteln eindosiert werden.“


Bei Vertikalmischwagen sieht es allerdings anders aus: Hier sollte die Schlempe erst am Ende des Futtermischens oder zwischen den Grundfutterkomponenten zugeführt werden, so die Empfehlung der Futtermittelfirmen.


Hauptnachteil der Schlempenfütterung bleibt aus Sicht von Wennemars der hohe Anschaffungspreis der Technik. Für 15 000 € hat sich der Milcherzeuger einen 60 m3-Tank mit Pumpe und Steuerung neben seinen Laufstall gestellt. „Angesichts der hohen Sojaschrotpreise und derzeit günstiger Schlempe werde ich den Tank aber schon in zwei bis drei Jahren zurückverdient haben“, ist der Milchviehhalter überzeugt.


Wir halten fest


Die Schlempen aus den Niederlanden und Belgien sind eine neue Futteralternative auf dem Eiweißmarkt in Nord- und Westdeutschland. Wesentliche Vorteile derzeit sind ihr Preis und die Verfügbarkeit. Nachteile sind die hohen Einstiegskosten in die Fütterung durch die Anschaffung eines Tanks mit Pumpe. Ansgar Leifker

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