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Gänseplage: Landwirte fordern schnelle Hilfe

Lesezeit: 6 Minuten

Bejagung, Vergrämung oder höhere Entschädigung: Die betroffenen Landwirte im Rheiderland drängen auf eine schnelle Lösung für das Gänseproblem. In Hannover aber lässt man sich Zeit.


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Was wir heute in Niedersachsen erleben, hatten die Holländer bereits vor 15 Jahren: Nach dem Jagdverbot der Gänse stiegen die Besatzzahlen deutlich an“, berichtet Kreisjägermeister Jan-Wilhelm Hilbrands aus dem Landkreis Leer.


Etwa zwei Millionen Gänse verur­sachen laut Pressemeldungen bei unseren Nachbarn jährlich Schäden von 25 Mio. € pro Jahr. Jetzt reagieren die Holländer mit einer Kombination aus Vergrämung und Abschuss, stellenweise sogar mit Vergasung auf die Überpopulation. Dabei werden die in der Mauser flugunfähigen Gänse gefangen und mithilfe von Kohlendioxid getötet.


Bejagung gefordert:

Um das Gänseproblem in den Griff zu bekommen, könnte auch hierzulande die Bejagung helfen, hoffen die Landwirte und verweisen gern auf den Nachbarstaat. Doch im Unterschied zu Deutschland seien in den Niederlanden nur im Bereich des Wattenmeers EU-Vogelschutzgebiete ausgewiesen worden, sodass diese Maßnahmen dort möglich seien, teilt das für Jagd zuständige Landwirtschaftsministerium aus Hannover mit. „Niedersachsen lehnt eine Vergasung der Sommergänse als unvertretbar ab“, so das Ministerium.


Es sei nicht vermittelbar, dass die Wintergänse gern gesehene Gäste seien und in dem Moment, ab dem sie länger bleiben oder sogar übersommern, mit allen Mitteln bekämpft werden sollen. Zur Vermeidung der Schäden in der Landwirtschaft müssten in Niedersachsen die Möglichkeiten des Naturschutz- und Jagdrechtes ausgeschöpft werden. So sei eine Vergrämung der Vögel zur Abwendung erheblicher Schäden zu-lässig.


Soweit die Theorie. „Wir wollten auf Flächen außerhalb des EU-Vogelschutzgebietes Knallapparate aufstellen, um die Gänse zu vergrämen. Das hat die untere Naturschutzbehörde mit Verweis auf das Immissionsschutzgesetz und den Artenschutz der Wiesenvögel abgelehnt“, berichtet Landwirt Amos Venema empört.


Zudem hat das Ministerium gerade das Jagdrecht mit der neuen Jagdzeitenverordnung vom 1. Oktober 2014 stark eingeschränkt.


Jagdrecht eingeschränkt:

Während die Jagd früher vom 1. September bis 15. Januar möglich war, dürfen die Jäger Enten und Grau-, Kanada- und Nilgänse nur vom 1. August bis 30. November schießen. „Da die Rinder Anfang November noch auf der Weide sind und wir da nicht schießen können, bleiben nur rund zwei Wochen Jagdzeit“, bewertet Hilbrands dies.


Auch stehen Saat- und Blässgänse jetzt unter Schutz, dürfen also gar nicht mehr geschossen werden. Zudem hat das Landwirtschaftsministerium auch die Außendeichsflächen zum Vogelschutzgebiet erklärt und damit die Bejagung weiter eingeschränkt. „Dabei kommen die Gänse gerade auf diesen Flächen vor“, kritisiert Hilbrands.


Zudem soll eine Intervalljagd eingeführt werden, bei dem die Jäger in einem bestimmten Zeitraum nur in einem Teil des Reviers jagen dürfen – bei den sich schnell bewegenden Vögeln eine völlig untaugliche Methode.


„Keine Ideologie!“

„Eine nachhaltige Bejagung und damit Populationsreduzierung auf ein nachhaltiges und vertretbares Maß ist auch in Deutschland möglich, wenn man es denn will“, bekräftigt Ernst-Ingolf Angermann, Landwirt und CDU-Landtagsabgeordneter. Der ideologisch überzogene Naturschutz der rot-grünen Landesregierung werde aber zu einer weiteren Vermehrung der Gänsepopulation und der damit verbundenen Schäden für die Landwirtschaft führen. „Eine Bejagung der Gänse muss auch weiterhin vom 1. November bis 15. Januar möglich sein“, fordert er.


Ob die Jagd allein ausreicht, ist jedoch umstritten. „Die Bestandszahlen sind trotz der sehr großzügigen Jagdzeiten zwischen 2008 und 2013 gestiegen“, argumentiert der agrarpolitische Sprecher der Grünen-Landtagsfraktion Hans-Joachim Janßen. Die Jagd werde keine gravierenden Auswirkungen auf die Gänsepopulationen haben. Im Gegenteil: Wenn Gänse beschossen würden, fliegen sie mehr, verbrauchen dadurch mehr Energie und müssen diesen Verlust durch noch mehr Fressen kompensieren, befürchtet er.


Landwirte sind frustriert:

Trotz der drängenden Probleme ändert sich von Seiten des Landwirtschafts- und Umweltministeriums nichts. „Wir reden mit den Entscheidern, machen Bereisungen und weisen immer wieder auf die Probleme der Holländer hin – doch ohne Erfolg“, fasst Hilbrands frustriert zusammen. Das merken auch die Gänse und werden zunehmend zahmer. Früher konnte sie schon ein Radfahrer zur Flucht treiben, heute gehen sie träge beiseite, wenn im Frühjahr ein Traktor zum Düngerstreuen über das Feld fährt. „Das ist, als wenn man durch einen Fischschwarm fährt, hinter Dir schließen sich die Reihen ganz schnell wieder, sie haben keine Angst“, berichtet Landwirt Jan Venema.


Erste Milchviehhalter sind so frustriert, dass sie ihre Flächen verstärkt mit Quads „kontrollieren“ wollen in der Hoffnung, die Tiere zu vertreiben. Doch dann landen die Vögel auf den Flächen des Nachbarn. Das Problem ist damit nicht aus der Welt. Im Gegenteil: Die Vögel werden jedes Jahr mehr. Dazu tragen die zunehmend milderen Winter bei, da es keine Notwendigkeit für die rastenden Gänse gibt, weiter in Richtung Atlantik zu ziehen.


Inzwischen schicken einige Landwirte Rechnungen über die Schäden an das niedersächsische Umweltministerium. „Darin haben wir genau aufgeschlüsselt, wie sich die Schäden zusammensetzen. Aber bis heute haben wir dazu keine Rückmeldung erhalten, geschweige denn einen Gesprächstermin“, erläutert Siebend Peters vom Beratungsring Leer.


Lösung Rastspitzenmodell?

Jetzt hoffen die Landwirt auf das Rastspitzenmodell, das auch auf Ackerflächen schon angewendet wird. Dabei werden besonders stark befallene Schläge gesondert betrachtet und ab einer gewissen Schadensschwelle entschädigt. „Das würde uns helfen, da man damit regional sehr genau auf den Punkt reagieren kann“, bewertet Zweigvereinsvorsitzender Klaus Borde das. Allerdings ist die Bewertung des Schadens auf Grünland schwieriger, da Verluste u.a. stark von der Bodenart, der Schnitthäufigkeit und der Narbenzusammensetzung abhängen. Ein Pilotprojekt läuft dazu jetzt an und es kann zwei bis drei Jahre dauern, bis eine Lösung da ist.


Diese Lösung wäre auch aus Sicht des Steuerzahlers sinnvoll. „Wir zahlen jährlich rund 5,5 Mio. € aus dem Landeshaushalt dafür, dass Landwirte die Gänse nicht von ihren Flächen vergrämen. Wir sollten diese Mittel viel gezielter zur Regulierung tatsächlicher Schäden einsetzen“, fordert Grünen-Abgeordneter Janßen.


Die Landwirte machen zusätzlich Druck. Zweigvereinsvorsitzender Borde: „Wir formieren jetzt alle Landvolkverbände entlang der Küste und fordern geschlossen Antworten von der Landesregierung, wie es mit dem Gänseschutz weitergehen soll. Es kann nicht sein, dass die Vögel ihr Verhalten ändern und wir Landwirte dafür über die Klinge springen müssen!“

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