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Irisches Melksystem - Was ist wirklich dran?

Lesezeit: 4 Minuten

Der irische Melktechnikhersteller Dairymaster bietet seine Swing-Over-Melkstände auch in Deutschland an. Da sich die Technik in wesentlichen Punkten von den sonst üblichen Melksystemen unterscheidet, hat sich der Name Irisches Melksystem eingebürgert. Nach Ansicht einiger Berater und Verkäufer bietet das System gegenüber der herkömmlichen Technik erhebliche Vorteile. Häufig wird es sogar zur Lösung von Melk- und Mastitisproblemen angeboten. Im Mittelpunkt der Argumentation stehen dabei folgende Merkmale: Hochverlegte Melkleitungen (ca. 1,40 m oberhalb der Tierstandflächen) und Gleich-taktpulsation sind die grundlegenden Kenn-zeichen des Systems. Dadurch ergeben sich nicht nur Vorteile für die Schlauchführung, sondern insbesondere auch ein dynamisches Melkzeugvakuum (Absenkung während der Entlastungsphasen und hoher Wie-deranstieg zu Beginn der Saugphasen). Die Melkzeuge sind mit ca. 3,2 kg anderthalb mal schwerer als gewöhnlich. Dadurch sollen das Klettern der Melkbecher sowie ein Abschnüren der Zitzen weitgehend verhindert und so ein hoher Ausmelkgrad erzielt werden. Dies wird von Praktikern zwar überwiegend bestätigt, gleichzeitig wird aber moniert, dass das hohe Melkzeuggewicht auf Dauer eine enorme Belastung für Handgelenke und Schultern darstellt. Um hier Abhilfe zu schaffen, wurden die Zitzengummis nach Aussage des irischen Forschers Dr. Eddie OCallaghan inzwischen so modifiziert, dass künftig auch der Einsatz leichterer Melkzeuge (ca. 2 kg) ohne ein Abschnüren der Zitzen möglich ist. Erste Melkzeuge des neuen Typs sind auf Praxisbetrieben im Einsatz. Anders als allgemein üblich weisen die irischen Zitzengummis einen von unten nach oben bis auf 32 mm ansteigenden Schaftdurchmesser auf. Dadurch liegen die Zitzen nicht vollständig an den Seitenwänden an, so dass stets eine Vakuumverbindung zwischen den Kopfräumen der Zitzengummis und den Sammelstücken besteht. Dies führt zu einem Kopfraumvakuum von über 20 kPa und letztlich dazu, dass die Melkzeuge trotz ihres hohen Gewichts nicht herunterfallen. Zudem wirkt der große Schaftdurchmesser als Puffervolumen, so dass nach Ansicht des Herstellers auf große Sammelstücke und kurze Milchschläuche von weitem Querschnitt verzichtet werden kann. Während die von top agrar befragten Praktiker in den trichterförmigen Zitzengummis und dem hohen Kopfraumvakuum keine Probleme sehen, kommt es nach Erkenntnis britischer Wissenschaftler zu negativen Veränderungen des Zitzengewebes infolge seitlicher Vakuumeinwirkung. Das Sammelstückvolumen ist mit 150 ml wesentlich geringer als sonst üblich. Hierdurch entstehen an den Zitzen nicht nur ausgeprägte Absenkungen des Entlastungsphasenvakuums, sondern nach eigenen Messungen des Autors auch unnötig hohe Verluste des Saugphasenvakuums. Durch Einsatz etwas größerer Sammelstücke (ca. 250 ml) könnten solche Verluste verringert werden, ohne die Entlastungswirkung zu beeinträchtigen. Mit 50 kPa weist das Anlagenvakuum einen selbst für Melkstände mit hochverlegten Melkleitungen ungewöhnlich hohen Wert auf. Begründet wird dies mit einer angeblich schnelleren Milchabgabe. Bei einer Verringerung der Vakuumverluste ließen sich hohe Melkgeschwindigkeiten aber auch mit einem geringeren Anlagenvakuum erzielen. Dies hätte den Vorteil, dass die Zitzen in Phasen niedriger Milchflüsse nicht einem unnötig hohen Anlagenvakuum ausgesetzt wären. Mit 68 % Saugphase wird beim Irischen Melksystem üblicherweise ein relativ weites Pulsphasenverhältnis gewählt, um hohe Milchflüsse und kurze Melkzeiten zu erzielen. Solch hohe Saugphasenanteile sind aber nur dann sinnvoll und ratsam, wenn die Kühe ein ausreichend hohes Milchflusspotential besitzen. Bei von Natur aus langsam melkenden Kühen ist eher zu geringeren Saugphasenanteilen zu raten, um das Zitzengewebe zu schonen. Entsprechende Einstellmöglichkeiten bieten die Pulsatoren des irischen Herstellers ebenso wie die der meisten Mitbewerber. Fazit Die Vorteile des Irischen Melksystems liegen darin, dass mit einfacher und robuster Technik eine gute Schlauchführung und ein dynamisches Melkzeugvakuum erreicht werden. Dies begünstigt zügiges, vollständiges und schonendes Melken. Dem stehen als Nachteile eventuelle Zitzenschäden infolge seitlicher Vakuumeinwirkung (trichterförmige Zitzengummis) und die starke physische Belastung der Melker aufgrund des hohen Melkzeuggewichts (3,2 kg) gegenüber. Aus euterbiologischer Sicht gehen die Bestrebungen des Irischen Melksystems zwar in die richtige Richtung, ein Allheilmittel für melktechnische Probleme und Mastitisfälle ist das Verfahren aus Irland aber mit Sicherheit nicht.

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