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Lesezeit: 9 Minuten

Das amerikanische Zuchtprogramm Genesis ist weltweit einzigartig: Selbst Spitzenkühe bekommen keine Sonderbehandlung. Das soll wirtschaftliche Kühe für den Laufstall liefern. top agrar war vor Ort.


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Will man die besten Kühe von Ed Jasurda sehen, muss man schon intensiv suchen. Irgendwo zwischen 2 400 Kühen steht dann plötzlich Cassino – eine Tochter der berühmten Pandora, mit einer aktuellen Leistung von rund 13 000 kg und VG 88 eingestuft. Eine Weltklasse-Kuh. „So mancher Züchter erklärt mich für verrückt, weil diese Kuh nicht in einer separaten Stallbucht steht“, erzählt der Züchter lachend.


Jasurda ist Chef eines großen Milchviehbetriebes im Norden der USA. Der Betrieb ist Partner des Zuchtunternehmens Genex (Kasten Seite R 52), das sich als Ziel gesetzt hat, ausschließlich Kühe für die Produktion zu züchten.


Dafür arbeitet die Organisation mit großen Milchviehbetrieben zusammen, um Bullenmütter in großen Herden ohne Sonderbehandlung unterzubringen. Das soll die Selektion von Leistungsmerkmalen verbessern und die Zuchtwertschätzung sicherer machen.


Aber diese Strategie ist nicht unumstritten. Was steckt hinter dem Zuchtprogramm „Genesis“?


Kühe für das Karussell:

Zusammen mit seinem Partner Jon Pesko und über 40 Mitarbeitern bewirtschaftet Ed Jasurda das Milchimperium „United Pride Dairy“ in der Nähe von Phillips (Wisconsin). Jasurda kümmert sich um die Tierproduktion: 2 400 Kühe plus Nachzucht, dreimal täglich Melken im 60er-Karussell, durchschnittliche Herdenleistung von 13 400 kg.


Jasurda ist auch begeisterter Züchter. Für ihn entspricht die ideale Kuh nicht den Idealen im Schauring. Er will Kühe, die im Stall und im Karussell zurecht kommen. Mittelrahmig sollen sie sein, robust und hohe Leistungen bringen.


Ähnliche Zuchtziele verfolgt auch Genex und hat deshalb vor 25 Jahren das Programm Genesis gestartet. Ziel sollte sein, Kühe für eine wirtschaftliche Milchproduktion zu züchten.


Die Genesis-Herde:

Deshalb kaufte die Genossenschaft rund 50 Färsen und verteilte diese auf Mitgliederbetrieben. Die behielten die weibliche Nachzucht, Genex bekam die Bullen. Heute arbeitet die amerikanische Genossenschaft mit 14 festen Partnerbetrieben zusammen. Die Genesis-Herde besteht aus über 45 000 Kühen und Färsen. Ein Teil von ihnen ist in Besitz von Genex und steht verteilt auf fünf unternehmenseigenen Betrieben. Für die übrigen Tiere besitzt Genex exklusive Rechte.


Aus dieser Herde wählt Genex die besten weiblichen Tiere aus und paart diese an Top-Bullen an, um Jungbullen für die nächste Generation zu bekommen. Wichtige Selektionsmerkmale sind neben Fitness und Fruchtbarkeit, Leistung, Eiweißmenge und Futtereffektivität. So ist auch ein mittelrahmiges Exterieur ein wichtiges Zuchtziel für Genex, um Kühe für eine wirtschaftliche Milchproduktion zu züchten.


Denn große Kühe würden nicht nur größere Liegeboxen benötigen und häufiger erkranken, sondern auch mehr fressen. Das reduziert die Wirtschaftlichkeit der Milchproduktion, ist sich Genex sicher. In der Genesis-Herde blieb der amerikanische Zuchtwert für Körpergröße in den letzten Jahren konstant, während der durchschnittliche Wert in der amerikanischen Population weiter stieg.


Die Marke Co-op:

Bei der Selektion orientiert sich Genex im Vergleich zu anderen amerikanischen Organisationen primär am Zuchtwert Net Merit (NM), der auf Leistung und Fitness ausgerichtet ist, und weniger am exterieurfokussierten TPI.


Genesis soll leistungsfähige Kühe für die Produktion liefern. Das ist auch im Sinne der Betriebe.


Jasurda und Pesko stallten vor etwa 14 Jahren die ersten Genesis-Tiere ein und behielten die weiblichen Nachkommen. Über 300 Tiere auf der Farm tragen daher das Markenzeichen von Genex im Namen – das Präfix „Co-op“. Bei diesen potenziellen Bullenmüttern bestimmt Genex über Besamung, Embryonen-Spülung sowie Kauf und Verkauf der Nachkommen. Auf dem Papier gehören sie aber United Pride Dairy.


Und Jasurda ist überzeugt von Genesis. Seiner Meinung nach setzt das Programm genau richtig an: „Bei uns gibt es keine Sonderbehandlung. Auch unsere Besten stehen in der großen Herde und müssen sich dort beweisen. Wie sonst könnten wir Kühe züchten, die für unseren Betrieb geeignet sind?“


Zuchtwerte sicherer machen!

Wertvolle Bullenmütter stehen in kommerziellen Großbetrieben. Das soll nicht nur Kühe für die Produktion liefern, sondern auch die Zuchtwerte der Bullen sicherer machen.


Das erklärt Genex so: In den Zuchtwert eines Bullen fließt nicht nur sein Pedigree und die genomischen Informationen ein, sondern auch die Leistung der Mutter. Das hat vor allem dann Bedeutung, wenn noch keine Nachkommen-Leistungen vorliegen.


„Weil Bullenmütter einen hohen Marktwert haben, werden sie häufig bevorzugt behandelt. So soll die optimale Leistung abgerufen werden“, erklärt Angie Coburn, Genex-Vizepräsidentin für Milchviehgenetik. Damit meint sie, dass Bullenmütter wie das sprichwörtliche beste Pferd im Stall eine separate Stallbucht oder spezielles Futter bekommen. So erreichen die Kühe möglicherweise Leistungen, die sie unter normalen Bedingungen in einer großen Herde nicht erreicht hätten.


So würde ihre Leistung und damit ihr Zuchtwert überschätzt werden. Diese Fehlinformation fließt in den Zuchtwert des Bullen ein und hat dadurch Auswirkung auf die Sicherheit des Zuchtwertes. So könnte es zum deutlichen Abstürzen der Bullen kommen, wenn die Nachkommen-Leistungen vorliegen. „Wenn aber die Bullenmütter wie der Rest der Herde gleich behandelt werden, sind die Zuchtwerte der Bullen konstanter“, erklärt Coburn. Deshalb vermarktet Genex seine Co-op-Bullen als besonders sichere Vererber.


Genomischer Einfluss.

Das sehen aber nicht alle in der Branche so und bezeichnen diese Argumentation als nicht schlüssig. So glauben zum Beispiel Mitarbeiter von World Wide Sires (WWS), der größten Besamungsstation weltweit, nicht, dass die Sonderbehandlung der Bullenmütter eine Auswirkung auf den Zuchtwert hat: „Im Zeitalter der genomischen Zuchtwerte ist der Einfluss der Mutter-Leistung auf den Zuchtwert des Bullen gering, denn der genomische Zuchtwert macht die Zuchtwertschätzung objektiver.“ Eine Verzerrung der Zuchtwerte aufgrund einer Sonderbehandlung der Mutter komme daher heute nicht mehr vor.


Weil aber mit den genomischen Informationen die relative Bedeutung der weiblichen Seite in der Zuchtwertschätzung zugenommen habe, sei der Wert der weiblichen Jungtiere gestiegen. Mit dem Besitz eigener weiblicher Tiere würden Besamungsstationen deshalb ver­suchen, die Abhängigkeit von den Besitzern der Bullenmütter zu reduzieren.


Exklusive Rechte:

Genex sieht das anders. Laut Coburn reduzieren die genomischen Zuchtwerte nicht den verzerrenden Einfluss der Mutterleistung, ganz im Gegenteil: „Für Tiere mit hohen genomischen Zuchtwerten, werden auf dem Markt hohe Geldsummen gezahlt. Sie werden daher immer wertvoller, die Sonderbehandlungen werden so zusätzlich gefördert.“ Außerdem sei der Großteil der Genesis-Herde in Besitz der Züchter.


Unabhängig von dieser Frage pro­fitiert Genex mit seinem Zuchtprogramm Genesis. Denn die Genossenschaft hat exklusiven Zugang zu Spitzentieren: Wird ein Bullenkalb aus einer Anpaarung von Genesis-Tieren geboren, hat Genex das alleinige Kaufrecht. Damit ist Genesis auch eine sichere Quelle junger Vererber.


Gleichzeitig besitzt Genex einen großen Pool weiblicher Top-Genetik auf den Partnerbetrieben. Auch hier gilt: Die Tiere bleiben im Genesis-Programm und werden nicht an Dritte verkauft. Das heißt, Genex muss nicht mit anderen Interessenten konkurrieren.


Außerdem hat Genex immer mindestens 200 aktive Embryo-Spendertiere zur Verfügung. So werden jedes Jahr über 4 500 Embryonen eingesetzt und etwa 15 Spülungen pro Woche durchgeführt. Mit der intensiven Nutzung von Embryotransferen steigt die Reproduktionsfähigkeit der Bullenmütter und erhöht so den Zuchtfortschritt. So will Genex seine Zuchtziele schneller erreichen können.


Weiterer Pluspunkt: Genex nutzt eine Vielzahl der Jungtiere der Partnerbetriebe zur Austragung von Embryonen – so ist eine schnelle und breite Verteilung von Spitzen-Genetik möglich.


Doch auch die Co-op-Betriebe profitieren, denn weibliche Nachkommen aus Anpaarungen oder Embryonen gehören den Betrieben. Das sind meist Spitzentiere mit hohen genomischen Zuchtwerten.


Matt Bjelland bewirtschaftet zusammen mit seiner Frau Kim die „Brown-Star Farm“ in Gillett im Osten von Wisconsin. Er melkt 450 Kühe, etwa 300 davon tragen bereits das Co-op-Präfix im Namen. Für ihn hat sich die Partnerschaft ausgezahlt: „Durch Genesis konnte ich das genetische Niveau meiner Herde innerhalb kürzester Zeit deutlich verbessern“, ist sich Bjelland sicher. Begonnen hat er vor zwölf Jahren mit zwei Genesis-Embryonen. Heute setzt er rund 40 bis 50 im Monat ein.


Bjelland sei es wichtig, mit jungen genomischen Bullen einen schnellen Zuchtfortschritt zu erreichen. Für ihn liegt der Nutzen der genomischen Zuchtwerte daher vor allem darin, möglichst schnell über den Verkauf von Kälbern entscheiden zu können. Über 150 Tiere lässt er pro Jahr testen.


Gegenüber diesen Vorteilen für die Genesis-Betriebe steht der Aufwand für die Aufzucht der Bullenkälber und die Verwendung der eigenen Nachzucht für die Embryonen-Übertragungen. Daher bekommen Betriebe wie United Pride Dairy und Brown Star eine zusätzliche finanzielle Entlohnung.


Ed von United Pride Dairy erklärt, er bekomme einen monatlichen Betrag, der Aufwand und Nutzen miteinander verrechnet und regelmäßig angepasst wird. Matt von Brown Star sagt, er bezahle die Embryonen, die er einsetzt und bekomme entsprechend Geld für die verkauften Bullenkälber. Wie genau die Kooperations-Verträge aussehen, will CRI nicht verraten. Sie würden mit jedem Mitglied individuell besprochen und seien vertraulich.


Bekannte Vererber:

Das Programm Genesis besteht jetzt seit 25 Jahren. Damit ist es laut Genex, das am längsten laufende Nukleus-Zuchtprogramm Nordamerikas. Die Genossenschaft bezieht mittlerweile rund 60 % seiner Besamungsbullen aus diesem Programm. Für Genex ist es ein voller Erfolg, der sich in den Nachzuchten zeige. Beispiel für bekannte Vererber sind Massey oder Sudan.


Mit einem RZG von 153 ist der höchster Co-op-Bulle im Angebot von CRI Genetics, dem deutschen Vertriebs-partner von Genex, aktuell Troy. Der Mogul-Sohn ist laut CRI Genetics-Geschäftsführer Hubertus Wasmer einer der höchsten Bullen nach TPI und NM und stammt vom Genesis-Partnerbetrieb River-Bridge Holsteins in Wisconsin.


Genesis hat viel erreicht und soll deshalb weiter ausgebaut werden. So hat Genex die Genesis-Herde zuletzt um einige Jerseys erweitert. Aber auch die Zahl der Holsteins soll steigen, denn je größer der Pool weiblicher Tiere ist, um so größer wird die genetische Auswahl. Den Anteil der Co-op-Bullen soll aber auch zukünftig bei etwas über der Hälfte des Bullen-Angebotes liegen.

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