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Kühe mit bunten Klebestreifen kurieren?

Lesezeit: 6 Minuten

Was bei Sportlern längst üblich ist, soll jetzt auch bei Kühen Spannungen lösen und Schmerzen lindern: Bunte Tapes, die auf bestimmte Körperteile geklebt werden. Was steckt hinter der neuen Heilmethode?


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Fußballprofi Lukas Podolski läuft oft mit quietschgelben Klebestreifen auf der Schulter auf. Und auch bei Sportpferden vertraut man längst auf die Wirkung der bunten „Tapes“.


Was sich in der Physiotherapie beim Mensch und im Pferdesport zur Schmerzlinderung und zum Lösen von Verspannungen bereits bewährt hat, ist jetzt auch im Kuhstall angekommen: Das Aufkleben von dehnbaren Tapes in bunten Farben soll auch bei Rindern eine positive Wirkung auf Muskeln und Stoffwechsel haben. Da ist sich das Physiotherapie-Team um Meike Schnöring aus Meinerzhagen und Sören Heinbokel aus Borken sicher. Sie haben die neue Methode auf die An­wendung bei Kühen übertragen und bieten dazu spezielle Seminare für Landwirte an.


Wann helfen die Tapes?

Die flexiblen Klebestreifen sind etwa 5 cm breit und bestehen aus fein gewebtem Baumwollgewebe, das ähnliche Eigenschaften hat wie die Haut. Auf der Tape-Unterseite ist temperatursensitiver Acrylkleber aufgetragen, der durch Reibungswärme aktiviert wird. Damit werden sie auf die zu behandelnden Stellen geklebt.


Die Anwendungsgebiete der Tapes bei Rindern sind vielfältig. Sie sollen z.B.


  • Schmerzen reduzieren
  • die Lymphzirkulation verbessern
  • den Stoffwechsel anregen
  • Gelenk- und Muskelfunktionen unterstützen.


Ihre Wirkungsweise erfolgt nach einem einfachen Prinzip: Blutergüsse, Ödeme und Entzündungen sind generell mit sichtbaren Schwellungen verbunden. Diese Schwellungen verhindern jedoch die Zirkulation von Blut und Flüssigkeiten im Gewebe. Ziel der Tape-Therapie ist es deshalb, diesen Vorgängen wieder Platz zu verschaffen und sie wieder in Gang zu bringen, erklärt Meike Schnöring.


Das werde erreicht, indem man das noch ungedehnte Tape auf eine gedehnte Struktur – hier also auf die Schwellung – klebt: „Dadurch wird die Oberfläche der Haut angehoben, sodass die schädlichen Stoffe besser abtransportiert werden können“, so die Tierheilpraktikerin. Die Wundheilung werde beschleunigt. Durch das Anheben der Haut soll außerdem der Druck auf das Gewebe reduziert und damit die Schmerzen gedämpft werden.


Wie wirken die Tapes?

Bei Problemen mit Sehnen, Bändern und Gelenken könne das Tape unterstützend wirken, weil es z. B. die Wahrnehmung der Körperteile fördere und damit ein besseres Bewegungsgefühl erreicht werde. Mit einer Tapeanlage könnten Strukturen gestützt werden. Muskeln könnten durch die Streifen entweder entspannt oder angespannt werden. Indem ein Tape auf den langen Rückenmuskel entlang der Wirbelsäule geklebt werde, könne der verspannte, aufgewölbte Rücken einer lahmenden Kuh wieder entspannt werden.


Auch Muskelverhärtungen sollen auf diese Weise behandelt werden können. Will man ganz bestimmte Akupunkturpunkte massieren oder stimulieren, könne ein kleiner Gegenstand wie etwa eine Erbse zwischen Tape und Haut geklebt werden.


Bisher gibt es für die Wirkung der Tapes bei Rindern keine eindeutigen Belege oder wissenschaftliche Studien. Das Interesse an der alternativen Behandlungsmethode mit den Tapes wächst trotzdem. Es gibt mehrere Gründe: Die Therapie kommt ohne Medikamente aus. Nebenwirkungen gibt es nicht. Die Streifen haben keine Wartezeit.


Weiterer Pluspunkt der alternativen Behandlung ist, dass Landwirte die eigenen Tiere nach einer Schulung selbst therapieren können. So kann dem Tier – ohne erst den Tierarzt rufen zu müssen – schnell und gezielt geholfen werden.


Natürlich hat die neue Heilmethode auch ihre Grenzen: „Wenn ein Erreger für die Erkrankung verantwortlich ist, kann das Tape nur unterstützend wirken, indem beispielsweise der Stofftransport in den Geweben gefördert wird. Bakterien und Viren müssen dann zusätzlich mit Medikamenten behandelt werden“, stellt Meike Schnöring klar. Schulmedizin und Alternativmedizin könnten gemeinsam bestehen und sich ergänzen.


Wie klebt man die Tapes?

Die Wirkung der Tapes hängt von der Tapeanlage ab, die mit unterschiedlich starkem Zug des Materials arbeitet. Je nach Erkrankung werden die Streifen anders zugeschnitten.


Daneben ist die Klebetechnik für die Wirksamkeit der Tapes ganz entscheidend: So werden beispielsweise lange Streifen entlang von Muskeln geklebt, um ihre Funktion zu unterstützen. Um bestimmte Muskelpunkte zu entlasten, werden mehrere kurze Tapes kreuzweise übereinander geklebt.


Bei Entzündungen und Schwellungen werden die Tapes wellenförmig aufgetragen. Diese Tapeanlage verbessert den Lymphfluss.


Um den Lymphfluss außerdem gezielt in bestimmte Richtungen zu leiten, wird das Tape z. B. ähnlich den Tentakeln einer Krake aufgeklebt. Die Lymphe soll dann entlang der wellenförmigen Streifen zu regionalen Lymphknoten abfließen.


Problem Kuhbürsten?

Die Farbe der Tapes ist ebenfalls nicht unwichtig: Physiotherapeuten behandeln z. B. unterschiedliche Erkrankungen mit jeweils anderen Farben. Die Wirkung beruht dabei vor allem auf den verschiedenen Wellenlängen der Farben. Generell wirkt rot wärmend und blau eher kühlend. Deshalb sollte z. B. rotes Tape bei Entzündungen nicht eingesetzt werden.


Das Tape muss nicht abgenommen werden, sondern fällt von alleine ab. Die Haltbarkeit am Fell der Rinder ist vor allem von der Kompetenz des Therapeuten und der Wahl des Materials abhängig, erklärt Meike Schnöring. Wichtig ist generell, dass das Fell sauber und trocken ist. Deshalb sollte es vorher am besten entfettet und gegebenenfalls zusätzliches Klebespray verwendet werden. Die Tape-Methode kann ganzjährig eingesetzt werden. Der Kleber wirkt im Sommer jedoch besser.


Problematisch für die Behandlung sind aber Kuhbürsten im Stall, die das Tape oft vorzeitig ablösen. Allerdings werden dabei kaum Haare herausgerissen. Wichtig ist trotzdem, abgelöste Tapes wieder aufzusammeln, damit sie im Güllemixer keine Probleme machen.


Geringe Kosten?

Die Behandlungskosten sind abhängig vom verbrauchten Material und dem Aufwand einer Therapie. Großer Vorteil ist jedoch, dass Landwirte die Therapie selbst durchführen können. So werden Tierarzt und Behandlungskosten eingespart. Eine 5 m-Rolle Tape kostet rund 10 €.


Wer mit den Tapes eine Wirkung erzielen will, braucht aber etwas Know-how. Deshalb bietet das Physiotherapie-Team von Schnöring und Heinbokel jetzt u.a. in Zusammenarbeit mit der Landwirtschaftskammer eintägige Seminare an. Dort können Landwirte und Interessierte das nötige theoretische und praktische Wissen für die Behandlung mit den Klebestreifen lernen.


Tierheilpraktikerin Meike Schnöring weist jedoch darauf hin: „Die Therapiemethode eignet sich nicht für jeden. Ein Grundwissen über die Anatomie und Physiologie des Rindes sollten die Teilnehmer mitbringen. Denn so können sie besser nachvollziehen, welche Körperpartie beklebt wird und welche Auswirkungen das hat.“ Anke Reimink

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