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Melker-Mangel: Sind Roboter die Lösung?

Lesezeit: 5 Minuten

Weil ihnen die Melker ausgehen, setzen ostdeutsche Großbetriebe zunehmend auf Melkroboter – mit bis zu 44 Anlagen auf einem Betrieb. Doch kann das die Lösung sein?


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Es ist ein Mammut-Projekt: Im sächsischen Thräna entstehen auf der grünen Wiese gerade sechs neue Ställe für 3 000 Kühe plus Nachzucht. Insgesamt 44 Roboter übernehmen ab Sommer nächsten Jahres das Melken. Damit dürfte der wohl größte Melkroboter-Betrieb der Welt künftig in Ostdeutschland stehen.


Diese Dimension ist bisher einzigartig. Doch die Entwicklung hat sich abgezeichnet, wie die Zahlen aus Sachsen verdeutlichen: 2010 gab es im Freistaat gerade einmal 26 Melkroboter, 2013 waren es schon rund 200 Anlagen und dieses Jahr dürften weitere 100 Melkroboter hinzukommen. Der Anteil an Kühen, die automatisch gemolken werden, ist somit in nur vier Jahren von 1 % auf 10 % gestiegen.


Etwa zwei Drittel der Roboterbetriebe haben nur einen oder zwei Melk-roboter im Einsatz. Doch allein in Sachsen melken auf etwa 15 Betrieben bereits acht oder mehr Roboter. Auf dem größten Betrieb stehen derzeit 21 Anlagen. Klare Botschaft dieser Betriebsleiter: Melkroboter sind eine Alternative zu großen Melkkarussellen oder Melk­ständen. Die Gründe dafür liegen auf der Hand: Den ostdeutschen Großbetrieben gehen die Arbeitskräfte aus.


Melker fehlen.

Die klassischen Melker und Melkerinnen aus DDR-Zeiten verabschieden sich nach und nach in den Ruhestand, neue Arbeitskräfte oder Lehrlinge fürs Melken sind nur schwer zu finden. „Jeden Tag acht Stunden am Außenmelker zu stehen, wünscht sich heute niemand mehr ein Leben lang“, sagt Klaus Hofmann von der Lichtenberger Agrar GmbH, die im Sommer ihren Neubau mit zwölf Melkrobotern bezogen hat (vgl. Seite R 26).


René Pommer vom sächsischen Landesamt kann das nur bestätigen: „Die Entscheidung für Melkroboter fällt in Großbetrieben hauptsächlich, weil es kaum noch gute, verlässliche und motivierte Melker gibt.“ Zudem wollen die Betriebe durch die moderne Technik einen attraktiveren Arbeitsplatz bieten und hoffen, leichter Mitarbeiter zu finden.


Roboter sind teurer.

Pommer sieht die Entwicklung aber kritisch: „Die Betriebe sollten zunächst prüfen, warum sie keine Mitarbeiter mehr bekommen – vieles ist hausgemacht.“ Zudem würden Großbetriebe mit Robotern deutlich weniger Arbeitszeit einsparen als Familienbetriebe mit ein oder zwei Anlagen.


Deshalb ist das automatische Melken auch teurer als das konventionelle, wie eine Kalkulation des sächsischen Landwirtschaftsamtes zeigt: Für einen Betrieb mit 700 Kühen kostet das Melken mit zehn Robotern 4,9 ct/kg Milch, das Melken in einem 2 x 16 Side by Side-Melk­stand ist dagegen 1,2 ct/kg günstiger (Übersicht 1). Kostentreiber sind vor allem die Investitionssumme, der Unterhaltungsaufwand und die höheren Stromkosten.


Die Kalkulation geht von einer Arbeitszeiteinsparung von 5,8 AKh pro Kuh und Jahr durch die Automatisierung aus. Die höheren Kosten der Roboter lassen sich bei einem Stundenlohn von 12,50 € nicht auffangen.


Erst bei Lohnkosten von 28,47 €/AKh (Arbeitgeberbrutto) wären die Verfahrenskosten identisch (Übersicht 2). „Davon sind wir in der Praxis noch weit entfernt. Je nach Arbeitszeiteinsparung und Lohnniveau ist die konventionelle Melktechnik derzeit 1 bis 3 ct/kg günstiger als die automatische“, sagt Ingo Heber.


Management-Probleme:

Der Mitarbeiter vom Landesamt in Dresden-Pillnitz nennt einen weiteren Knackpunkt: „Oft hapert es in den Großbetrieben am Management mit den Melkrobotern.“


Heber hat zusammen mit einer Projektgruppe zwölf Melkroboter-Betriebe drei Jahre lang begleitet. Alarmierendes Fazit: Im ersten Jahr nach der Umstellung ist die Milchleistung um durchschnittlich 13 % auf 8 500 kg eingebrochen, die Zwischenkalbezeit hat sich in zehn der zwölf Betriebe erhöht und die Zellzahl ist auf 234 000 im Schnitt gestiegen – durch häufigere Mastitiseinbrüche.


Im zweiten Jahr nach der Umstellung haben die Melkroboter-Betriebe zwar die Milchleistung wieder um durchschnittlich 9 % gesteigert. Die Eutergesundheit mit weiterhin über 200 000 Zellen/ml und die Fruchbarkeit mit 420 Tagen Zwischenkalbezeit haben sich aber nicht verbessert.


„Zwar spielen immer mehrere Faktoren eine Rolle. Dennoch müssen Roboterbetriebe hier noch mehr Augenmerk auf die Tierbetreuung, Fütterung, Stallhygiene und Klauengesundheit legen“, fordert Heber.


Dazu müssen sie ihre Mitarbeiter gezielt fortbilden. „Das Melken mit dem Roboter verlangt einem etwas ganz anderes ab. Die Mitarbeiter müssen sich darauf einlassen, mit dem Computer zu arbeiten“, sagt Tobias Wagner von der Agrargenossenschaft Ruppendorf, die 21 Melkroboter in ihren alten DDR-Typen-Stall integriert hat (vgl. Seite R 24). Vor dem Einzug haben sich einige Mitarbeiter auf einer Schulung des Roboter-Herstellers fit gemacht, den Einzug selbst unterstützen zusätzlich noch Firmenmitarbeiter.


Das empfehlen auch Heber und Pommer: „Großbetriebe mit Melkroboter kommen mit weniger Personal aus. Doch die Mitarbeiter, die mit den Kühen und den Robotern arbeiten, müssen hundertprozentig fit sein – sonst kollabiert das System.“ Einige Betriebsleiter sind dafür auch bereit, ihren Mitarbeitern einen höheren Stundenlohn zu zahlen.


Fazit für die Praxis:

Melkroboter können für Herden mit mehreren hundert Kühen eine Alternative sein, sind aber keinesfalls ein Selbstläufer. Sie rechnen sich nur, wenn sie viel Arbeitszeit einsparen beziehungsweise das Lohnniveau der Angestellten deutlich über 20 € liegt. Die Mitarbeiter müssen für das automatische Melken bestens ausgebildet sein – sonst verschlechtern sich Milchleistung, Eutergesundheit und Fruchtbarkeit.P. Liste

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