Einloggen / Registrieren

Startseite

Schlagzeilen
Meinung & Debatte
Newsletter
Messen & Termine
Themen
Wir für Euch
Heftarchiv
Sonstiges

Wolf Maisernte Gülle und Wirtschaftsdünger

Aus dem Heft

Milch frei Haus für 1 Euro pro Liter

Lesezeit: 5 Minuten

Die Margen in der Milcherzeugung werden immer enger. Schuld daran ist der seit Jahren anhaltende Preisdruck, dessen Ende noch nicht absehbar ist. Wer auch künftig sein Einkommen aus der Milchviehhaltung erwirtschaften will, muss die Produktion ausweiten und seinen Tierbestand aufstocken. Dass auch andere Wege zum Erfolg führen können, zeigen die Betriebe, die Milch frei Haus vermarkten. Davon gibt es bundesweit bisher zwar nur sehr wenig. Die Rede ist von knapp 100 Milchviehhaltern in Deutschland, die einen wesentlichen Teil ihrer Milch so vermarkten. Aber die meisten von ihnen sind mit dem Einstieg in die Direktvermarktung zufrieden, etliche sogar sehr. Erzeugerpreis von 55 Cent pro Liter Milch Ein wesentlicher Grund ist die hohe Wertschöpfung. Laut einer aktuellen Umfrage des Kemptener Direktvermarktungs- Experten Ernst Wirthensohn erzielen Frei-Haus-Vermarkter 90 Cent bis 1 E pro Liter Trinkmilch. Nach Abzug aller festen und variablen Kosten für die Verarbeitung und Vermarktung der Milch einschließlich der Fremdlöhne bleibt den 24 befragten Landwirten im Durchschnitt ein Erzeugerpreis von 55 Ct/l Milch, wobei die Bandbreite von 40 bis 80 Ct/l reicht. Von diesem Betrag sind nur noch die Produktionskosten für die Milcherzeugung abzuziehen. Der Rest bleibt für die Entlohnung der Familienarbeitskräfte. Unter diesen Bedingungen kann auch mit einer relativ kleinen Milchmenge ein gutes Betriebseinkommen erwirtschaftet werden. Die befragten Landwirte vermarkten durchschnittlich 120 000 kg Milch pro Jahr direkt, was im Durchschnitt 55 % ihrer Milchquote entspricht. Berater Wirthensohn, der seit acht Jahren potenzielle Einsteiger berät, hält einen Anteil von zwei Drittel der frei Haus vermarkteten Milch an der Betriebsquote für optimal. Begründung: Die Betriebe sollten zwar möglichst viel Milch direkt vermarkten, sie brauchen aber einen Puffer, um Lieferengpässe zu vermeiden. Investitionskosten von 100 000 bis 150 000 8 Anstatt in neue Ställe müssen Frei-Haus-Vermarkter kräftig in die Milchverarbeitung investieren. Dabei entwickelt sich die Pasteurisierung, bei der die Milch für eine bestimmte Zeit auf 62 bis 75 °C erhitzt wird, immer mehr zum Standardverfahren. Die Pasteurisierung ist in bäuerlichen Betrieben gut machbar, weil die Technik ausgereift ist und sich die Hygieneauflagen im Vergleich zur Vorzugsmilch im Rahmen halten, erläutert Direktvermarktungs- Experte Wirthensohn. Für Vermarktungsmengen bis maximal 100 000 kg pro Jahr bietet sich der kostengünstigere Wannenpasteur an. Er ist einfach zu bedienen. Allerdings ist die Leistung mit etwa 100 Liter pro Stunde gering. Wesentlich leistungsfähiger sind Durchlaufpasteure, die in der Regel um die 1 000 Liter Milch pro Stunde verarbeiten können. Allerdings sind solche Anlagen mehr als doppelt so teuer wie Wannenpasteure und anspruchsvoller in der Bedienung. Je nach Technik müssen Neueinsteiger in die Frei-Haus-Vermarktung alles in allem mit Investitionskosten von mindestens 80 000 (Wannenpasteur) bis 150 000 E (Durchlaufpasteur) rechnen. Darin sind die gesamte Technik, Baumaßnahmen, Flaschen, Verwaltungs-Software und ein Liefer-Pkw enthalten. Bei den Baumaßnahmen ist aber ein hoher Anteil an Eigenleistungen unterstellt. Voraussetzung für erfolgreiche Milch- Direktvermarkter ist aus Sicht von Berater Wirthensohn ein ausgeprägtes Qualitätsbewusstsein. Wer einsteigen will, sollte sich zum Beispiel fragen, ob er bei Verdacht auf einen Qualitätsmangel die Milch lieber den Kälbern geben als den Kunden ausliefern würde. Hinzu müsse die Bereitschaft kommen, den Kunden als König zu behandeln. Wirthensohn: Als Vermarkter sollte man bei Schwierigkeiten den Fehler bei sich und nicht beim Kunden suchen. Weil die Verkaufserlöse bei der Frei- Haus-Vermarktung kaum schwanken, entscheiden vor allem die Kosten über den wirtschaftlichen Erfolg. Dabei sind die Arbeitskosten der mit Abstand wichtigste Block. Das Ziel für eine rentable Vermarktung ist ein Aufwand von 1,2 dound 1,5 Minuten pro Liter für Milchverarbeitung, Ausliefern und Verwaltung. Dabei hängt der Zeitaufwand maßgeblich von der Lieferentfernung und Lieferdichte ab. Bei der Lieferentfernung lautet die Vorgabe, dass alle Kunden innerhalb eines Umkreises von maximal 30 km um den Hof liegen sollten. Die Praxisbetriebe, die an Wirthensohns Umfrage teilnahmen, kamen bei 500 Kunden im Durchschnitt sogar mit einer maximalen Lieferentfernung von 20 km zurecht. Zudem zeigte die Umfrage, dass man für 100 000 kg frei Haus vermarktete Milch etwa 400 Kunden benötigt. Diese Vorgaben werden nur erreicht, wenn sich Frei-Haus-Vermarkter nicht in die Quere kommen, sondern ihre Liefergebiete gegenseitig abstecken. Das heißt: Wer über den Einstieg nachdenkt, muss Dizunächst prüfen, ob überhaupt noch Platz für einen weiteren Direktvermarkter ist. In den meisten Fällen dürfte das kein Problem sein. Denn das Potenzial für die Frei-Haus-Vermarktung in Deutschland ist noch groß. Abgesehen von Baden-Württemberg und Niedersachsen geht Wirthensohn von einer Abdeckung von bisher nur 10 % aus. Genauso gut schätzt er die Chancen in Österreich und in der Schweiz ein. Um ein dichtes Kundennetz aufzubauen, sollten Direktvermarkter die Aquisition möglichst flächendeckend durchführen. Als effektivste Methode hat sich dabei das direkte Ansprechen von potenziellen Kunden an der Haustür bewährt. Ein zunehmend wichtiger Faktor für den Arbeitsaufwand ist die Sortimentsbreite. Immer mehr Direktvermarkter bieten zusätzlich zur Milch Joghurt an, einige auch Quark und Sahne. Auch Joghurt anbieten? Joghurt wird frei Haus für 1 bis 1,30 E pro 500 ml verkauft. Das steigert den Umsatz pro Kunden und erhöht die Kundenbindung. Die Verbreiterung des Angebots sollte aber gut überlegt sein. Denn sie verursacht meist einen unverhältnismäßig hohen Arbeitsaufwand. Am rationellsten arbeiten nach wie vor die Betriebe, die nur Milch frei Haus anbieten. Ein Patentrezept für die richtige Vermarktungsstrategie gibt es jedoch nicht. Wie unsere Reportagebetriebe zeigen, können unterschiedliche Konzepte zu guten Ergebnissen führen. Klaus Dorsch

Die Redaktion empfiehlt

top + In wenigen Minuten wissen, was wirklich zählt

Zugang zu allen digitalen Inhalten, aktuellen Nachrichten, Preis- und Marktdaten | 1 Jahr für 1̶2̶9̶,̶6̶0̶ ̶€̶ 99 €

Wie zufrieden sind Sie mit topagrar.com?

Was können wir noch verbessern?

Weitere Informationen zur Verarbeitung Ihrer Daten finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.

E-Mail-Adresse

Vielen Dank für Ihr Feedback!

Wir arbeiten stetig daran, Ihre Erfahrung mit topagrar.com zu verbessern. Dazu ist Ihre Meinung für uns unverzichtbar.