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Milch-PR im großen Stil

Lesezeit: 7 Minuten

Die amerikanischen Milchbauern engagieren sich stark in der Öffentlichkeits­arbeit, um den Absatz von Milchprodukten zu steigern. Jedes Jahr im Juni feiern und bewerben sie einen Monat lang ihre Milchprodukte. top agrar war vor Ort.


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In den USA greifen die Bauern nach allen Möglichkeiten, um für die Milch als gesundes und wertvolles Nahrungsmittel zu werben: vier Liter Milch als Geschenk für eine Blutspende, Kühe zu Besuch im Zoo, kompostierte Gülle für Schulgärten und Landwirte als Gast-Lehrer in Klassenzimmern.


Dafür rücken alle eng zusammen: Die Interessenvertretungen der Milch­bauern, die Molkereien, namenhafte Fast-Food-Ketten, Pizzahersteller und die Landwirte selbst. Sie engagieren sich das ganze Jahr für einen guten Ruf und einen höheren Absatz ihrer Milchprodukte. Die Werkzeuge, die sie dabei benutzen, sind Sponsoring, ungewöhnliche Image-Kampagnen, Auftritte in sozialen Medien, Vorträge halten und Verbrauchern den Hof öffnen.


Im Juni dreht sich alles um Milch.

Im Monat Juni erreicht die vielfältige Öffentlichkeitsarbeit mit dem „June Dairy Month“ („Milch-Monat Juni“) ihren Höhepunkt: Es gibt noch mehr Aktionen, noch mehr Werbung, noch mehr Auftritte. Doch wozu der ganze Aufwand?


Ähnlich wie bei uns stehen amerikanische Milchbauern zunehmend in der öffentlichen Kritik. „Das Kernziel des ‚June Dairy Month‘ ist es, das Vertrauen der Verbraucher in Milchbauern und Milchprodukte zu stärken“, erklärt Scott Wallin vom Dairy Management Inc. (DMI), das bundesweit dafür zuständig ist, über Wissenschaft, Ausbildung und Innovation die Nachfrage nach Milchprodukten zu steigern. Das Vertrauen der Verbraucher in Milch­produkte habe schließlich einen enormen Einfluss auf den Absatz, erklärt der Experte.


Ursprünglich wurde der „June Dairy Month“ 1937 ins Leben gerufen, um die saisonal stark anfallende Milch in den Sommermonaten besser zu vermarkten.


Die Aktionen im Juni werden nicht zentral ausgerichtet, sondern von lokalen Organisationen, z. B. den „Dairy Promotion Committees“, auf die Beine gestellt. Sie sind für die Form und Ausgestaltung ihres „June Dairy Month“ selbst verantwortlich.


Frag mich, ich bin Milchbauer!

Ein Highlight der vielfältigen Aktionen im Juni bildet das „Breakfast on the Farm“, („Frühstück auf dem Bauernhof“), was mit unseren Tagen des offenen Hofes zu vergleichen ist. Verbraucher können sich die Stallungen anschauen, über die Fütterung der Tiere lernen, sehen wie gemolken wird, bei Spielen mitmachen, sich verköstigen und vieles mehr.


Damit an diesen Tagen keine Frage der Verbraucher unbeantwortet bleibt, hat sich das „Dairy Promotion Committee“ des Bezirkes Kewaunee im Bundesstaat Wisconsin etwas Besonderes ausgedacht: Alle, die Milchbauern sind, be-


kommen einen Ansteck-Button mit der Aufschrift: „Frag mich, ich bin ein Milchbauer“. Alle anderen Helfer, die im vor- oder nachgelagerten Bereich der


Milchviehwirtschaft tätig sind, bekommen einen Anstecker, auf dem steht „Frag mich, ich bin ein Kuh-Experte“.


300 freiwillige Helfer:

Auf einem nicht zu übersehenen Schild werden die Besucher schon an der Eintrittspforte aufgefordert, die Bauern mit Fragen zu löchern und nach den Ansteckern Ausschau zu halten. Die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass jeder der bis zu 4 500 Besucher pro Veranstaltung die Möglichkeit hat, mit einem Bauern oder Kuh-Experten ins Gespräch zu kommen: Das Komitee mobilisiert an solchen Tagen über 300 freiwillige Helfer.


Weil den Landwirten viel an positiver Berichterstattung liegt, laden sie zu solchen Events Journalisten und sogenannte Blogger ein, die auf ihrer eigenen Internet-Seite Eindrücke und Gedanken zu einem bestimmten Thema schildern.


In Wisconsin, dem Bundesstaat mit den meisten Milchviehbetrieben, sind für den Juni diesen Jahres 38 „Breakfasts on the Farm“ angekündigt. Die Zahl der Tage des offenen Hofes variiert von Bundesstaat zu Bundesstaat, da die Milchproduktion in den USA unterschiedlich stark verteilt ist.


Um die Tage des offenen Hofes zu finanzieren, sind sie vor allem auf Sponsoring und Eintrittsgelder angewiesen. Im Bezirk Kewaunee zahlen Kinder zwischen 4 und 12 Jahren umgerechnet 2,70 €, Besucher über 12 Jahre 5,40 €. Kinder bis 3 Jahre sind frei.


Wo viel Öffentlichkeitsarbeit gemacht und Absatz gefördert wird, stellt sich schnell die Frage, wer das bezahlt. Dafür haben die Amerikaner ein interessantes Finanzierungskonzept entwickelt.


Wer finanziert?

Die knapp 47 000 amerikanischen Milchbauern zahlen Beiträge in einen Fonds („dairy checkoff“), den das DMI zusammen mit regionalen Verbänden verwaltet. Die Beiträge liegen für Milchbauern umgerechnet bei 0,29 € pro 100 kg, für Importeure von Milchprodukten bei 0,15 € pro 100 kg.


Das Geld wird für Programme verwendet, die den Konsum von Milchprodukten steigern sowie das gute Image von Milchbauern, Milchprodukten und der Milchindustrie fördern.


Das DMI arbeitet dafür eng mit Verarbeitern, Lebensmittelherstellern und dem Handel zusammen. So brauchte McDonald’s durch die Maßnahmen des DMI gut 771 Mio. kg Milch zusätzlich. Durch Innovation und Marketing soll der zusätzliche Milchverbrauch auf 1,3 Mio. kg gesteigert werden. DMI-Experten testeten dafür in Zusammenarbeit mit McDonald’s 27 neue Milchprodukte.


Der Müsli-Hersteller Quaker, die Supermarktkette Safeway und DMI-Mitarbeiter warben zusammen dafür, Haferbrei mit Milch statt mit Wasser anzurühren und erreichten dadurch eine Absatzsteigerung von 5 % bei Trinkmilch in den Läden.


Auch hat das Systemgastronomie-Unternehmen Taco Bell mithilfe von DMI-Experten neue Produkte mit Käse entwickelt und dadurch 4 % mehr Milchprodukte verbraucht. Ein neu kreiertes „Milch-Frühstück“ soll den Verbrauch um weitere 5 % steigern.


Doch die beste Zusammenarbeit mit Verarbeitern, Gastronomie und Handel nützt nichts, wenn die Verbraucher kein Vertrauen in Milch als sicheres und gesundes Nahrungsmittel haben. Weil nur Milchbauern das glaubwürdig vermitteln können, ist ihr Engagement besonders gefragt. Dafür legen sie sich mächtig ins Zeug und zwar nicht nur mit den Tagen des offenen Hofes und anderen Aktionen im Monat Juni.


PR-Plan für den eigenen Betrieb:

Unter dem Credo „Nicht verteidigen, sondern kommunizieren!“ werben Interessenvertreter auf ihren Internetseiten dafür, sich dem Verbraucher zu öffnen und in direkten Kontakt mit ihm zu treten. Entweder über persönliche Gespräche oder soziale Medien wie Facebook, Twitter oder YouTube. Für beides bieten Organisationen Hilfe an.


Die überregionalen Verbände „Midwest Dairy Association“ und „Mid-Atlantic Dairy Association“, aber auch Leute vom DMI beispielsweise bieten mit ihren Programmen „Speak Out“ oder „Telling Your Story“ Workshops zur Kommunikation an. Darin lernen die Bauern, wie sie die Werte ihrer Arbeit und den Wert ihrer Produkte in Gesprächen überzeugend herüberbringen, fesselnde Geschichten aus dem Betriebs-Alltag erzählen, bei öffentlichen Veranstaltungen Präsentationen halten und wie man Journalisten erfolgreich ein Interview gibt.


Darüber hinaus bietet die „Mid-Atlantic Dairy Association“ an, einen individuellen „Öffentlichkeitsarbeit-Plan“ für den eigenen Betrieb zu erstellen. Der soll helfen, eine möglichst große Akzeptanz und Überzeugung in der Gesellschaft zu erlangen.


Medien-Ausbildung:

Weil soziale Medien heute eine große Bedeutung in der Verbreitung von Nachrichten haben, legen die Organisationen besonders großen Wert darauf, ihre Landwirte darin auszubilden.


Dafür gibt es z. B. die „AgChat Foundation“, die eigens dafür gegründet wurde, die Landwirte im Umgang mit sozialen Medien zu schulen. Sie hat kürzlich sogar eine Konferenz zum Thema „Go Social!“, („Mach mit bei sozialen Netzwerken!“) veranstaltet. Die Stiftung finanziert sich einzig und allein durch Spenden und ist auf ehrenamtliche Ausbilder angewiesen. Die meisten von ihnen sind Landwirte.


Eigenen Blog estellen:

Auch das „Bloggen“ darf in der Öffentlichkeitsarbeit und der Ausbildung der amerikanischen Milchbauern nicht mehr fehlen. Mit den Blog-Anbietern WordPress und Blogspot basteln sie sich kostenlos und relativ einfach ihren eigenen Internet-Auftritt. So kann man nicht nur für ein positives Image im direkten Umfeld sorgen, sondern die öffentliche Diskussion über das eigene Berufsfeld aktiv mitgestalten.


Und die Internet-Auftritte der Interessenvertretungen selbst? Die informieren umfassend darüber, wie die Milch vom Hof in den Kühlschrank kommt. Wenig Text, dafür viele anschauliche Grafiken und Videoclips fesseln den Verbraucher beim Durchstöbern und geben ihm die Möglichkeit, sich ohne große „Mühe“ über Milchviehhaltung zu informieren. Dazu bekommt der Verbraucher zahllose Rezeptideen geliefert, für die man Milchprodukte benötigt. Auch das gehört zur Marketing-Strategie der Verbände.


Während im Juni noch die Milch gefeiert wird, bereiten die Marketing-Experten schon den nächsten Event-Marathon vor: Der Juli ist „Nationaler Eis-creme-Monat“. Und wieder haben die Milchbauern eine Extra-Chance für ihr Produkt zu werben. Svenja Pein

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