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Mit Prämien motivieren?

Lesezeit: 8 Minuten

Zusatzvergütungen können Mitarbeiter motivieren, mehr zu leisten. Doch unter welchen Bedingungen lassen sich bessere Ergebnisse erzielen? Und welche Prämiensysteme gibt es?


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Geld ist knapp, der Kostendruck ist hoch. „Aus allen Produktionsfaktoren mehr rausholen“, lautet das Credo. Das gilt auch für den Produktionsfaktor Arbeit. Vor allem Wachstumsbetriebe mit mehreren Angestellten sind darauf angewiesen, mit den Mitarbeitern ihre Ziele zu erreichen. Immerhin steht und fällt das Unternehmen mit deren Arbeitsleistung.


In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, wie man seine Mitarbeiter motiviert, mehr zu leisten. Anerkennung und Wertschätzung sind von je her das Standardrezept für eine gute Mitarbeitermotivation. „Keiner möchte aber immer nur ‚Danke‘ hören“, sagt Dr. Frank Wesenberg von IAK Agrar Consulting GmbH, Leipzig. Er setzt in seiner Beratung auf Prämien.


Materielle Motivation.

Zusatzvergütungen verfolgen einen anderen Ansatz der Motivation. Mit Geldzahlungen zusätzlich zum Gehalt wollen Betriebsleiter Anreize schaffen. Ihr Ziel: eine höhere Arbeitsproduktivität- und -qualität bei den Mitarbeitern erreichen. Doch Geld gibt es nirgends einfach so: Oft ist das Erreichen von Unternehmenszielen Bedingung für die Zahlungen. Einige erhoffen sich auch, mit den Sonderzahlungen Mitarbeiter an den Betrieb binden zu können.


Mitarbeiter hingegen haben die Möglichkeit, ein zusätzliches Einkommen zu erzielen und darüber hinaus eine materielle Anerkennung für ihre erbrachten Leistungen zu bekommen.


Solche Prämiensysteme hören sich einfach und verlockend an. Damit sie aber auch halten, was sie versprechen, muss man einiges beachten. Das wichtigste ist, das richtige System für den eigenen Betrieb zu finden. Dabei sollte man sich zunächst überlegen, ob man Anreize auf der Leitungsebene (z. B. Herdenmanager) oder auf Ebene der Mitarbeiter ohne Leitungsfunktion setzen möchte. Denn danach lassen sich bereits zwei Arten unterscheiden:


Tantiemen für Herdenmanager:

Betriebsleiter zahlen für Mitarbeiter der Leitungsebene häufig Tantiemen (Erfolgsbeteiligungen), die an das Betriebszweigergebnis gebunden sind. Herdenmanager haben nämlich großen Einfluss auf die Kennzahlen eines Bereiches. Tantiemen können überdies anspornen, an der Mitarbeiterführung und Teambildung zu arbeiten. Denn bei dem Erfolg ist er auf die Motivation seiner Mitarbeiter angewiesen.


Tantiemen könnten wie folgt aussehen: Der Betriebsleiter gibt ein Ziel für das Betriebszweigergebnis vor. Wird es unterschritten (ggf. mit Toleranzbereich), erhält der Herdenmanager 0 % Vergütung des Jahresgrundgehaltes. Wird es überschritten, kann man gestaffelte Zuschläge zwischen 10 und 25 % zahlen. Tantiemen werden üblicherweise einmal im Jahr ausgezahlt.


Für Mitarbeiter ohne Leitungsfunktion koppeln Betriebsleiter die Prämien an Produktionskennzahlen. Das ist objektiv und für alle nachvollziehbar.


Geringe Kälberverluste und Totge-burtenraten zu vergüten, sind die Klassiker. Anscheinend liegt hier der größte Verbesserungsbedarf vieler Betriebe. Aber auch niedrige Zellzahlen, Milchleistung, hohe Trächtigkeitsraten und gesehene Brunsten werden monetär belohnt. Die Berechnung erfolgt dabei meist nach demselben Schema:


Je dichter die Mitarbeiter mit ihrer Leistung am vorgegebenen Ziel liegen, desto höher fällt die Prämie aus. Es gibt aber auch andere Ansätze, bei denen Betriebsleiter pro „Stück“ vergüten: pro Trächtigkeit, gesehener Brunst oder aufgezogenem Kalb. In unseren Reportagen ab Seite R 30 lesen Sie Beispiele für solche Leistungsvergütungen.


Damit dieses Vergütungssystem zum Ziel führt, muss man einiges beachten:


Man sollte zunächst Kennzahlen auswählen, die unbedingt verbessert werden müssen. Damit lässt sich der größtmögliche Anreiz setzen.


Für diese Kennzahlen muss man realistische Ziele formulieren. Handelt es sich dennoch um hochgesteckte Ziele, sollte man Etappenziele formulieren, rät Dr. Wesenberg. Ziele, die von vornherein unerreichbar scheinen, wirken nämlich schnell demotivierend.


Ziel erreicht, und dann?

Um das Ergebnis zu stabilisieren, rät Dr. Wesenberg, die Kennzahl weitere zwei bis drei Jahre zu vergüten, dann aber eine neue Kennzahl zu fokussieren. Denn wird ein vorgegebenes Ziel über einen weiteren Zeitraum problemlos erreicht, verliert es seine Motivationswirkung.


Es ist auch möglich, mehrere Kennzahlen in die Zusatzvergütung einzubeziehen. Um das einzelne Ziel nicht aus den Augen zu verlieren, empfiehlt der Berater jedoch, nicht mehr als drei Kennzahlen auf einmal zu vergüten.


Und noch etwas: Das Prämiensystem sollte nicht zuletzt auch wegen des hohen Verwaltungsaufwandes einfach gehalten werden. Es sollte für die Mitarbeiter einfach nachzurechnen sein.


Mitarbeiter ohne Leitungsfunktion sollten die Vergütungen nicht wie Führungspersonen einmal im Jahr, sondern in kürzeren Abständen, z. B. monatlich oder quartalsweise, erhalten. Denn Belohnungen, die in greifbarer Nähe liegen, erhöhen die Motivation.


Einfluss auf den Anreiz hat auch die gesamte Höhe der Leistungsvergütung. Sie sollte zwischen 3 und 5 % des Grundgehaltes liegen, jedoch mindestens 80 € im Monat betragen.


Teams immer einheitlich!

Weil immer das Team, aber nie die einzelne Person für den Erfolg der Kennzahl verantwortlich ist, wird das Team einheitlich vergütet. Dabei sollte kein Mitarbeiter ausgelassen werden: Wenn Zusatzvergütungen, dann für alle, sonst kommt es schnell zum Neid.


In der Praxis gibt es viele Varianten von Prämiensystemen: Große Betriebe mit mehreren leitenden Angestellten kombinieren in der mittleren Leitungsebene beispielsweise Tantiemen und Leistungsvergütungen miteinander. Dabei werden Leistungsziele für die Kennzahlen formuliert. Werden diese überschritten, so erhalten die Mitarbeiter Tantiemen.


Es gibt dennoch Betriebe, die ihre Mitarbeiter individuell belohnen möchten. Der Betriebsleiter bewertet dann anhand von subjektiven Kriterien, wie z. B. Arbeitsqualität und -quantität, unternehmerisches Denken, Kommunikation, Verhalten gegenüber Kollegen sowie Belastbarkeit.


Dr. Wesenberg gibt dazu ein Beispiel: Jedem Mitarbeiter steht ein Prämienfonds von 150 € pro Quartal zur Verfügung. Nach Ende jedes Quartals erfolgt eine Abrechnung, die davon abhängt, wie der Betriebsleiter den Mitarbeiter bewertet. Dabei kann man in der Höhe des Fonds auch zwischen den Mitarbeitern variieren. Da die Bewertung bei so einem System stark von subjektiven Beobachtungen des Leiters abhängig ist, ist es wichtig, dem Mitarbeiter das Ergebnis genau zu erklären und ihm die Möglichkeit zu geben, sich selbst einzuschätzen. Und: Wenn Ihnen etwas nicht gepasst hat, nennen Sie unbedingt konkrete Beispiele. So kann man Unverständnis über die Höhe der Zahlung evtl. aus dem Weg räumen.


Finanziell nicht übernehmen:

Prämien werden zusätzlich zum Gehalt gezahlt und bedeuten für die Betriebe eine zusätzliche finanzielle Belastung. Auf sie müssen ebenfalls Sozialabgaben und Lohnsteuern gezahlt werden. „Solche Systeme sind deswegen nur etwas für leistungsstarke Unternehmen“, sagt Dr. Wesenberg. Er rät, den finanziellen Spielraum in der Unternehmensplanung zunächst auszuloten. Wer das im Voraus jedoch nicht kann, der hat in guten Jahren immer die Möglichkeit, seine Mitarbeiter über eine Jahresendvergütung am Erfolg zu beteiligen.


Und noch etwas ist aus Sicht der Unternehmen wichtig: Damit die Erträge, die durch die Leistungsverbesserungen erreicht worden sind, nicht von den Vergütungen „aufgefressen“ werden, sollte man im Vorfeld genau rechnen, was die Leistungsverbesserungen bringen sollen. Maximal 50 % sollten davon in die Leistungsvergütung der Mitarbeiter fließen, meint der Berater.


Kritik am System!

Die Meinungen über Prämiensysteme gehen weit auseinander. Es gibt ebenso viele Betriebe, die sie loben, wie solche, die sie verteufeln.


Ein klassischer Kritikpunkt: Es gibt Faktoren, die in die Kennzahlen reinspielen, die Mitarbeiter selbst nicht beeinflussen können. Die Klassiker sind das Wetter, schlechtes Futter oder Krankheitseinbrüche von außen. Oft ärgern sie sich darüber, dass sie trotz guter Arbeit weniger Vergütung bekommen.


Diesem Phänomen kann man zu­mindest teilweise Abhilfe verschaffen, indem man z. B. den Fütterer in die Zusatzvergütung zur Zellzahl mit ein­bezieht. Damit kann man verhindern, dass er schimmelige Silage in den Misch­wagen lädt, was die Eutergesundheit nicht unerheblich beeinflusst.


Betriebe bemängeln außerdem, dass Mitarbeiter sich nur noch auf Kennzahlen konzentrieren, für die es Prämien gibt. Dr. Wesenbergs Tipp: Neben der materiellen Kennzahl kann man eine finanzielle Kennzahl oder das Betriebszweigergebnis mit einbeziehen.


Mit Zusatzvergütungen kann man auch Fehlanreize setzen. In der Praxis hört man es immer wieder.


Mitarbeiter rissen aus Angst vor einer zu hohen Totgeburtenrate die Scheiden der Kühe kaputt. Sie hätte sich negativ auf ihre Vergütung ausgewirkt.


Ein anderer Landwirt berichtet, dass seine Mitarbeiter alles taten, abgekalbte Kühe bis zum 60. Laktationstag „durchzuschleppen“, weil sie für eine geringe Abgangsrate bis zum 60. Laktationstag belohnt wurden. Die Folge: Sie ließen sie am 61. Tag abgehen und kassierten das Geld.


Es wird schnell deutlich, dass Prämiensysteme nicht einfach so funktionieren. „Sie ersetzen keine aktive Mitarbeiterführung, Motivation und Kommunikation“, sagt Tim Koesling von dem Beratungsunternehmen Koesling Anderson GmbH in Sachsen-Anhalt.


„Viele Betriebsleiter träumen von einem Prämiensystem, das andauernd und automatisch für eine hohe Motivation sorgt“, sagt er. Es soll sie von der mühsamen täglichen Kontroll- und Motivationsarbeit entbinden. „Doch das funktioniert auf Dauer nicht“, mahnt Koesling. In seiner Beratung geht er mehr und mehr von Prämiensystemen ab, die „automatisch“ vergüten.


Prämien sind gut und wirksam, wenn Mitarbeiter sie ihrer Leistung entsprechend als individuell und gerecht verteilt empfinden. Dazu gehört immer ein Mitarbeitergespräch. Außerdem warnt Berater Koesling davor, mit Prämiensystemen ein schlechtes Grundgehalt zu kaschieren.


Ob es Prämien gibt oder nicht: Für eine hohe Motivation ist es wichtig, dass Mitarbeiter mit ihrem Arbeitsplatz insgesamt zufrieden sind.Svenja Pein

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