Familie Müller aus Hessen stellt ihre Kühe bereits seit acht Jahren selektiv trocken. Der Erfolg hängt von drei Faktoren ab.
Jeder Kuh pauschal einen antibiotischen Trockensteller verabreichen – das kann fachlich nicht richtig sein und kostet zudem unnötig Geld. Davon sind Achim und Claudia Müller aus Wächtersbach (Hessen) überzeugt. Bereits vor acht Jahren haben sie deshalb mit dem selektiven Trockenstellen begonnen.
Genauer Fahrplan:
Inzwischen haben die Milcherzeuger eine ausgeklügelte Strategie.Diese beginnt sechs bis acht Wochen vor dem erwarteten Kalbetermin. Claudia Müller guckt sich bei den trockenzustellenden Kühen den Zellzahlverlauf über die gesamte Laktation an, insbesondere die Zellzahl der letzten Milchleistungsprüfung (MLP). Kühe mit weniger als 250 000 Zellen und ohne Auffälligkeiten bekommen kein Antibiotikum, sondern nur einen internen Zitzenversiegler. „Das gilt auch, wenn das Tier im Laktationsverlauf eine Mastitis hatte und der Zellgehalt erhöht war. Entscheidend ist die Zellzahl am Laktationsende“, sagt sie.
Bei Kühen mit starkem Schließmuskel und langen Zitzen verzichtet Müller sogar auf den Zitzenversiegler und stellt „ohne alles“ trocken.
Das sieht bei Tieren mit mehr als 300 000 Zellen am Laktationsende anders aus. Hier sind Viertelgemelksproben nötig. Dabei haben Müllers einen großen Vorteil: Sie sind Vorzugsmilchbetrieb und müssen einmal im Monat von allen Kühen mit mehr als 250 000 Zellen in der MLP eine Viertelgemelksprobe ziehen. „Dadurch haben wir einen guten Überblick über die Erreger. Das ist wichtig, denn mit S. aureus ist selektives Trockenstellen nicht möglich“, sagt Claudia Müller.
Die Leitkeime im Betrieb sind KNS und S. uberis. Treten diese auf, verwenden die Milcherzeuger einen antibiotischen Trockensteller. „Ist die Viertelgemelksprobe aber ohne Befund, verzichten wir auch hier auf Antibiotika – das bringt ja nichts“, sagt sie.
Schleichend trockenstellen:
Kühe bis 20 kg Tagesmilchleistung stellen Müllers abrupt trocken. Kühe mit höherer Milchleistung melken sie einige Tage lang nur einmal täglich. „Eutergesunde Tiere machen das ohne Weiteres mit. Problemkühe bekommen Flocken, diese Tiere müssen wir dann noch antibiotisch behandeln“, sagt Claudia Müller.Die Strategie scheint aufzugehen: Der Zellgehalt der 155 Kühe (Ø 10 200 kg Milch) liegt bei rund 150 000. „Auf die Gesamt-Zellzahl hat das selektive Trockenstellen keinen Einfluss“, ist sich Achim Müller sicher.
Entscheidend ist für Müllers die erste Zellzahl nach dem Kalben. „Wenn diese zu hoch ist, hat die Kuh eine bestehende Infektion in der Trockenstehzeit nicht auskuriert oder sich sogar neu infiziert“, sagt Claudia Müller. Deshalb ist für sie eine ordentliche und vor allem hygienische Aufstallung der Trockensteher unverzichtbar.
Bei Müllers kommen die trockenstehenden Kühe in einen Tiefstreustall mit Stroh beziehungsweise Tiefliegeboxen mit Stroh, im Sommer auf die Weide. In den ersten Tagen nach dem Trockenstellen kontrollieren die Landwirtin oder ihre Mitarbeiter die Euter optisch auf Rötungen. Sollte etwas auffallen, treiben sie die Kühe nochmals in den Melkstand und behandeln sie gegebenenfalls.
Nach der Kalbung machen die Melker von jeder Kuh einen Schalmtest, um zu prüfen, ob alles in Ordnung ist. „Zu Laktationsbeginn haben wir kaum Probleme mit Mastitis und erhöhten Zellzahlen. Unsere sensible Phase ist im zweiten bis vierten Laktationsmonat, vermutlich durch den Stress in der Hochleistungsphase“, sagt die engagierte Milcherzeugerin.