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Profis im Saisongeschäft

Lesezeit: 6 Minuten

Das Graswachstum bestimmt die Milchproduktion. Deshalb konzentrieren sich alle Arbeiten auf wenige Wochen.


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Die Neuseeländer haben ihre Produktionsweise komplett an die natürlichen Bedingungen angepasst: Weidegang, kaum Stallhaltung, saisonale Abkalbung.


Zwar gibt es verschiedene Klimazonen mit Durchschnitts-Temperaturen zwischen 10 und 20 °C sowie Durchschnitts-Niederschlägen zwischen 300 und 8 000 mm. In den meisten Regionen gibt es aber gute Wachstumsbedingungen für das Grünland. Allerdings sind sie extrem vom Wetter abhängig. Längere Trockenheiten können fatale Folgen haben. Die Winter sind mild, deshalb bleiben fast alle Kühe ganzjährig auf der Weide.


Etwa 96 % der Kühe kalben im neuseeländischen Frühjahr (Juli bis September). Deshalb produzieren die „Kiwis“ etwa die Hälfte ihrer Milch in nur vier Monaten. Die restlichen Kühe kalben im Herbst/Winter, damit es auch im Winter Frischmilch im Land gibt.


Kurz nach dem Abkalbe-Schwerpunkt im Frühjahr wächst das Gras am stärksten. Die Kühe kommen nach jedem Melken auf eine frische Koppel. Diese grasen sie auf wenige Zentimeter ab. 20 Tage später kommen die Kühe wieder in diese Koppel. Dazwischen düngen die Farmer je nach Witterung die Flächen. Typisch sind 600 kg Phosphor und Kalium sowie 250 kg mineralischen Stickstoff pro Hektar und Jahr.


Weitere Pflegemaßnahmen gibt es nicht. Das setzt ein ideales Weidemanagement mit kontinuierlichem Anpassen der Besatzstärke voraus. Viele Milchfarmer messen dazu regelmäßig die Aufwuchshöhe, tragen sie in ein Computerprogramm ein und berechnen so die Rotationsfolge.


Das überschüssige Gras im Frühjahr ernten die Farmer als Silage für den Herbst und Winter. Inzwischen bauen immer mehr Landwirte auch Silomais als Herbst- und Winterfutter an, wenn das Graswachstum nachlässt. Dazu spritzen sie das Grünland tot, pflügen es und drillen Mais. Danach säen sie wieder Gras. Gängigste Einsaat ist Raygras mit Weißklee. Milchfarmer, die kein Winterfutter produzieren konnten, müssen ihre Herden auf mehrere hundert Kilometer entfernte Betriebe verfrachten, die noch Futter haben.


Die „Kiwis“ füttern zunehmend mehr Kraftfutter. Bei guten Milchpreisen wollen sie die Menge steigern, bei Futterknappheit durch Trockenheit die Menge halten. Das Kraftfutter erhalten die Kühe beim Melken oder in feed lots.


Nur einzelne Farmer auf der Südinsel halten ihre Kühe ganzjährig im Stall, um sie gezielt zu füttern und die Leistung zu steigern. Extremes Negativ-Beispiel: Ein Lohnunternehmer hält 1 000 Kühe ganzjährig im Stall, kauft das Futter größtenteils zu und verteilt die Gülle auf seiner Fläche von nur 90 ha.


Voraussetzung für die saisonale Abkalbung ist eine perfekte Fruchtbarkeit. Darauf haben die Neuseeländer seit Jahren selektiert. Die Zwischenkalbezeit beträgt 370 Tage. Zum Vergleich: In den USA liegt sie bei 425 Tagen.


Bunte Schwänze:

Für die Brunstbe-obachtung kleben viele Farmer Pflaster auf den Schwanzansatz. Diese platzen auf, wenn eine andere Kuh darauf springt. Technische Hilfsmittel wie die Wiederkau-Aktivität nutzen nur wenige. Das Fruchtbarkeits-Management läuft meist über verschiedene Farbstriche am Schwanzansatz (Tail Painting).


Die Besamungssaison läuft von etwa Mitte Oktober bis Ende Dezember. Die ersten sechs bis acht Wochen nutzen die Milchfarmer die künstliche Besamung, danach greifen sie meist auf einen Deckbullen zurück.


Für die künstliche Besamung ist landesweit die Besamungsstation LIC aus Hamilton verantwortlich. Sie hat für diese Zeit über 1 000 Besamungstechniker im Einsatz. Nur 15 % der neuseeländischen Milcherzeuger besamen selbst. Denn das spart nur 1 € pro Portion.


Die Techniker besamen in den wenigen Wochen 4,5 Mio. Kühe. Für etwa 3,5 Mio. Kühe nutzen sie Frisch-Sperma. Denn die Ausbeute liegt bei 5 000 Portionen pro Sprung, für gefrorenes Sperma liegt sie nur bei 500 Portionen. Der Preis beträgt 12 € pro Portion inklusive Besamung. Mit 43 % macht Kiwi-Cross, eine Kreuzung von Holstein-Frisian und Jersey, den größten Rasseanteil aus. Danach folgen Holstein-Frisian mit 37 % und Jersey mit 12 %.


Die Abkalbesaison konzentriert sich ebenfalls auf wenige Wochen von Juli bis September. Auf großen Betrieben kommen mehrere Dutzend Kälber pro Tag zur Welt. Die Farmer lassen die Kühe oft in einer bestimmten Koppel kalben und kontrollieren diese regelmäßig. Dennoch können sie die Kälber oft nur auf „gut Glück“ zuordnen.


Die weiblichen Kälber kommen nach der Geburt direkt auf eine andere Weide. Sie bekommen zweimal täglich kalte Vollmilch über eine Milchbar.


Weil die Genetik ausschließlich auf Milch ausgelegt ist, töten die Neuseeländer etwa 95 % aller Bullenkälber im Alter von nur vier Tagen. Offiziell heißt es, dass sie die Kälber schlachten und das Fleisch nach Asien verkaufen. Aus der Praxis ist aber zu hören, dass einige Kälber in Erdlöchern verschwinden.


Weil die Wertschöpfung mit Milch von der Fläche höher ist, werden nur wenige Bullenkälber ausgemästet. Und das, obwohl der Rindfleischpreis Ende 2014 in Neuseeland erstaunlich hoch war: 20 Monate alte Holstein-Bullen mit 300 kg Schlachtgewicht erlösten knapp 4 €/kg. Für Schlachtkühe bekamen die Farmer bis 900 €. „Weil die USA unter einer Dürre gelitten haben, können wir gut dorthin vermarkten“, sagt Mäster John Head aus Dannevirke auf der Nordinsel.


Schnelles Melken:

Das Melken muss in Neuseeland schnell und effizient ablaufen. Denn Arbeitskräfte sind knapp und teuer. Der gesetzliche Mindestlohn liegt bei über 9 € pro Stunde. Oft greifen die Farmer auf Philippiner, Inder oder Touristen (Back-Packers) zurück.


Im Trend liegen derzeit große Außenmelker-Karusselle mit 50 oder 60 Plätzen. Etwa 250 neue Anlagen installieren die Monteure jedes Jahr in Neuseeland, berichten Melktechnik-Hersteller. Eine Person kann hier alleine rund 300 Kühe pro Stunde melken. Das gelingt, weil die Kühe im Wartehof stehen und durch einen Treiber automatisch nachrücken. Und weil der Melker die Euter weder reinigt noch anrüstet, sondern nur ansetzt. Auch das Dippen entfällt. Die gesetzlichen Grenzwerte der Rohmilchqualität liegen bei 400 000 Zellen und 100 000 Keimen pro ml.


Einige Karusselle sind schlicht ausgestattet und haben nur eine Abnahmeautomatik. Andere sind mit technischen Details gespickt und erfassen von den Kühen beim Melken die Milchinhaltsstoffe und weitere Parameter. Im Schnitt kostet ein Melkkarussell inkl. Wartehof rund 1 Mio. €. Die Baugenehmigung gibt es problemlos in wenigen Wochen.


Eine Stallbauförderung gibt es nicht. Seit 1986 gibt es überhaupt keine staatlichen Beihilfen für Landwirte mehr.


Auch künftig mehr Milch:

Die Neuseeländer haben ihre Produktionstechnik im Griff und professionalisieren sie weiter. Doch weil aktuell die Milchpreise abstürzen, steigt jetzt kaum noch jemand in die Milchproduktion ein und der Einsatz von Kraftfutter rechnet sich nicht mehr. Zudem gibt es auf der Süd-insel erste Anzeichen von Trockenheit.


Dennoch ist sich Shane Caroll, Milcherzeugerin und Mitglied im Aufsichtsrat von Fonterra, sicher: „Im Schnitt rechne ich künftig mit 2 bis 3 % mehr Milch pro Jahr.“ P. Liste

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