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Rinder auf Raten

Lesezeit: 6 Minuten

Milchkühe leasen statt kaufen: Lässt sich bei niedrigen Milchpreisen mit diesem Finanzierungsmodell Geld sparen? top agrar hat nachgehakt.


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Die Milchpreise sinken, und ab dem 1. April geht zusätzlich der Quoten-Deckel hoch. Da klingt das Angebot verlockend, Kühe zu leasen statt zu kaufen. So können Milcherzeuger Herden ohne große Investitionen aufstocken, bleiben aber zahlungsfähig und können mehr Milch produzieren.


Allerdings fallen für die Ratenzahlung Zinsen an. Ist Leasing daher der richtige Ansatz? Wann rechnet es sich, Rinder zu leasen statt zu kaufen?


Das Rinder-Leasing funktioniert ähnlich dem Auto-Leasing, erklärt die landwirtschaftliche Unternehmensberaterin Juliane Barten aus Niedergörsdorf (Brandenburg). Ein Unternehmen übernimmt die Vorfinanzierung der Rinder. Den Kaufpreis plus Zinsen zahlt der Landwirt dann in monatlichen Raten ab. Die Vertrags-Bedingungen, wie Laufzeit und die Höhe der Raten, handeln die Leasing-Unternehmen individuell mit den Landwirten aus.


Meist organisiert der Landwirt die gewünschten Tiere und arbeitet nur für die Finanzierung mit dem Unternehmen zusammen. Es können einzelne Tiere jeden Alters oder ganze Herden verleast werden. Neben Milchvieh lassen sich auch Fresser oder Zuchtbullen mit Leasing-Verträgen finanzieren.


Der Markt für Leasing-Angebote ist nur schwer zu durchblicken. Es finden sich wenige Unternehmen, die Nutztiere verleasen. Das sind vor allem große Leasinggesellschaften, die neben Autos und Gebäuden auch die Finanzierung von Tieren anbieten.


Die Laufzeit der Verträge richtet sich nach der offiziellen Absetzung für Abnutzung (AfA) von Milchkühen. Die liegt bei 36 Monaten. Leasinggesellschaften dürfen in der Regel 40 bis 90% des AfA-Wertes als Laufzeit festlegen.


Nach Ende der Leasing-Zeit werden die Kühe in der Regel übernommen. Der Kaufpreis wird dann anhand des aktuellen Marktwertes berechnet.


Die monatlichen Raten richten sich nach Laufzeit, Zinssatz und Kaufpreis. Sie liegen meist zwischen 30 und 60 €. Weil die Unternehmen auch noch etwas verdienen wollen, schlagen sie noch eine Marge darauf. Die Raten können fest oder flexibel gestaltet werden.


Für die Gesundheit und Leistung der Tiere ist der Landwirt verantwortlich. Er zahlt Tierarztkosten und medizinische Behandlungen. Daher müssen Leasing-Nehmer spezielle Versicherungen abschließen, um beispielsweise verstorbene Tiere abzusichern. Das Unternehmen bekommt dann einen Schadensersatz von der Versicherung. Zusätzlich können die Leasinggesellschaften auch das Milchgeld der Landwirte als Absicherung einfordern.


Warum Rinder leasen?

Das Leasing von Rindern bietet einige Vorteile: Die alternative Finanzierung schont den Kreditrahmen für zukünftige Investitionen. Und ein Baukredit deckt in der Regel nicht den Kauf von zusätzlichen Tieren. Wer nach dem Neubau seine Herde aufstocken will, könnte das mit einem Leasing-Vertrag finanzieren.


Der Vertrag und die Rinder auf Raten sollen schnell und flexibel zu bekommen sein. Thomas Flemming von Prignitzer Leasing verspricht: „Die Finanzierung ist innerhalb weniger Tage möglich“. Das bestätigen auch Praktiker (siehe Reportage ab Seite R 36).


Gleichzeitig schont das Leasing die Liquidität: Statt hoher, einmaliger Zahlungen fallen monatliche Raten an. So bleiben Betriebe trotz Investitionen liquide, denn die Kühe finanzieren sich mit der Milchleistung quasi selbst.


Nicht zuletzt lassen sich mit dem Leasing steuerliche Vorteile nutzen, denn die zusätzlichen Ausgaben schmälern den Gewinn und wirken sich so positiv in der Bilanzierung aus.


Für optierende Betriebe könnte sich ein weiterer Vorteil ergeben: Leasing-Kosten werden mit 19 % versteuert, der Zukauf von Tieren mit 7 %. Die höheren Steuer-Ausgaben bekommen optierende Landwirte vom Finanzamt zurück.


Einige Leasing-Gesellschaften werben damit, dass mit dem Leasing auch noch Tiere gekauft werden können, wenn es von der Bank keine Kredite mehr gibt. Hier stellt sich jedoch die Frage, in welcher finanziellen Situation sich diese Betriebe befinden und ob es zu empfehlen ist, in diesem Fall noch weitere Kosten auf sich zu nehmen.


Rechnet sich Leasing?

Barten warnt vor voreiligen Schlüssen: „Trotz der Vorteile rechnet sich Rinder-Leasing nicht für jeden Betrieb.“ Ob es sich dauerhaft rentiert, hänge von Leistung, Reproduktionsrate, Nutzungsdauer, Laufzeit des Vertrages und Leasing-Zins ab.


Anhand von zwei fiktiven Betrieben, Schulte und Schmidt, hat die Beraterin die Rentabilität der Leasing-Finanzierung beispielhaft kalkuliert. Dazu hat sie ausschließlich den Betriebszweig „Milchvieh“ betrachtet.


Beide Betriebe melken 100 Kühe mit einer durchschnittlichen Milchleistung von 8 600 kg. Die Zwischenkalbezeit beträgt 400 Tage, die Aufzuchtverluste liegen bei 10 % und die Betriebe ziehen jährlich etwa 40 Färsen aus der eigenen Nachzucht auf.


Die Betriebe unterscheiden sich ausschließlich in der Reproduktionsrate: Schulte kommt auf 50 %, Schmidt erreicht einen Wert von 35 %.


Jetzt wollen beide Betriebe die Leasing-Finanzierung nutzen. Damit wollen sie nicht aufstocken, sondern ihre Nachzucht finanzieren. Sie entschließen sich, die eigenen Färsen tragend zu verkaufen (zu Erzeugungsvollkosten) und zum Ausgleich Färsen zu leasen.


Mit der Leasing-Gesellschaft vereinbaren sie eine Vertrags-Laufzeit von 30 Monaten und einen Zinssatz von 10 %. Als Färsenkosten hat die Beraterin 1 400 € kalkuliert.


Ratenzahlung ist zu teuer.

Die Kalkulationen von Barten zeigen, dass sich die Umstellung auf Leasing für beide Betriebe nicht rechnet. Schulte würde statt 7,4 ct nur noch 2,6 ct je kg Milch erwirtschaften. Schmidt steht etwas besser dar, macht aber auch nur einen Gewinn von 8,0 ct statt 9,7 ct pro kg Milch.


„Das Problem ist, dass die Einnahmen durch den Verkauf der Färsen nicht die Mehrkosten des Leasings ausgleichen“, erklärt Barten.


Zusätzlich macht sich die hohe Remontierungsrate von Schulte im Ergebnis bemerkbar. Denn der Landwirt muss zusätzlich zu den geleasten Tieren weitere zukaufen. Das erhöht seine Kosten um über 4 ct je kg Milch.


Doch auch für Schmidt rechnet sich dieses Modell nicht. Zwar kann er mit dem Verkauf der eigenen Nachzucht zusätzliche Einnahmen erzielen. Doch die können die Mehrkosten des Leasings nicht decken.


Zum Vergleich haben wir ein zweites Szenario kalkuliert: Was ist, wenn die Betriebe die Nachzucht komplett auslagern, um so mehr Kosten einzusparen?


Das Ergebnis lautet: Auch dann rentiert sich das Färsen-Leasing für Schulte und Schmidt nicht. Denn die Kosteneinsparungen würden auch dann nicht die Mehrkosten des Leasings ausgleichen. Zusätzlich stehen den Kosten geringere Einnahmen gegenüber, weil die Kälber geringere Verkaufspreise erzielen. Schulte würde in diesem Fall sogar rote Zahlen schreiben und auf jeden kg Milch fast 2 ct draufzahlen.


Nicht dauerhaft!

Barten ist sich deshalb sicher: Leasing eignet sich nicht zur dauerhaften Finanzierung der gesamten Herde. „Vielmehr bietet es die Möglichkeit, einen Teil der Herde über kurze Zeit zu finanzieren, um die Liquidität zu sichern“, erklärt sie. Wichtig sei dabei eine niedrige Reproduktionsrate.


Allerdings hängen die Kosten des Leasings und damit die Rentabilität vor allem vom Zinssatz ab, der je nach vereinbartem Vertrag schwanken kann. Deshalb sollte die Rentabilität des Leasings immer betriebsindividuell kalkuliert werden.


Alternativ zur Liquiditäts-Sicherung könnten sich Betriebe auch für das Leasing entscheiden, um steuerliche Vorteile zu nutzen. „Wenn über längere Zeit hohe Gewinne zu erwarten sind, könnten die Kosten des Leasings den Gewinn mindern und so die Steuerlast senken“, sagt Barten. Allerdings müssten Milchviehhalter hierzu die Entwicklung des Milchpreises über mehrere Monate abschätzen können.


Anke Reimink

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