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Antibiotika-Einsatz

Die Wirksamkeit der Kexxtone-Therapie offenbart Versorgungsengpässe um die Abkalbung herum

Spätestens mit der Genehmigung des Inverkehrbringens des Präparates Kexxtone® erreichte die öffentliche Diskussion um die Verwendung von Antibiotika in der Tierhaltung auch die Milchkühe.

Lesezeit: 15 Minuten

Spätestens mit der Genehmigung des Inverkehrbringens des Präparates Kexxtone® als Arzneimittel zur Ketose-Prävention für Kühe im Januar vergangenen Jahres durch die Europäische Kommission nach Prüfung durch den Wissenschaftlichen Ausschuss für Tierarzneimittel (CVMP) erreichte die öffentliche Diskussion um die Verwendung von Antibiotika in der Tierhaltung auch die Milchkühe. Bei dem in Kexxtone® verwendeten Monensin-Natrium handelt es sich ja um einen alten Bekannten aus der Gilde der Leistungsförderer für die Rindermast, das 2006 als letztes in der Fütterung eingesetztes Antibiotikum verboten wurde.


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Monensin ist ein natürliches Fermentationsprodukt von Streptomyces cinnamonensis (Actinobakterien). Durch die Bindung von Monensin-Natrium (Monocarboxylsäure-Polyether-Natriumsalz)an die Zellmembran vorzugsweise grampositiver Bakterien und die damit unterbrochene Nährstoffaufnahme durch diese Bakterien wird deren Lebensfähigkeit stark eingeschränkt und begründet die Klassifizierung von Monensin als Antibiotikum. Die selektive Behinderung der grampositiven Bakterien verursacht u.a. eine Verschiebung der Bakterienpopulation des Pansens hin zu den Propionsäurebildnern zu ungunsten der Buttersäure- und Essigsäurebildner. Propionsäure ist einer der Rohstoffe für die Glukoneogenese und daher förderlich für den Energiestoffwechsel sowie die Bildung der Laktose. Die Wirksamkeit dieses jetzt als Medikament zugelassenen Antibiotikums (das Verbot als Fütterungszusatz ist damit nicht in Frage gestellt) ist auf den Verdauungstrakt, d.h. auf den Pansen beschränkt. Es gibt nur einen geringen Übergang in den Blutkreislauf. In den Blutkreislauf gelangter Wirkstoff bzw. seine Metabolite werden über die Galle ausgeschieden. Insofern sind keine Rückstände in Fleisch und Milch zu erwarten. Resistenzbildungen sind nicht zu befürchten (EFSA 2006). Die mit dem Einsatz von Antibiotika bei den Nutztieren verbundene Befürchtung einer Konkurrenz zu einer Verwendung in der Humanmedizin besteht im Falle von Monensin nicht.


Trotz der Festlegung, dass die Verabreichung des Kexxtone®-Bolus nicht „flächendeckend“, sondern ausschließlich auf die eindeutige Indikation eines Tierarztes hin und nur bei Kühen, die ein erhöhtes Ketoserisiko haben, zu erfolgen hat, erhitzten sich die Diskussionen darum in der Öffentlichkeit und der Politik mit teilweise kontroversen Standpunkten auch innerhalb der Landwirte und der mit der Entscheidungsverantwortung betrauten Tierärzteschaft.


In der Tat wirft der praktische Einsatz dieses Tierarzneimittels einige Fragen auf, die ständig neu beantwortet werden müssten. Die Zulassung des Medikamentes ist, seiner antibiotischen Charakteristika wegen, strikt an die Indikation durch den Tierarzt und dem Text nach an eine vorherige Prüfung auf alternative Möglichkeiten der Risikominderung über das Management, beispielsweise durch eine Erhöhung der Intensität der Tierbetreuung, Verbesserung der Stallumfeld- und Fütterungsbedingungen, gebunden. Eine objektive Einschätzung dieser Bemühungen ist jedoch kaum möglich. Entscheidend für eine nicht flächendeckende Anwendung ist aber, wie objektiv das Risiko einer Ketose drei bis vier Wochen vor der Kalbung quasi an der gesunden Kuh „diagnostiziert“ werden kann, verbunden mit der Frage, ab welchem Grad auch eine subklinisch verlaufende Ketose therapiert werden soll. Wie, anhand welcher Parameter soll zudem die Wirksamkeit eines tierärztlichen Eingriffs mit Kexxtone® überprüft werden, um festzustellen, ob sie wirklich notwendig war? Die Indikation von Kexxtone® als notwendig vorausgesetzt, ab welchem Ausprägungsgrad der Risikofaktoren für das Auftreten einer Ketose ist ein Eingriff als notwendig anzusehen? Die Vorgabe eines pauschalen Anteiles maximal zu behandelnder Kühe ist für eine praktische Nutzung wenig hilfreich auch unter dem Aspekt unterschiedlichen Niveaus des betrieblichen Herdenmanagements.


Im Folgenden soll anhand der begleitenden Auswertung von Tiergesundheits- und Leistungskenndaten in einem Anwenderbetrieb versucht werden, einer Beantwortung dieser Fragen näher zu kommen.


Was sind Risikofaktoren für die spätere Ausprägung einer Ketose?


Um das Risiko einer möglichen Erkrankung mit einiger Sicherheit zu erkennen, sind möglichst viele Blickwinkel einzustellen. Andererseits ist die Wahrscheinlichkeit des „Erkennens“ eines Ketoserisikos dann natürlich auch größer. Will man den Einsatz dieses Medikamentes aber minimieren, sollte sich das Erkennen tatsächlich auf die Tiere beschränken, die, auch unter Nutzung alternativer Methoden, nach der Kalbung erkranken würden. Das ist ein schwieriger Entscheidungsprozess. Wenn man die Grenze zu hoch ansetzt, „bestraft“ man, bei vorausgesetzter Wirkungssicherheit des Medikamentes, u.U. bedürftige Tiere. 

Mit dem betreuenden Tierarzt abgestimmt, wurden zunächst folgende Risiko-Faktoren und deren Ausprägung in der Herde festgelegt:


  • 2. Kalbung – wegen des generell großen Leistungssprungs gegenüber der vorhergehenden Laktation 
  • Hohe Milchleistungen in der Vorlaktation – hier ist besser auf die mittlere Leistung/Melktag Bezug zu nehmen (>39 kg/Tag bei Kühen ab der 2. Laktation bzw. >34 kg/Tag bei Erstkalbinnen)
  • BCS zum Trockenstellen >3,5
  • Aufwand an stoffwechselrelevanten Behandlungen zu Beginn der Vorlaktation bis ca. 60. Melktag (Ketose, Nachgeburtsverhaltung, Milchfieber, Labmagenverdrehung, Fieber, Endometritis, Zyklusstörungen)
  • Vorlaktation >365 Tage  - erhöhte Zwischentragezeiten sind oft auf stoffwechselbedingte Fruchtbarkeitsstörungen zurückzuführen
  • Gegenüber dem Standard deutlich verlängerte Trockenstehdauer  >70 Tage
  • Kalbeverlauf Vorlaktation ≥3
  • Anzahl Kälber Vorkalbung >1 bzw. auch zu erwartende Zwillingskalbungen
  • FEQ 1. Milchkontrolle Vorlaktation >1,4
 

Für jeden dieser Faktoren wurde im Falle des Zutreffens ein Punkt (Nennung) vergeben.


Entsprechend dieser Bewertung waren fast alle Tiere der Herde, die im fraglichen Zeitraum mindestens ihre zweite Kalbung erwarteten, mit den genannten Risiken belastet. Um die Wirksamkeit des Medikamentes zu prüfen, war es notwendig, zeitgleich risikobelasteten Kühen den Bolus zu versagen. Die Zuordnung der Kühe zu den Gruppen Behandlung (B) und Versagung (V) erfolgte zunächst in einem Verhältnis von 2 zu 1 unabhängig von der Schwere des Risikos (Anzahl Nennungen bzw. Punkte). Mit zunehmender Dauer des Praxisexperimentes erfolgte die Zuordnung zwar in gleichem Verhältnis, jedoch wurden die Tiere mit den meisten Risikonennungen der Gruppe B zugeteilt. Eine Auswertung der Kalbungen ab 1.9.2013 bis Mitte März 2014 zeigt die relevanten Leistungs- und Gesundheitsdaten aus deren Vorgeschichte.


Tabelle 1:            Leistungs- und Gesundheitsdaten der Kühe aus der Vorlaktation


Merkmalmit Kexxtone® Bohne Kexxtone® V
n13281
Laktation2,742,49
Risikofaktoren3,442,37
Behandlungsscore (1 … 4)1)1,550,95
kg Milch/Tag Vorlaktation35,235,2
FEQ erste MLP1,491,35
Länge Vorlaktation (Tage)337325
BCS a.p.3,363,19
Kalbeverlauf (0 … 3)1,471,35
Tage trocken6961
1) stoffwechselrelevante Erkrankungen erste 60 Melktage einschließlich Milchfieber; 0 – keine … 4 – häufig und schwer

Im Ergebnis der Gruppenzuordnung zeigte sich, dass die Kühe im Sinne des angestrebten Vergleiches nicht zufällig aufgeteilt waren (Tabelle 1). Die Eingabe des Kexxtone®-Bolus war vorrangig an das höhere Risiko gebunden (3,4 vs. 2,4 Risikofaktoren). Das ergab sich u.a. aus einer mindesten 50 % höheren Behandlungsnotwendigkeit zu Beginn der Vorlaktation, einem höheren Fett-Eiweiß-Quotienten, einer um 12 Tage verlängerten Vorlaktation und zusätzlich einer um 8 Tage verlängerten Trockenstehdauer. Obwohl eine hohe Milchleistung als Risikofaktor gezählt wurde, zeigte sich dies nicht im vergleichenden Mittel beider Gruppen. Die Kühe der Gruppe B hatten eine tendenziell höhere Körperkondition zum Zeitpunkt der Gruppenzuteilung als die der Gruppe V.


Welche Wirkung zeigt sich in Bezug auf Stoffwechselgesundheit und Fruchtbarkeit?


Mit nur 13 Tagen vor der Kalbung (Tabelle 2) entsprach die Terminisierung der Boluseingabe nicht der Vorgabe des Herstellers. Kalbeverlauf und Lebendmasse der geborenen Kälber waren durch die Medikamentengabe nicht beeinflusst. Sie zeigen aber, dass hieraus auch kein zusätzlicher Effekt auf notwendige Behandlungen zu erwarten war. Die Notwendigkeit von Behandlungen stoffwechselrelevanter Erkrankungen war bei den Kühen mit Kexxtone®-Eingabe nicht unterschiedlich zu den Kühen, die keinen Bolus erhielten, tendenziell sogar etwas niedriger. Die Inzidenz von Ketosediagnosen war mit 4,3 zu 9,6 % dagegen deutlich niedriger. Etwa 8-9 % der Kühe, unabhängig von der Gruppenzuteilung, mussten aus Erkrankungsgründen abgehen.  Dies erfolgte bei den mit Kexxtone® behandelten Kühen allerdings erst 17 Tage später als bei den Kühen ohne Bolus.


Tabelle 2:            Ausgewählte Daten zur Abkalbung, notwendige Behandlungen und Fruchtbarkeit 


Merkmalmit Kexxtone® Bohne Kexxtone® V
n13281
Laktation3,743,49
Bolusverabreichung Tage a.p.13-
Kalbeverlauf (0 … 3) aktuell1,271,30
Kalbgewicht (kg)44,443,8
Behandlungsscore p.p.1)0,861,03
Ketosebehandlungen    n (%)5 (4,3 %)6 (9,6 %)
Abgänge p.p.                   n (%)Abgangszeitpunkt p.p.10 (8,6 %)48 Melktage5 (7,9 %)31 Melktage
Rastzeit in Tagen2) (% der Kühe)50 (88 %)52 (88 %)
davon tragend (% der besamten Kühe)16 (21 %)11   (24 %)
1) Stoffwechselrelevante Behandlungen p.p. ohne Milchfieber (score 0 = keine... 3 = viele und schwer)2) bewertet nur Kühe > 39. Melktag

  



Eine erste, vorläufige Auswertung der Rastzeit wurde bei den Tieren vorgenommen, die die betrieblich vorgesehene freiwillige Wartezeit überschritten haben. Hiervon wurden 88% das erste Mal besamt unabhängig von der Kexxtone®-Behandlung. Die durchschnittliche Rastzeit betrug 50 (B) bzw. 52 (V) Tage. Von diesen sind bis zum Stichtag etwa auch gleichviele Kühe als tragend festgestellt worden. Die Auswertung der Behandlungen zeigt tendenziell einen gesundheitlichen Vorteil bei den mit Kexxtone® behandelten Kühen an. Dieser nur tendenzielle Vorteil wiegt aber vor dem Hintergrund der zu Beginn der Vorlaktation höheren Behandlungshäufigkeit (Tabelle 1) umso schwerer.

In Bezug auf die zu erwartende Fruchtbarkeitsleistung kann noch keine endgültige Wertung vorgenommen werden. Es deutet sich zumindest an, dass die Fruchtbarkeit der behandelten Kühe gegenüber dem Mittel der Herde nicht eingeschränkt ist.

 

Innerhalb der ersten 14 Tage post partum wurde bei jedem Tier mindestens ein Ketoseschnelltest (Keto-TestTM, Elanco) durchgeführt. Dieser Test erfolgte als Herdenroutine und demzufolge nicht für alle Tiere zum selben Laktationstag. Die Ergebnisse wurden trotzdem zu vier Zeitpunkten nach der Kalbung gruppiert und gegenübergestellt (Tabelle 3). Im Mittel der Kühe beider Gruppen wurde der Referenzwert von 1 mmol/L nicht überschritten. Ungeachtet der Tatsache, dass Betahydroxybutyrat Ketose erst relativ spät, d.h. zwei Wochen p.p., sicher anzeigt, deuten die Ergebnisse gerade für die erste Laktationswoche eine signifikant geringere Konzentration bei den mit Kexxtone® versorgten Kühen an.

 

Tabelle 3:            Ergebnisse des Ketoseschnelltestes (BHB in mmol/L Blutserum)


Tage p.p.mit Kexxtone® Bohne Kexxtone® V
WertnWertn
30,59a840,74b42
60,60a280,79b21
90,62510,7428
120,70480,7429
a, b - unterschiedliche Buchstaben innerhalb einer Zeile kennzeichnen signifikante Unterschiede (p<0,5)



Dürfen gesündere Kühe mehr Milch geben?


Die im Rahmen der Zulassung von Kexxtone® durchgeführte klinische Studie an 1 312 Milchkühen zeigte keine Unterschiede in der Milchleistung zwischen einer Kontrollgruppe und mit Kexxtone® behandelten Kühen (Landesvereinigung der Milchwirtschaft NRW e.V. 2013). Diese Frage steht im Raum, um den Verdacht einer Leistungsförderung mit Hilfe von Kexxtone® zu vermeiden. Andererseits weist auch Mahlkow-Nerge (2013) darauf hin, dass im Falle einer Erkrankung an Ketose die Kühe ihr Milchleistungspotenzial gegenüber gesunden, leistungsbereiten Kühen nicht ausschöpfen werden, was im Falle einer Gesunderhaltung der Kuh zu einer relativen Leistungserhöhung führen muss.

Eine Auswertung der täglichen Milchmengenerfassung während der ersten 8 Laktationswochen zeigt über alle Laktationen hinweg (Abbildung 1) einen durchgehenden Leistungsvorteil der Kühe mit Kexxtone® (B) von etwa 2 – 3 kg/Tag gegenüber den unbehandelten Kühen aus (V) und das vor dem Hintergrund, dass dieselben Kühe in der Vorlaktation eine gleiche Milchleistung aufwiesen. Dieses Ergebnis sollte jedoch etwas differenzierter angeschaut werden. Der in Abb. 1 gezeigte Milchleistungsvorteil ist bei den Kühen nach der zweiten Kalbung scheinbar mit 2 – 6 kg/Tag deutlich höher (Abb. 2). Hier ist jedoch zu berücksichtigen, dass diese Kühe bereits in der ersten Laktation auch ohne Kexxtone® eine um 2-3 kg höhere mittlere tägliche Milchleistung ausprägten. Hier ist also ein Teil der höheren Milchleistung weniger auf die Monensingabe, sondern tatsächlich auf die Genetik zurückzuführen. Bei den älteren Kühen ist die höhere Milchleistung in der aktuellen Laktation offenbar ausschließlich eine Folge der Kexxtone®-Behandlung. Im Umkehrschluss wurde in der Vorlaktation bei diesen Kühen eine Ausschöpfung des höheren Leistungspotentials also verhindert.

 


Abbildung 1:       Ergebnis der Leistungsentwicklung zu Beginn der Laktation aus der täglichen Milchmengenerfassung – alle Kühe

 


Abbildung 2:       Ergebnis der Leistungsentwicklung zu Beginn der Laktation aus der täglichen Milchmengenerfassung – Kühe 2. Laktation

 

Eine Auswertung der ersten Milchkontrolle (Einstiegsleistung) zeigt noch weitere Aspekte der Versorgungslage, also des Stoffwechsels der Kühe auf (Tabelle 4).


Tabelle 4:            Leistungsparameter der ersten Milchkontrolle nach der Kalbung (Einstiegsleistung)



mit Kexxtone® Bohne Kexxtone® V
Gesamt2. Kalbung>2. KalbungGesamt2. Kalbung>2. Kalbung
N1324983812655
Melktage141414141314
Milchkg/Tag43,546,3o42,242,142,5p42,0
Milcheiweiß%4,534,464,574,494,514,48
Milchfett%3,303,263,323,303,313,30
Laktose%4,794,844,774,804,814,79
ECMkg/Tag45,748,2o44,544,144,6p43,9
FEQ1,381,371,391,361,371,36
Harnstoffmg/L199a217o190179b191p173
BCS1 … 52,902,881,922,742,832,70
RFDmm17,316,617,915,715,815,7
Lebendmassekg684a654o704x650b623p664y
a, b bzw. o, p bzw. x, y - unterschiedliche Buchstaben kennzeichnen signifikante Unterschiede (p<0,5)





 

Die Milchleistung zur ersten Milchkontrolle wiederspiegelt die anhand der täglichen Milchmengenerfassung ermittelten tendenziellen Unterschiede in der Leistungsfähigkeit der unterschiedlich behandelten Kühe. Das trifft vor allem für die Situation der Zweitkalbskühe mit ihrer enorm hohen Milchleistung gegenüber den älteren Kühen zu. Der Fett-Eiweiß-Quotient (FEQ) ist mit 1,36 bzw. 1,38 im Mittel noch unterhalb einer sogenannten Obergrenze für eine noch akzeptable Energieversorgung (1,4), aber für beide Behandlungsgruppen gleich. Die Kühe mit Kexxtone®-Behandlung sind insgesamt und auch nach Altersgruppen sortiert signifikant schwerer als die unbehandelten Kühe. Der Milchharnstoffgehalt als Ausdruck der Proteinversorgung im Verhältnis zum Bedarf muss bei gleicher Futterversorgung der Behandlungsgruppen als Vergleichsmaßstab für die aufgenommene Futtermenge angesehen werden. Der Milchharnstoffgehalt zur ersten Kontrolle ist bei den behandelten Kühen signifikant höher, so dass bei ihnen von einer höheren Futteraufnahme und damit besseren Energieversorgung ausgegangen werden kann.


Die positive Wirkung von Kexxtone zeigt die Baustellen in der Herde auf


Die Kexxtone®-“Therapie“ führte bei den ante partum therapierten Tieren zu einer höheren Milchleistung als bei Kühen ohne Kexxtone®-Gabe. Das gilt auch für die Zweitkalbinnen. Die verbesserte Milchleistung ist ein Gesundheitseffekt. Eine verbesserte Gesundheit zeigt sich in einer geringeren Inzidenz von Ketosediagnosen bzw. weniger notwendigen Behandlungen in den ersten 14 Tagen post partum, in signifikant bis tendenziell geringeren Ketonkörperkonzentrationen im Blut sowie indirekt anhand höherer Milchharnstoffgehalte, die auf eine höhere Futteraufnahme bei diesen Tieren schließen lassen.

Die Wirksamkeit des Präparates zeigt aber auch, dass es nach wie vor Probleme in der Herde in Bezug auf eine erhöhte Stoffwechselbelastung nach der Kalbung gibt. Erstkalbinnen mit ihren vergleichsweise sehr hohen Milchleistungen sind per se Risikokühe in der Folgelaktation. Ältere „Risiko“-Kühe (ab 3. Kalbung) hatten in der Vorlaktation bereits Stoffwechselprobleme mit Auswirkungen auf Futteraufnahme und Milchleistung.


Ausnahmen bestätigen die Regel?


Trotz der Definition, Erfassung sowie Auswertung von Faktoren für ein erhöhtes Ketose-Risiko 2 bis 4 Wochen vor der Abkalbung und der daran ausgerichteten Anweisung zur Verabreichung der Ketose-Boli wurden sowohl bei den behandelten (B) als auch unbehandelten (V) Kühen post partum insgesamt 16 (von 269 auswertbaren Kühen) Tiere als an Ketose erkrankt diagnostiziert. War hier die Vorhersage misslungen bzw. die Behandlung unwirksam oder fällt das Ergebnis unter die Vielfalt der Ausprägung biologischer Merkmale bei der Kuh?  

Auffallend ist, dass sowohl die vorher unbehandelten als auch die vorher behandelten und p.p. erkrankten Kühe nicht unbedingt an der Anzahl der Risikofaktoren erkennbar waren (Tabelle 5). Bei den vorher behandelten Kühen erkrankten4 der 7 ketotischen Kühe auch an Milchfieber.  Möglicherweise war das Auftreten der Ketose in diesen Fällen eine sekundäre Folgeerscheinung. Eine dieser Kühe erhielt den Bolus praktisch erst am Kalbetag. Eine weitere Kuh hatte aktuell einen schweren Kalbeverlauf aufgrund eines sehr schweren Kalbes (60 kg Geburtsmasse). Bei den a.p. nicht behandelten und erkrankten Kühen war die Anzahl der Risikofaktoren nur geringfügig höher als im Mittel der unbehandelten Kühe (vgl. Tabelle 1). Hervorstechendes Merkmal dieser 9 erkrankten Kühe war höheres Alter. Bis auf eine erstlaktierende Kuh absolvierten alle mindestens die vierte Kalbung. Ein weiteres besonderes Merkmal dieser Kühe war der trotz des eher normalen Wertes für die Risikofaktoren doch vergleichsweise (siehe Tabelle 1) hohe Behandlungsscore von 2,7. Das zeigt an, dass dem Alter der Tiere und der Behandlungschronik dieser Kühe bei der Einschätzung des Ketoserisikos eine höhere Wichtung zukommen müsste.


Tabelle 5:            Charakterisierung der aktuell an Ketose erkrankten Kühe


MerkmalGesamtohne Kexxtone® Vmit Kexxtone® B
n (% der auswertbaren Kühe)16 (6,0)9 (8,2)7 (4,9)
davon Abgänge413
Zwillingskalbungen11-
Milchfieber514
Vorlaktation
Anzahl Risikofaktoren2,82,72,9
Behandlungsscore (1…4)1)2,12,71,4
Tage trocken >56422
FEQ 1. MLP1,521,391,68
BCSa.p. ≥3,75312
Ø kg Milch/Tag35,835,835,7
Jungkühe11-
Kalbenummer3,754,223,14
1) stoffwechselrelevante Erkrankungen erste 60 Melktage; 0 - keine ... 4 - häufig und schwer





Fazit: Einsatz von Kexxtone minimieren durch Erkennen der am meisten bedürftigen Kühe!

 

Die begleitende Untersuchung des Einsatzes des Präparates Kexxtone® in einer Herde mit hohem Ketoserisiko zeigte positive Wirkungen auf die Gesundheit und Futteraufnahme der Kühe nach der Abkalbung. Im Ergebnis verbesserter Gesundheit war eine verbesserte Milchleistung gegenüber den unbehandelten, weniger risikobelasteten Kühen zu beobachten. Voraussetzung für den legalen Einsatz des Präparates ist die Erstellung einer Risikoanalyse der Kühe zum Zeitpunkt des Trockenstellens anhand von Risikofaktoren und darauf fußend die Indikation durch den behandelnden Tierarzt.

Die Akzeptanz  des Einsatzes eines Antibiotikums bleibt dennoch unabhängig von der gezeigten positiven Wirkung auf die Tiergesundheit und damit auf das Tierwohl kritisch. Es obliegt dem anwendenden Tierhalter im Zusammenwirken mit dem Tierarzt, die Ursachen für die Beeinträchtigung der Tiergesundheit im Transitbereich der Kuh zu beseitigen. Im Falle der Entscheidung zur Anwendung von Kexxtone® muss der Landwirt vor Beginn der Vorbereitungsfütterung in der Lage sein, die Tiere zu erkennen, die aktuell ohne eine Behandlung dem Risiko einer kommenden schweren Gesundheitsstörung p.p. gegenüberstehen. Bei Anwendung der Risikofaktoren ist also die Latte so hoch zu hängen, dass trotzdem möglichst alle Kühe die Transitphase überstehen. In der vorgestellten Untersuchung sind etwa 62 % der Kühe mit Kexxtone® behandelt worden. Das Niveau der Tierverluste post partum im Untersuchungsverlauf war bei beiden Tiergruppen mit etwa 8 % der Abkalbungen gleich.

Bei Auswertung aller o.g. Risikofaktoren zur Erkennung der „Bedürftigkeit“ einer Behandlung kann und sollte die Schärfe der Entscheidung erhöht bzw. angepasst werden, um einerseits den Anteil der zu behandelnden Kühe nicht künstlich hoch zu treiben und andererseits den Druck auf die Verbesserung des Managements zu erhöhen.

Unabhängig von der Möglichkeit der Indikation von Kexxtone® bietet die systematische Risikoanalyse die Möglichkeit, die Tiere herauszufiltern, denen eine besondere Vorsorge zukommt und damit für ein verbessertes Management.


Bernd Losand, Elke Blum, Jana Flor

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