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Trockenstellen: Jede Kuh einzeln ins Visier nehmen

Lesezeit: 4 Minuten

Selektives Trockenstellen liegt im Trend. Doch wie funktioniert es genau? Wann kann man auf Antibiotika verzichten – und wann nicht? Das zeigt Dr. Wilfried Wolter, Tierarzt aus Hessen.


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Die Diskussion um den Einsatz von Antibiotika ist in der Milchproduktion angekommen. Im Fokus steht vor allem der pauschale Einsatz von antibiotischen Trockenstellern.


Damit der Gesetzgeber diese nicht komplett verbietet, sind Milcherzeuger zwingend aufgefordert, ihre Kühe selek-tiv trockenzustellen. Nur so bleibt ihnen die Therapiemöglichkeit von Euter­entzündungen in der Trockenstehzeit erhalten. Selektives Trockenstellen meint die gezielte Auswahl von euterkranken Kühen gegen Ende der Laktation, für die eine ­antibiotische Langzeittherapie (antibiotisches Trockenstellen) mit nachvollziehbaren Argumenten sinnvoll ist.


Gleichzeitig ist die Auswahl eutergesunder Kühe gemeint, die keinen antibiotischen Trockensteller benötigen. Sie müssen also für jede einzelne Kuh am Ende der Laktation entscheiden, ob sie einen Trockensteller benötigt.


Wie geht das?

Das selektive Trockenstellen ist geeignet für Herden mit guter Eutergesundheit und gutem Haltungs-, Fütterungs- und Herdenmanagement. Zudem sollte die Herde frei von Galt- und G-Streptokokken-Infektionen sein und weniger als 5 % Staphylococcus aureus-positive Tiere haben.


Für das selektive Trockenstellen benötigen Sie die Ergebnisse der letz­­-ten Milchleistungsprüfung (MLP) vor dem Trockenstellen, das Ergebnis des Schalmtests und gegebenenfalls eine Viertelgemelksdiagnostik. Einen Leit­faden zum selektiven Trockenstellen mit den einzelnen Arbeitsschritten finden Sie auf der nächsten Doppelseite.


Die Antibiotikaleitlinien fordern: „Die Notwendigkeit für den Einsatz eines Antibiotikums ist durch geeignete nachvollziehbare diagnostische Maßnahmen zu belegen.“ Mit einem korrekt durchgeführten Schalmtest erfüllen Sie diese Anforderung. Der Schalmtest vor dem letzten Melken ist günstig, schnell, einfach und ein Viertelvergleich ist möglich. Alle Viertel sollten gleichmäßig denselben Zellgehalt aufweisen. Bei altmelkenden Kühen kann bei einer reduzierten Milchmenge auch ein leicht erhöhter Zellgehalt normal sein.


Kühe sind eutergesund, wenn sie keine deutlichen Vierteldifferenzen und keine extremen Reaktionen zeigen. Diese Tiere benötigen keinen antibiotischen Trockensteller, da mit hoher Wahrscheinlichkeit keine bakterielle Euterinfektion vorliegt.


Verdächtig dagegen ist, wenn einzelne Viertel deutlich mehr Zellen haben als andere oder im Schalmtest ­Reaktionen oder gar Flocken sichtbar werden. Kühe mit auffälligen Viertel­-differenzen haben mit hoher Wahrscheinlichkeit eine bakterielle Infektion mit einem therapiewürdigen Mastitiserreger. Sie sollten diese Tiere antibiotisch trockenstellen.


Die routinemäßige zytobakteriologische Untersuchung von Viertelgemelksproben vor dem Trockenstellen ist ­zeitaufwendig, teuer und die Ergeb­nisinterpretation ist erschwert. Sehr häufig findet man nicht therapiewürdige Keime wie KNS oder Corynebacterium spp. und behandelt diese unnötig.


Unverzichtbar ist die zytobakterio­logische Untersuchung allerdings bei Kühen mit erhöhten Zellgehalten (über 200 000 Zellen/ml). In einer eutergesunden Herde mit maximal 150 000 Zellen/ml in der Herdensammelmilch beträgt der Anteil an Kühen mit Zellzahlen über 200 000 Zellen/ml 8 bis 12 %. Das heißt, jährlich wird etwa ein Zehntel der Herde auf subklinische Mastitis-erreger untersucht. Bei gleichzeitiger routinemäßiger bakteriologischer Untersuchung der klinischen Mastitisfälle ergibt sich in der Kombination der Ergebnisse ein sehr guter und günstiger Überblick über das Erregerspektrum in der Herde.


Untersuchungen zeigen, dass im Durchschnitt etwa 5 % der Euterviertel eine Infektion mit S. uberis aufweisen. Meist sind nur ein oder seltener zwei Viertel einer Kuh infiziert. Das bedeutet, dass etwa 15 bis 20 % der Kühe zum Trockenstellen ein S. uberis infiziertes Viertel aufweisen. Hier macht es Sinn, die Trockenstehperiode zu nutzen, um diese Kühe mit einem geeigneten Langzeitantibiotikum in Form eines Trockenstellpräparates zu heilen.


Wann nicht verzichten?

Auch in anderen Fällen lässt sich auf keinen Fall auf den Einsatz antibiotischer Trockensteller verzichten. Der generelle Einsatz ist notwendig bei:


  • Herden, die eine Galt (Streptococ-cus agalactiae)- oder G-Streptokokken (Streptococcus canis)-Sanierung durchführen.
  • Herden, die eine Staphylococcus aureus-Sanierung durchführen, mindestens solange die Viertelinfektionsrate größer als 5 % ist.
  • Herden mit gehäuftem Auftreten von klinischen Streptococcus uberis-Mastitiden, das heißt mehr als eine klinische Uberis-Mastitis pro 50 Kühe und Monat in der Laktation.


Großes Einsparpotenzial:

Seit über zehn Jahren gibt es nicht-antibiotische, interne Zitzenversiegler (Kasten oben „Versiegler schützen vor Infektionen“).


Diese schützen vor Neuinfektionen über die gesamte Trockenstehzeit. Zusammen mit dem selektiven Trockenstellen lassen sich dadurch erhebliche Mengen Antibiotika einsparen, das ­Risiko von Resistenzen senken und Kosten sparen.


In Deutschland haben im Jahr 2013 insgesamt 2,3 Mio. Kühe 9,214 Mio. Trockensteller bekommen. Zum Trockenstellen standen 2,6 Mio. der insgesamt 4,2 Mio. Kühe an.


Das heißt, fast 90 % der Kühe werden unter antibiotischem Schutz prophylaktisch trockengestellt. Durch selektives Trockenstellen nur der infizierten Tiere mit einem antibiotischen Trockensteller lassen sich erhebliche Mengen an Wirkstoffen einsparen und der Selek­tionsdruck verringern.

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