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US-Farmer kämpfen gegen Dürreschäden

Lesezeit: 7 Minuten

Die Milchfarmer in den USA leiden unter den Folgen einer verheerenden Dürre. Futter ist knapp und teuer. Wie bringen die Farmer ihre Kühe durch? top agrar war vor Ort.


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Silomais-Ernte auf dem Betrieb Larson Acres: Ein voll beladener Truck nach dem anderen jagt über die Siloplatte und kippt den gehäckselten Mais ab. Drei riesige John Deere-Schlepper mit Zwillingsbereifung verteilen und fahren fest. „Rund 560 ha Silomais mussten wir zukaufen. Sonst hätten wir die Siloplatte nicht voll und unsere 2 900 Kühe nicht satt bekommen“, sagt Sandy Larson, die den Betrieb in Evansville zusammen mit ihrer Familie führt.


Kaum besser ist die Situation bei Jim Rickland aus dem Ort Eldorado: Der Milchfarmer hat bereits für umgerechnet rund 70 000 € Feucht- und Silomais für seine 860 Kühe zugekauft. „Das musste ich noch nie. Aber dieses Jahr haben wir einfach zu wenig Futter von unseren 700 ha Fläche geholt.“


So krass sich die Beispiele aus Wisconsin zunächst anhören: Sie sind bei weitem nicht das Schlimmste, was die Milchfarmer in den USA dieses Jahr erlebt haben.


Dramatische Dürre:

Denn während die Maisernte in dem Milch-Staat im Norden der USA im Schnitt „nur“ um rund 20 bis 30 % geringer ausfällt, mussten die Farmer in den südlicheren Bundesstaaten Einbußen von zum Teil über 80 % hinnehmen – oder sogar Totalausfälle. Zudem hat sich in vielen Maisbeständen gar kein Kolben gebildet. Lediglich die Heu- und Luzerneernte entspricht dem Schnitt der letzten Jahre. Insgesamt fällt die Grundfuttermenge und -qualität in diesem Jahr somit sehr bescheiden aus.


Grund hierfür ist die seit Monaten anhaltende Trockenheit. Über 80 % der landwirtschaftlichen Nutzfläche in den USA ist von den fehlenden Niederschlägen betroffen. Nach Einschätzung des amerikanischen Landwirtschaftsministeriums ist es damit die schlimmste Trockenheit seit den 1950er-Jahren. Daran ändern auch die jüngsten Wirbelstürme nichts.


Besonders fatal ist, dass die Dürre im Mittleren Westen der USA am stärksten ausgeprägt ist (Karte rechts). „Genau dort befinden sich die wichtigen Anbaugebiete für Mais und Soja, zwei wichtige Futtermittel für die Milchproduktion“, sagt Prof. Dr. Randy Shaver, Berater und Dozent an der Universität in Madison.


Futterkosten explodiert:

Die Erträge von Mais und Soja sind deshalb drastisch gesunken. Das hat sich direkt im Preis niedergeschlagen. So ist in den letzten Monaten der Maispreis auf umgerechnet 250 €/t in die Höhe geschnellt, der Sojapreis hat sich auf ca. 500 €/t verdoppelt.


Das bekommen die Milchfarmer bitter zu spüren. „Jahrelang haben die Futterkosten etwa 40 % vom Milchpreis ausgemacht, jetzt sind es bereits über 60 %!“, sagt Lloyd Holtermann aus Watertown, wo er mit zwei Partnern einen Betrieb mit 900 Kühen führt.


Die Wirtschaftlichkeit der Milchproduktion ist somit stark gesunken. Das untermauert auch der so genannte milk-feed-price-ratio (MFR). Das US-Agrarministerium berechnet dabei das Verhältnis von Milchpreis zu Futterpreis, das heißt, wie viel Futter (standardisiert auf 16 % Rohprotein) kann von dem Erlös von 1 kg Milch gekauft werden. Im Juli dieses Jahres rutschte der MFR mit 1,3 auf den niedrigsten Wert seit der Einführung im Jahr 1985 (Übers. 1, Seite R 8).


Zwar ist der MFR zuletzt wieder leicht gestiegen. Dennoch verzichten viele Farmer weiter auf teure Zukaufsfuttermittel und nehmen eine geringere Milchleistung in Kauf. Andere mussten bereits die Notbremse ziehen und ihre Herden abstocken. Allein im Juli dieses Jahres wurden mit 239 000 Tieren 15,4 % mehr Kühe geschlachtet als im Juli 2011. Insgesamt kamen bis Juli dieses Jahres bereits 5,8 % mehr Kühe an den Haken als im Vorjahreszeitraum. Inzwischen ist sogar der Gesamtbestand der Kühe mit 9,195 Mio. Tieren leicht unter das Vorjahresniveau gerutscht. Zu Jahresbeginn lag er noch 0,9 % darüber.


Die Dürre dürfte auch einige Milcherzeuger zur Betriebsaufgabe zwingen. „Farmer, die bereits vorher Liquiditätsprobleme hatten, bekommen kein neues Geld für den Futterzukauf von der Bank und müssen aufgeben. Zudem werden andere den Ausstieg aus der Milchproduktion vorziehen“, prognostiziert Berater Prof. Dr. Terry Howard.


Milchmenge sinkt.

Trotz aller Widrigkeiten ist es den Milchfarmern lange Zeit gelungen, mehr Milch als in den Vorjahren zu produzieren. Das hat sich jetzt aber geändert: Im September 2012 ist die Milcherzeugung erstmals unter das Vorjahresniveau gesunken (Übersicht 2). Im Schnitt wurde 0,5 % weniger Milch produziert als im September 2011.


Interessant sind jedoch die regionalen Unterschiede: Im milchreichsten Staat Kalifornien (Südwesten der USA) ist die Produktion im Vergleich zum Vorjahr um 3,9 % eingebrochen. Das liegt daran, dass dort viele Betriebe fast ausschließlich auf Zukauffutter setzen. In Wisconsin, dem zweitgrößten Milch-Staat, ist die Milchmenge hingegen um 2,9 % gestiegen.


Der Zuwachs in Wisconsin hat mehrere Gründe. Die Milchprofis sind sehr flexibel und erfinderisch, was das Schließen von Futterlücken angeht. So kaufen sie Silomais aus bis zu 600 km Entfernung zu, der teilweise sogar per Schiff transportiert wird. Der Preis hängt stark von der Qualität (Kolbenanteil) ab. Nach Auskunft der Farmer liegt er umgerechnet zwischen 20 und 40 €/t.


Zudem kommt jetzt alles in die Ration, was irgendwie verfügbar ist und sich einbauen lässt. So werden Kartoffeln, Melasse, Rübenschnitzel, Molke oder als Proteinkomponenten Biertreber, Trockenschlempe, Baumwollsaat und Rapspro-dukte eingesetzt. Selbst Maisstroh, das bei der Ernte von Körnermais übrig bleibt, wird eingefahren, behandelt und an das Jungvieh oder die Trockensteher verfüttert. Im Gegensatz zu Deutschland gibt es in den USA keine strikten Vorschriften für den Einsatz von Nebenprodukten.


Neu ist das „Unterverpachten“ von Flächen, um durch Zwischenfrüchte die Flächenproduktivität zu erhöhen. „Acker-baubetriebe, die das Getreide vom Feld haben, verpachten ihre Flächen für drei Monate an Milcherzeuger. Diese können dann Früchte wie Sorghum anbauen und so zusätzliches Futter gewinnen“, erklärt Berater Zen Miller.


In die Karten spielt den Milchfarmern in Wisconsin, dass sie die Wetterextreme mit sehr kalten Wintern und heißen Sommern gewohnt sind.


Darauf haben sie die Kuhställe bereits abgestimmt. So sind fast alle Ställe isoliert, um einen Hitzeeintrag im Sommer zu vermindern. Ställe und Vorwartehöfe sind mit Ventilatoren und Wassersprenklern bzw. Kuhduschen ausgestattet, um den Kühen zusätzliche Abkühlung an heißen Tagen zu verschaffen.


Zudem setzen die Bauherren in den letzten Jahren speziell für große Herden vermehrt auf Ställe mit der so genannten Cross-Ventilation (Übersicht 3). Die Zwangsbelüftung senkt die Stalltemperatur an heißen Tagen deutlich.


Ein weiterer Trumpf der Milchprofis in Wisconsin ist die günstige Bauweise. Das zeigt sich vor allem bei der Melktechnik.


Im Gegensatz zu Deutschland werden die Melkstände nicht so groß, sondern so klein wie möglich gebaut. „Wir planen so, dass der Melkstand 22 Stunden am Tag in Betrieb ist. Das senkt die Kosten bei der Gebäudehülle und der Melktechnik“, sagt Berater Zen Miller. So ist es durchaus gängige Praxis, in einem Doppel-Achter-Melkstand rund 1 000 Kühe zu melken. Ein Melkkarussell rechnet sich nach Empfehlung der Berater erst ab 3 000 Kühen.


Aufgehen tut die Rechnung allerdings nur, weil meistens immer noch (illegal eingewanderte) Mexikaner das Melken übernehmen. Ihr Stundenlohn liegt anfangs bei umgerechnet etwa 7 € und steigert sich auf maximal 10 €.


Erfreulich aus Sicht der US-Milchbranche ist, dass die Milchpreise derzeit anziehen. Nach dem Tiefstand im Frühjahr mit umgerechnet etwa 26 Cent/kg Class III-Milch (3,5 % Fett), liegt der Milchpreis aktuell bei rund 32 Cent.


Was kommt 2013?

Marktexperte Prof. Dr. Bob Cropp von der Universität in Madison hält es für möglich, dass der Milchpreis sogar noch bis auf 35 Cent ansteigt. Allerdings geht er davon aus, dass er dann wieder sinkt und sich im ersten Quartal 2013 bei etwa 31 Cent einpendelt.


Wie sich die Milchmenge im kommenden Jahr entwickeln wird, ist derzeit nur schwer abzuschätzen. Entscheidend wird sein, auf welchem Niveau sich die Futterkosten einpendeln werden.


Ersten Prognosen zufolge fällt die in einigen Staaten noch laufende Ernte etwas höher aus als zunächst erwartet. Das US-Landwirtschaftsministerium geht deshalb davon aus, dass die 90,7 Mio. t Milch aus 2012 im kommenden Jahr noch übertroffen werden. Prof. Dr. Bob Cropp hingegen ist etwas pessimistischer. Er rechnet damit, dass auch 2013 einige Farmer ihre Herden aufgrund der hohen Futterkosten abstocken werden und die Milchleistung pro Kuh etwas geringer ausfallen wird. P. Liste

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