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Weidegang: Trotz niedriger Milchpreise auf dem Rückzug

Lesezeit: 9 Minuten

Weidegras ist ein sehr kostengünstiges Futtermittel. Trotzdem setzen Betriebe in den Grünlandgebieten zunehmend auf Sommerstallfütterung. Die Hauptgründe dafür sind: Hochleistungskühe benötigen eine konstante und hochwertige Ration. Das gelingt leichter bei Silagefütterung. Der Umfang des Maisanbaus steigt auch in den traditionellen Grünlandregionen. Bei wachsenden Betrieben reichen die hofnahen Weiden oft nicht mehr aus. Das Management von großen Herden ist bei Stallhaltung einfacher. Durch die geplante Düngeverordnung ist ein weiterer Rückgang des Weidegangs zu erwarten. Auch Eide Lübs aus Padingbüttel in der Nähe der Nordsee, hat den Weidegang reduziert. Die entscheidenden Gründe waren für ihn das einfachere Futtermanagement und die steigenden Maisanteile in der Ration. Nun kommen seine 135 Kühe nur noch maximal sieben Stunden täglich auf die Weide. Eigentlich gefällt ihm die Weidewirtschaft auf seinen 50 ha hofnahen Marschweiden nach wie vor. So lange es geht, kommen die Kühe auf die Weide, meint er. Trotzdem werden seit etwa zwei Jahren die Kühe nicht mehr Tag und Nacht geweidet. Er will die hohe Leistung seiner Kühe (aktuell: gleitender Durchschnitt 10 123 l je Kuh und Jahr) besser ausfüttern. Früher hatten die Kühe Vollweide. Dann wurde während der Melkzeiten Maissilage zugefüttert. Aktuell sieht die Ration bei beschränktem Weidegang bezogen auf die Trockenmasse folgendermaßen aus: Etwa 5,4 kg Weidegras, 5,3 kg Maissilage, 3,8 kg Grassilage, 1,3 kg Biertreber, 1,8 kg eines Milchleistungsfutters der Energiestufe 3 mit 35 % Rohprotein sowie 0,2 kg Mineralfutter. Dazu kommt am Transponder je nach Leistung ein Milchleistungsfutter mit 20 % Rohprotein und 7,0 MJ NEL/kg Frischmasse. Früher konnten Kühe mit hohen Leistungen nicht ihre gesamte Kraftfuttermenge abrufen. Die Zeit, in der die Kühe Zugang zum Transponder hatten, war zu kurz. Eine Straße trennt Stall und Weiden. Seit die Weidezeit reduziert wurde, ist die Leistung um etwa 500 kg je Kuh und Jahr gestiegen. Fütterung im Stall einfacher Wie schwierig die Vollweide für Hochleistungskühe ist, verdeutlicht Hans Witbaard, Berater beim Beratungsring Wesermarsch. Für ein hochwertiges Futter und einen hohen Futterverzehr muss das Weidegras an jedem Tag etwa eine Hand hoch (ca. 17 cm) sein. Das entspricht bei einer guten Grasnarbe und einem dichten Grasbestand einem Aufwuchs von 17 dt Trockenmasse je ha. Diese Grashöhe ist ideal, damit die Kuh mit vollem Maul grasen kann. Ist weniger Gras vorhanden, sinkt die Futteraufnahme, weil die Kuh mehr laufen muss. Ist das Gras höher, muss entweder ein großer Weiderest in Kauf genommen werden oder die Milchmenge bricht ein, weil die Kühe zu lange auf der überständigen Fläche grasen. Es ist aber kaum möglich, Kühen jeden Tag eine Weide mit 17 cm hohem Gras anzubieten, weil Witterung und damit Aufwuchs stark schwanken. Unterschiede in der Futterqualität führen bei Hochleistungskühen aber sehr schnell zu Einbrüchen bei Milchleistung und Inhaltsstoffen. Diese Erfahrung hat die Roes-Lührs GbR in Beverstedt vor drei Jahren gemacht. Die Inhaltstoffe, vor allem der Fettgehalt, sind damals im Sommer massiv eingebrochen. Im folgenden Jahr haben wir den Weidegang auf nur noch vier bis fünf Stunden reduziert, berichtet Bernd Lührs. Dafür wurde mehr Silage im Stall zugefüttert. So gelingt es im Sommer einfach besser, auch Spitzentiere auszufüttern. Der gleitende Durchschnitt der gut 70 Kühe liegt bei 10 149 l Milch/Kuh und Jahr. Jetzt wirken sich die Schwankungen im Aufwuchs nicht mehr so stark auf die Leistung aus. Und wenn im Sommer bei Trockenheit auf den Geestböden das Gras nicht wächst, wird eben kurzerhand komplett im Stall gefüttert. Die 6,5 ha Weiden grenzen direkt an den Stall, deswegen können die Kühe, auch während sie Weidegang erhalten, jederzeit in den Stall. Durch die bessere Ausfütterung konnte parallel zur Einschränkung des Weidegangs von Herbstabkalbung zu Ganzjahresabkalbung umgestellt werden. So kann der Kuhstall besser mit melkenden Kühen belegt und mehr Quote je Stallplatz ermolken werden. Die Trockensteher sind in einem Extra-Stall mit Bewegungsauslauf und Silagefütterung untergebracht. Es wurden 15 Boxen zusätzlich für melkende Kühe errichtet und die Milchleistung gesteigert. Auf diese Weise wurde innerhalb von zehn Jahren ohne große Investitionen die Quote verdoppelt. Trotz des reduzierten Weidegangs wird weiter darauf geachtet, dass die Kühe dort optimale Bedingungen haben. Auf der Weide wurden mehrere Tränkeplätze eingerichtet, damit die Kühe in keiner Ecke der Weide einen weiten Weg zum Wasser haben. Bäume geben Schatten bei Hitze. Wenn es ganz heiß wird, bleiben die Kühe tagsüber im Stall und erhalten nachts Auslauf. Damit die Tiere nach dem Abkalben weiden, müssen sie schon als Jungrinder das Grasen lernen. Auf der Roes-Lührs GbR wurden im letzten Jahr einige Rinder nicht auf die Weide geschickt: Diese Tiere nutzen die Weide jetzt als Kühe zwar als Auslauf, grasen aber nicht und gehen zum Fressen an den Futtertisch in den Stall. Aber sie geben gut Milch, erklärt Bernd Lührs. Silagequalitäten im Trog müssen stimmen Der Wechsel zur Zufütterung von Silage im Stall ist nicht ganz unproblematisch. Das größte Problem bei der Sommerfütterung im Stall ist ein Rückgang der Futteraufnahme bei Hitze. Als Gegenmaßnahme sollte auf optimalen Kuhkomfort, ein hervorragendes Futtertischmanagement und vor allem auf ein schmackhaftes, ständig frisches Futter Wert gelegt werden. Thomas Stürtz, Milchviehhalter aus Dorum, achtet deshalb darauf, dass der Trog jeden Tag sauber gemacht wird. Bei Hitze füttert er abends, damit das Futter lange frisch bleibt. Teilweise gibt er auch Propionsäure dazu. Wichtig ist ihm, dass die Säure homogen untergemischt wird. Dazu füllt er eine Gießkanne mit zwei Liter Propionsäure und 13 Liter Wasser und lässt die Verdünnung beim Mischen in den Mischwagen (12 m3) laufen. Die Empfehlung für den Einsatz von Propionsäure liegt zwar bei mindestens 5 l/t Silage. Er hat aber auch bei der geringeren Dosierung gute Erfahrungen gemacht. Einen anderen Weg geht Claus-Friedrich Hinrichsen aus Frelsdorf bei Beverstedt. Er hat den Weidegang für seine 100 Hochleistungskühe auf maximal fünf Stunden begrenzt. Für den Sommer lässt er sich vom Lohnunternehmer eine Vorrats- TMR aus Mais- und Grassilage erstellen, in die je Kuh und Tag 1,5 kg von einer Raps-Soja-Mischung eingemischt wird. Das restliche Kraftfutter wird am Transponder verabreicht. Durch die Vorrats-TMR hat er einen guten Vorschub. Das verringert die Gefahr von Nacherwärmungen erheblich. Außerdem kann er so mit einer kostengünstigen Futtertechnik, die aus einem Frontlader mit Reißschaufel und Siloverteilgerät besteht, zügig füttern. Betriebswachstum kontra Weidegang Bei wachsenden Herdengrößen reichen die hofnahen Weiden oft nicht aus. Zudem werden die Wege zu den Weideflächen länger. Steffen Habben vom Beratungsring Wesermarsch rechnet vor: Bei optimaler Weidehöhe benötigt eine Kuh 100 m2 am Tag, wenn sie nicht mit anderem Grundfutter zugefüttert wird. 100 Kühe benötigen also jeden Tag eine Fläche von einem Hektar. Selbst im Mai und Juni, wo das Gras am besten wächst, braucht es etwa 21 Tage, bis es nachgewachsen ist. Bei Vollweide von 100 Kühen sind also 21 Hektar in unmittelbarer Nähe des Hofes erforderlich. Die benötigte Fläche steigt im August auf etwa 29 Hektar an. Auf dem Betrieb Stürtz in Dorum reichen beispielsweise die 17 ha intensive Standweide direkt am Stall nicht mehr aus, um die 130 Kühe bei Tag und Nacht zu weiden. Ein Umtreiben der Herde auf Weideflächen, die auf der anderen Straßenseite oder weiter weg liegen, ist wegen der Arbeitsbelastung indiskutabel. Thomas Stürtz hat außerdem festgestellt, dass bei weiten Treibwegen eher mehr Klauenprobleme auftreten. Das Futtermanagement ist auch deutlich einfacher, seitdem er den Weidegang auf bis zu acht Stunden am Tag begrenzt hat. Wenn der Grasaufwuchs unbefriedigend ist, füttert er mehr am Trog zu. Sind die Weiden zu nass, bleiben die Kühe im Stall, damit Klauenproblemen und Narbenschäden vorgebeugt wird. Auslauf statt Vollweide Ganz auf den Weidegang wollen die Betriebe trotz aller Nachteile aber nicht verzichten. Mehr Kuhkomfort als auf der Weide gibt es nicht, stellt Claus-Friedrich Hinrichsen fest. Ihm gefällt es auch, dass er, wenn die Kühe draußen sind, in Ruhe Stallarbeiten wie Boxenpflege und Füttern erledigen kann. Wenn die Kühe dann zum Melken kommen, sind Tiere und Euter in der Regel sehr sauber. Zudem sei das Allgemeinbefinden der Kühe bei Weidegang besser. Ein weiterer Aspekt, der die Weide vor allem in der aktuellen Situation wieder in die Diskussion bringt, sind natürlich die geringen Kosten pro Nährstoffeinheit bei Weidefütterung. In einer Auswertung der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen für das Wirtschaftsjahr 2002/03 zeigte sich, dass die Vollkosten der Grassilage mit 29,64 ct je 10 MJ NEL mehr als doppelt so hoch liegen wie die bei Weide mit 13,23 ct/10 MJ NEL. Bei Maissilage lagen die Kosten bei 16,61 ct je 10 MJ NEL. Es wäre aber vorschnell, daraus den Schluss abzuleiten, für jeden Betrieb sei die Vollweide die richtige Strategie. Die deutlich höheren Kosten bei der Grassilagebereitung resultieren vor allem aus den Lohn- und Maschinenkosten. In Deutschland muss ein Teil des Futters ohnehin als Silage geerntet werden. Das bedeutet, dass auf vielen Betrieben der Fuhrpark für die Futterbergung auf dem Hof vorhanden ist unabhängig davon, wie viel in den Sommermonaten geweidet wird. Für die Silagebereitung wurde bei den Betrieben in Nordrhein-Westfalen mehr Stunden je ha benötigt als beim Weiden. Das kann sich aber schnell ändern, wenn die Weide weiter vom Stall entfernt ist. Deswegen ist der Umfang, wie viel Weide ökonomisch sinnvoll ist, für jeden Betrieb unterschiedlich. Claus Schnakenberg vom Beratungsring Beverstedt berichtet, dass er bei den meisten Betrieben beobachtet hat, dass die Reduzierung des Weidegangs einherging mit einer Steigerung der Wirtschaftlichkeit. Das bedeutet, dass auch in Betrieben mit hofnahen Weiden der begrenzte Weidegang am wirtschaftlichsten ist. Das gilt zumindest dann, wenn Maissilage zugefüttert wird. Dadurch kann auf der einen Seite das günstige Weidegras genutzt werden. Auf der anderen Seite sind Hochleistungen und größere Herden gut zu managen. Durch die höheren Leistungen verteilen sich die höheren Kosten für Grassilage auf mehr kg Milch. Außerdem wird mehr Quote pro Stallplatz und pro AK ermolken. Wenn aber beispielsweise die Kosten für Silagebergung weiter steigen, muss neu gerechnet werden, ob nicht ein höherer Anteil an Weidegang wirtschaftlich ist. A. E. Ballheimer

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